In Mecklenburg-Vorpommern deutet sich ein Jahr vor der Landtagswahl ein politisches Erdbeben an. Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts Infratest dimap im Auftrag des NDR liegt die AfD mit 38 Prozent weit vor der regierenden SPD von Ministerpräsidentin Manuel Schwesig mit 19 Prozent. Die mitregierende Linke erreicht zwölf Prozent und landet knapp hinter der oppositionellen CDU mit 13 Prozent. Die Grünen müssten der Umfrage zufolge mit fünf Prozent um den Wiedereinzug in den Schweriner Landtag bangen. Die FDP wird nicht gesondert ausgewiesen und würde aus dem Landesparlament ausscheiden. Das Bündnis Sahra Wagenknecht wird bei sieben Prozent gesehen.
Aufgrund der neuen Zahlen ist für Nikolaus Kramer, Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag, klar: „Die SPD hat fertig. Seit Wochen kommt sie nicht mehr aus den Negativ-Schlagzeilen heraus, politische Schwergewichte gehen ihr von der Stange, die Polizei stellt sich gegen ihren obersten Dienstherren und eine unsolide Haushaltsführung verschuldet das Land und die junge Generation auf Jahrzehnte. Die SPD wird für 27 Jahre Parteienfilz zurecht abgestraft. Manuela Schwesig ist reif für die Oppositionsbank.“
Schwesig: „Nicht auf Hass und Hetze setzen“
Dem widerspricht die Ministerpräsidentin und Landesvorsitzende der SPD energisch. „Die AfD gefährdet die Stabilität. Die Mehrheit der Menschen will, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern auf Gemeinsamkeit und nicht auf Hass und Hetze setzen. Dafür trete ich an“, betont Schwesig in einer ersten Reaktion gegenüber dem Nordkurier.
Schwesig räumt ein, „dass die Zahlen die große Unzufriedenheit in der Bevölkerung widerspiegeln, die wir im Osten auch schon bei der Bundestagswahl hatten“. Die SPD nehme diese Zahlen sehr ernst. Die Sozialdemokratie würde hart für Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze, für gute Kitas und Schulen, für stabile Renten und die Förderung des Ehrenamts arbeiten. Deshalb sei sie zuversichtlich für die Landtagswahl in einem Jahr, sagte die Regierungschefin. „Denn dann geht es um die Zukunft des Landes Mecklenburg-Vorpommern und nicht um Bundespolitik.“
Linke: „Alltagssorgen der Menschen lösen“
Hennis Herbst, Landesvorsitzender der Linken und Koalitionspartner der SPD in der Landesregierung, nannte die aktuelle Umfrage eine „gute Ausgangslage für die Landtagswahl 2026“. Es gehe der Linken aber nicht nur um Zahlen, sondern um direkte Rückmeldungen der Menschen im Land. „Deshalb haben wir am vergangenen Wochenende unsere Haustürbefragung ,Die Linke läutet‘ gestartet, um unmittelbar von den Menschen zu erfahren, welche Erwartungshaltung sie an die Politik richten. Die ersten Gespräche zeigen deutlich, dass die Alltagssorgen der Menschen angegangen werden müssen. Steigende Mieten, teure Lebensmittel, Heizungskosten, geringe Löhne und knappe Renten beschäftigen die Menschen“, so Herbst.
Die Bundespolitik habe den größten Einfluss auf die Sorgen der Menschen, aber Schwarz-Rot verliere sich lieber in Kürzungsdebatten beim Sozialstaat, Aufrüstung und Streit bei Richterwahlen statt den Alltag der Menschen zu verbessern. Das erschreckende Umfrageergebnis der AfD sei nach Einschätzung des Linken-Chefs ein Beleg dafür.
Herbst weiter: „Wo demokratische Parteien es nicht schaffen, Alltagssorgen zu lösen und so Vertrauen zurückzugewinnen, profitieren die Faschisten der AfD von der wachsenden Unzufriedenheit. Es muss unsere Aufgabe sein, der AfD die materielle Grundlage zu entziehen, auf der sie ihren Hass schürt.“ Als Linke werde man deshalb Themen wie ein bezahlbares Leben, Chancengerechtigkeit in der Bildung und eine gute Gesundheitsversorgung in den Fokus der Debatte rücken.
FDP: „AfD ist kein Schreckensbild mehr“
Fast ganz aus dem Fokus der Wähler ist derzeit die FDP geraten – die Liberalen rangieren nur noch in der Rubrik „Sonstige“. „Es wird für uns ein langer und beschwerlicher Weg, um wieder Vertrauen zurückzugewinnen. Das Ampel-Aus vor knapp einem Jahr hat der Wähler offenbar eindeutig uns zugewiesen“, sagte FDP-Landeschef René Domke.
Fakt sei aber auch, dass die Durchhalteparolen der SPD nicht mehr fruchteten und die AfD beim Wähler keine Schreckensbilder mehr hervorriefen. Die Wähler hätten die Scheu davor abgelegt, die AfD zu wählen. Domke weiter: „Die Menschen draußen im Land sind mit den etablierten Parteien einfach komplett unzufrieden. Das muss endlich begriffen werden.“
CDU: „Zahlen sind enttäuschend“
Zu den Verlierern der Umfrage zählt zweifellos auch die CDU. „Die Zahlen sind absolut enttäuschend. Ich sehe die Ursache vor allem in der schwierigen Außenwirkung der Bundesregierung – nach den Ampeljahren hatten die Menschen große Hoffnungen in CDU und CSU gesetzt und sich auf eine schnelle wirtschaftliche Erholung und gesellschaftlichen Frieden gefreut. Diese Hoffnungen haben sich noch nicht erfüllt. Das muss sich dringend ändern“, erklärte CDU-Generalsekretärin Katy Hoffmeister.
Die Umfragewerte hätten auch mit der starken gesellschaftlichen Polarisierung zu tun, die vor allem in Mecklenburg-Vorpommern ein Problem sei. Hoffmeister wörtlich: „Wenig verwunderlich profitieren davon die politischen Ränder, also Linke und AfD. Anspruch der Volkspartei CDU ist es, die Gesellschaft zusammenzuhalten.“