Wer schon einmal nach Skandinavien gereist ist, der würde das Lebensgefühl am liebsten mit nach Hause nehmen. „Hygge“ heißt diese besondere Achtsamkeit auf Wohlbefinden, diese Lebenshaltung des Sich-gut-gehen-Lassens, die in Dänemark aber in etymologischen Abwandlungen auch in Schweden und Norwegen bekannt ist. Auch in München ist der Hype um „Scandic Living“ und Zimtlastiges bereits angekommen. Ein Überblick über Orte, an denen man sich in München wie in Skandinavien fühlen kann.

Von Köttbullar bis zur ZimtschneckeEin gewisser Ikea-Vibe lässt sich nicht abstreiten: In Wohnzimmeratmosphäre gibt es  im „Fika“ süßes Gebäck, belegte Brote und Mittagsgerichte wie in so manchem Restaurant in Schweden.Ein gewisser Ikea-Vibe lässt sich nicht abstreiten: In Wohnzimmeratmosphäre gibt es  im „Fika“ süßes Gebäck, belegte Brote und Mittagsgerichte wie in so manchem Restaurant in Schweden. (Foto: Mark Siaulys Pfeiffer)

Nicht nur für Köttbullar, die Fleischbällchen in Dillrahmsoße mit Kartoffelpüree und Preiselbeeren ist im südlichen München der schwedische Möbelgigant Ikea mit seinen Schweden-Restaurants erste Anlaufstelle. Viele freuen sich schon vor dem Einkauf auf die Belohnung danach: Köttbullar – sehr beliebt sind aber auch die Hotdogs zum selbst belegen mit Gürkchen und Röstzwiebeln. Eine Fahrt zu Ikea gerät so oft zum Familienausflug, ein Mittagessen für relativ geringes Geld inklusive. Von eingeschweißten Köttbullar bis zu Zimtschnecken kann man sich hier mit schwedischen Lebensmitteln auch für zu Hause eindecken. Zur Weihnachtszeit lädt hier sogar ein traditionell schwedischer Julbord – eine Weihnachtstafel ein.

Eine Kaffeepause im skandinavischen Stil findet sich jedoch auch an anderer Stelle für München. Das Café Fika  trägt sie sogar im Namen: „Fika steht für eine Auszeit aus dem Alltag, mal einen Schritt zurücktreten und den Gedanken freien Lauf lassen“, sagt Christina Model, eine der Inhaberinnen. Wie in so manchem Restaurant in Schweden gibt es in Wohnzimmeratmosphäre im Fika Zimtschnecken und Kardamom-Knoten, belegte Brote sowie täglich wechselnde Mittagsgerichte. Beim Essen und Verweilen schweift der Blick über Wohnaccessoires und Dekoartikel: Tässchen aus dänischer Herstellung, Kerzen und Postkarten sowie Secondhand-Möbel.

Das Bageri ist eine Kombination aus Bäckerei und Café, wie es sie in Dänemarkt oft gibt. Hier werden neben Süßem auch Sauerteig-Spezialitäten gebacken.Das Bageri ist eine Kombination aus Bäckerei und Café, wie es sie in Dänemarkt oft gibt. Hier werden neben Süßem auch Sauerteig-Spezialitäten gebacken. (Foto: Marvin K.)

Wer tiefer in die skandinavische Backkultur einsteigen will, kann das bei der Bageri  – schwedisch für Bäckerei – tun. Marie Herrmann erfüllte sich vor zwei Jahren ihren Traum von einem eigenen Bäckereicafé, so wie die, in die sie sich in ihrem Kopenhagen-Urlaub verliebt hatte. „Diese Kombination aus Bäckerei und Café hat mich total umgehauen.“ Nach diesem Vorbild gibt es bei der Bageri nicht nur Kardamom- und Zimtknoten, Kardemummarbullar und Kanelbullar, sondern auch Sauerteig-Spezialitäten. Von einer Sauerteig-Semmel mit Sesam, frischer Butter und Bergkäsescheiben schwärmt Herrmann besonders. „Das ist zwar total simpel, aber immer noch mein absolutes Lieblingsprodukt – und das, was ich am meisten mit Dänemark und Schweden verbinde.“

Seit 13 Jahren werden in der Zimtschneckenfabrik in Giesing von Hand und nach schwedischem Vorbild Zimtschnecken  hergestellt.Seit 13 Jahren werden in der Zimtschneckenfabrik in Giesing von Hand und nach schwedischem Vorbild Zimtschnecken  hergestellt. (Foto: Schelke Bonnetsmueller)

Vorreiter für Zimtschnecken war in München die Zimtschneckenfabrik an der Chiemgaustraße 81. Seit 13 Jahren werden sie in Giesing von Hand und nach schwedischem Vorbild hergestellt. Neben dem klassischen Rezept gibt es dort im Manufaktur-Verkauf und in den eigenen Cafés auch vegane Gebäckstücke, außerdem Toppings wie Pistaziencreme und besondere Sorten mit Blaubeere oder Nuss. Die „Schnecke des Monats“ ist im September die Zwetschgendatschi-Schnecke.

Ikea München-Brunnthal, Taufkirchen, ikea.com;  Fika Ladencafé, Westendstr. 87; Bageri, Adlzreiterstraße 21;  Zimtschneckenfabrik, Chiemgaustraße 81, zimtschneckenfabrik.de

Skandic Living für zu HauseIn München gibt es Boutiquen, wie man sie aus dem Schweden- oder Dänemark-Urlaub kennt, zum Beispiel den Grapes Concept Store.In München gibt es Boutiquen, wie man sie aus dem Schweden- oder Dänemark-Urlaub kennt, zum Beispiel den Grapes Concept Store. (Foto: Philipp Ledényi)

Nicht nur im Store der dänischen Spielzeugmarke Lego oder im Lakridis-Laden des ebenfalls dänischen Herstellers Bülow kann man sich Skandinavien näher shoppen. In München gibt es auch eine Handvoll Boutiquen, wie man sie aus dem Schweden- oder Dänemark-Urlaub kennt.

Die hübschen Mischmaschläden bieten alles, was das Leben schöner machen kann, von Interior über Kleidung und Accessoires bis hin zu Papeterieprodukten und Delikatessen. Der „Granit Concept Store“ an der Sendlinger Straße 15A ist ein Ableger der schwedischen Kette, die sich dem Stil des Scandic Living verschrieben hat. Neben Möbeln und Deko im klaren, zeitlosen und funktionalen Stil gibt es dort auch eine kleine Lebensmittelabteilung, die Süßigkeiten, Öle und Gewürze führt. In der Weihnachtszeit gibt es dort saisontypische Leckereien aus Skandinavien wie Safran-Knäckebrot, Gingerbread-Fudge und Glögg, eine Art Glühwein.

Wohlfühlen in Pastell - von Porzellan bis zur Kleidung  - steht in den Weißglut Stores an erster Stelle.Wohlfühlen in Pastell – von Porzellan bis zur Kleidung  – steht in den Weißglut Stores an erster Stelle. (Foto: Jessica Kiefer)

Doch auch Münchner Boutiquen haben sich diesen Stil zum Vorbild genommen. Die drei „Weißglut Concept Stores“ (unter anderem an der Hohenzollernstraße 8) empfangen ihre Kunden mit pastellfarbenen und gut gefüllten Regalen. Wohlfühlen steht hier an erster Stelle. Nach dem Stöbern zwischen korallenförmigen Vasen und Blümchen-Perlenketten kehrt man, auch wenn man nichts gekauft haben sollte, doch zumindest inspiriert und mit neuen Ideen nach Hause zurück. Neben Dekoartikeln, besonderem Geschirr und Accessoires kann man hier auch Mode skandinavischer Marken kaufen.

Einen Klecks mehr Farbe auf das Scandic Living gibt es im „Grapes Concept Store“ an der Corneliusstraße 19. Selma Çakmak wollte mit ihrem Konzept eine Marktlücke schließen. Der Laden legt den Fokus auf Wohnartikel und Lifestyle-Produkte. Es gibt alles von dunkellila Faltboxen über Spruch-Socken bis zu Tassen mit humorvollen Zeichnungen. „Freude und Schmunzeln“ lautet dabei Çakmaks Motto.

Granit Concept Store, granit.com, Sendlinger Straße 15 A; Weißglut Concept Stores, Hohenzollernstraße 8, Hackenstraße 1, Theresienhöhe 5, weissglut-shop.de; Grapes Concept Store, Corneliusstraße 19, grapesconceptstore.de

Wellness und KörperkultSaunen nach finnischer Tradition kann man in der Therme Erding besonders schön.Saunen nach finnischer Tradition kann man in der Therme Erding besonders schön. (Foto: Therme Erding)

Auch ein kurzer Tagesausflug in skandinavisches Lebensgefühl ist in und um München möglich. Viele Bäder wie das Michaelibad oder das Nordbad haben Saunen nach finnischer Tradition im Angebot – die übrigens seit 2018 Teil des Unesco-Weltkulturerbes ist. In der Therme Erding kann man der skandinavischen Wellnesskultur besonders intensiv frönen. Bei 90 °C und umgeben von im Polarklima getrocknetem Holz kann man in der Finnenstube klassisch saunieren. In der Kelosauna atmet man tief den Duft des speziellen Kiefernholzes aus den finnischen und russischen Grenzwäldern ein. Und in der von Dampf durchwaberten Geysirhöhle versetzt einen eine zwei Meter hohe Wasserfontäne direkt nach Island.

Michaelibad, Heinrich-Wieland-Straße 24; Nordbad, Schleißheimer Straße 142, swm.de/baeder ; Therme Erding, Thermenallee 1-5, therme-erding.de

Alte und neue TraditionenDie Mitglieder der Deutsch-Schwedischen-Vereinigung dekorieren die Midsommar-Stange, um die beim Midsommar-Fest getanz wird.Die Mitglieder der Deutsch-Schwedischen-Vereinigung dekorieren die Midsommar-Stange, um die beim Midsommar-Fest getanz wird. (Foto: Deutsch-Schwedische-Vereinigung e.V.)

In die Gefilde schwedischer Kultur geht es dagegen über die in München ansässige Deutsch-Schwedische-Vereinigung e. V. (DVS), gegründet in den Siebzigerjahren von und für hier lebende Schweden. Heute ist die DSV ein Ort für alle, die die Sehnsucht nach diesem skandinavischen Land umtreibt. Unter der Schirmherrschaft der schwedisch-bayerischen Prinzessin Anna von Bayern wird der längste Tag des Jahres – Midsommar – gefeiert, ein klassisches Julbord-Weihnachtsbuffet besucht oder das traditionelle Krabbenessen veranstaltet. Auch der Kanelbullens Dag, der Tag der Zimtschnecke, wird am 4. Oktober begangen. Bei Kaffee und Zimtschnecken sind dann um 16 Uhr an der Allensteiner Straße 9 auch Nichtmitglieder willkommen. Bei zweimonatlichen offenen Stammtischen im Hofbräukeller am Wiener Platz kann man sich außerdem im Schwedischsprechen üben, so auch wieder am 11. November um 18.30 Uhr. Um Anmeldung wird jeweils gebeten.

Die Sippe „Børn Odin“ stimmt ihr Erscheinungsbild auf historische Vorbilder ab. Wer zur Gruppe gehören will, kann sich zum Probelagern melden.Die Sippe „Børn Odin“ stimmt ihr Erscheinungsbild auf historische Vorbilder ab. Wer zur Gruppe gehören will, kann sich zum Probelagern melden. (Foto: Veronika Fuchsbichler)

Wen das Heidnisch-Nordische fasziniert, findet im Münchner Westen auch Spuren des skandinavischen Mittelalters. Die Sippe „Børn Odin“ stellt Wikinger dar, wie sie zwischen 930-950 n. Chr. in Haitabu gelebt haben, ein von dänischen und schwedischen Wikingern gegründeter Handelsknotenpunkt im mittelalterlichen Nordeuropa. Dort könnte Folkvar Haraldsson gelebt haben, ein ortsansässiger Kaufmann, dargestellt von Gründungsmitglied Joachim Müller. Bei seinen Handelsreisen sei Folkvar auch in die Kiewer Rus gekommen. „Ich war dort Waren einkaufen und hatte ein Techtelmechtel“, so erzählt Joachim seine Rollenfolklore. Daraus ist Haldor Folkvarsson entstanden – ein Wikinger aus der Rus, der sich so der Haitabu-Sippe anschließen konnte, ohne mit der historischen Darstellung zu brechen. Die Sippenmitglieder stimmen ihre Gewandung und ihr Leben in den Lagern auf Mittelaltermärkten nach Möglichkeit auf die archäologischen Befunde ab. So trifft sich die Sippe monatlich zu Bastel-Samstagen, bei denen sie eigene historische Projekte verfolgen, wie Schilde bauen oder Nadelbinden, ein Vorläufer des Strickens. Wer sich der Sippe anschließen möchte, kann sich zum Probelagern melden – „solange es keine Christendarsteller, sondern Wikinger sind“, schallt das Wikinger-Alter-Ego Folkvar aus Joachim heraus.

Deutsch-Schwedische-Vereinigung München, d-s-v-m.de; Børn Odin, bornodin.com