Die plötzliche Abberufung von Thomas Gasser als IKB- und TIWAG-Vorstand Anfang dieser Woche hat das Potenzial, in künftige Lehrbücher aufgenommen zu werden, und zwar als Negativbeispiel für Krisenkommunikation. In den Aussendungen war von „schwerwiegenden Pflichtverletzungen und Verfehlungen des Vorstandsmitglieds“ die Rede, generell wirkten die Schreiben sehr geheimnisvoll. Und so kam, was kommen musste: Viele spekulierten darüber, was dieser Thomas Gasser, den 99 Prozent der EmpfängerInnen vor der Meldung vermutlich nicht einmal kannten oder zuordnen konnten, wohl verbrochen hatte. Der Tenor lautete aufgrund der Wortwahl einhellig, es müsse etwas ganz Schlimmes gewesen sein.
So reichten die Spekulationen vom guten alten MeToo-Fall bis hin zur Kinderpornografie.
Und dabei ist der Grund der fristlosen Entlassung eigentlich ein langweiliger, von mir aus ein banaler. Gasser habe Privates mit Beruflichem vermischt. Das stimmt insofern, als Gasser seit Jahren gerne Events besucht und es dabei sicher Einladungen gab, die man in seiner Position nicht annehmen soll oder darf. Das ist aber nicht der Grund für den plötzlichen Rausschmiss, sondern nur ein guter Nährboden für das argumentative Umfeld – nach dem Motto, es handle sich bei Gasser ja um kein unbeschriebenes Blatt.
Letztendlich gefallen ist der Bruno-Wallnöfer-Nachfolger anscheinend über etwas, was man irgendwo zwischen Größenwahn, Sorglosigkeit und Fehleinschätzung einordnen kann. Angeblich nützte er das Kraftwerk in Mühlau für ein privates Fotoshooting. Brisant ist das, weil man das gute Teil, das fast ganz Innsbruck mit feinstem Trinkwasser versorgt, überhaupt nur unter strengsten Hygiene- und Sicherheitsvorkehrungen betreten darf und natürlich schon gar nicht für private Zwecke. Man munkelt zudem, dass der Doppelvorstand auch auf andere IKB-Leistungen für private Zwecke zugegriffen habe. Die genauen Details der Verfehlungen werden wohl im anstehenden Arbeitsprozess ans Licht kommen. Denn Gasser zeigt null Einsicht und wehrt sich recht vehement gegen seine fristlose Abberufung. Auf dem Spiel stehen ein Vertrag bis Ende 2027 und rund 1 Million Euro.
Was bleibt? Eine katastrophale Öffentlichkeitsarbeit zweier im Volkseigentum befindlicher Unternehmen. Geheimnisse, die nicht lange im Verborgenen geblieben sind und natürlich wahnsinnig viele Spekulationen und Fantastereien ausgelöst haben, die man mit mehr Klarheit und Mut erst gar nicht aufkommen hätte lassen dürfen. Und das Buch „Selbstbedienungsladen öffentliche Hand“ könnte um ein Kapitel reicher werden. Nicht nur, weil das alles den Anschein erweckt, dass Thomas Gasser mit über 400.000 Euro Jahresbrutto immer noch nicht genug hatte, sondern vor allem deswegen, weil ich daran erinnert wurde, dass der Dreiervorstand der TIWAG insgesamt 1,3 Millionen Euro pro Jahr kostet – sehr viel Geld, das wir alle mit unserer Stromrechnung bezahlen.
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