Bayerns CL-Gegner im Porträt
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Was haben Konrad Laimer (28) und der Pafos FC gemeinsam? Der flexibel einsetzbare Profi des FC Bayern besitzt einen Marktwert von 25 Millionen Euro, während der zypriotische Klub einen Kaderwert von – abgerundet – ebenfalls 25 Mio. Euro aufweist. Das Kräfteverhältnis ist vor dem Aufeinandertreffen in der Ligaphase der Champions League damit eindeutig. Auf der einen Seite der kleine unbekannte Vertreter, auf der andere Seite der deutsche Rekordchampion und Königsklassen-Titelträger von 2001, 2013 und 2020. Wer ist dieser Pafos FC genau? Mit wem bekommen es die Münchner am Dienstagabend (21 Uhr) zu tun? Transfermarkt klärt auf!
Nikos Sofis, Area Manager Griechenland, sagt: „Es handelt sich um ein sehr sorgfältig geplantes und umgesetztes Projekt, das nicht über Nacht entstand.“ Der TM-Experte führt aus: „Es dauerte einige Jahre, bis alles ins Rollen kam, aber der Klub befindet sich nun mitten in der Entwicklungsphase. Ihre Transfers und ihre Strategie sind sorgfältig durchdacht – nichts, was sie tun, passiert einfach so. Sie verfügen außerdem über eine sehr gut entwickelte Infrastruktur und Organisation im ‚europäischen Stil‘, was in Zypern überhaupt nicht üblich ist. Der Klub könnte problemlos in der griechischen Super League mithalten und einen internationalen Platz erreichen.“
Der Pafos FC war 2014 gegründet worden, nach einem Zusammenschluss der Lokalvereine AE Paphos und AEK Kouklia. Mit Sergey Lomakin und Roman Dubov gibt es seit 2017 zwei russische Investoren, die den Verein steuern. Erstgenannter ist Mitbegründer der Discount-Einzelhandelskette Fix Price, Zweiterer wurde in Ungarn geboren, besitzt die britische Staatsbürgerschaft und hat unter anderem Verbindungen zum Immobiliensektor. „chrisraou7“, TM-Datenscout für Zypern, erklärt: „In den ersten drei bis vier Jahren ihres Engagements gab es nicht nur einige, sondern viele kritische Stimmen gegenüber russischen Investitionen in den Pafos FC. Viele zypriotische Fans und Medien befürchteten, dass sie nur kurzfristig hier seien und nach einigen Jahren erfolglos abreisen und Schulden hinterlassen würden.“
Anfangs ließ der Erfolg auf sich warten, weitere Investitionen in den Kader, aber auch in die Akademie und ins U19-Team trugen Früchte. Viele ausländische Talente mit Potential kamen, für zypriotische Verhältnisse ist ein hochwertiges Trainingszentrum vorhanden. Nächster Meilenstein ist das Investment in eine neue Arena, die dringend benötigt wird, schließlich werden die internationalen Partien in der Heimstätte von Aris Limassol ausgetragen und nicht im Stelios-Kyriakidis-Stadion, das Platz für weniger als 10.000 Zuschauer bietet.
In dieser Saison feiert der Klub seine Champions-League-Premiere, nachdem es im Vorjahr zum Achtelfinaleinzug in der Conference League reichte – in der Ligaphase gab es am 24. Oktober 2024 ein 0:1 gegen den deutschen Vertreter 1. FC Heidenheim. Neben dem FC Bayern waren bzw. sind Olympiakos Piräus (0:0), Kairat Almaty, Villarreal, Monaco, Juventus, Chelsea und Slavia Prag nun die weiteren Gegner. Nur Qarabağ Ağdam (24,8 Mio.) und Kairat Almaty (12,7 Mio.) weisen im Wettbewerb einen noch niedrigeren Kaderwert auf als Pafos. Die Investitionen, gepaart mit einer klugen Transferpolitik, haben den Verein aus der Unterklassigkeit bis an die Spitze Zyperns mit der ersten Meisterschaft 2025 befördert.
Pafos FC: Mimovic darf nicht, David Luiz soll Verantwortung übernehmen
Während der eingangs erwähne Laimer mit seiner Taxierung im Bayern-internen Ranking im unteren Mittelfeld anzusiedeln ist, darf sich Ognjen Mimovic beim Pafos FC mit 3,5 Mio. Euro wertvollster Spieler nennen. Der Rechtsverteidiger kam jüngst per Leihe von Fenerbahce, auch die TSG Hoffenheim soll mit einem Angebot für den 21 Jahre alten Serben vorstellig geworden sein. Für das Duell mit den Bayern kommt er allerdings nicht infrage: Mimovic ist nach seinem späten Transfer nicht für die Königsklasse gemeldet. Mit Mittelstürmer Landry Dimata (Marktwert: 2,5 Mio.) muss es der Zweitwertvollste im Team richten. Auch der 28-jährige Belgier ist neu dabei, wurde für 750.000 Euro von Samsunspor verpflichtet. Noch sind die ganz großen Summen bei Pafos kein Thema gewesen. Teuerster Zugang der Vereinsgeschichte ist Ivica Ivusic (27, inzwischen bei Hajduk Split) mit einer Ablöse von 2 Mio. Euro.
Bekanntester Name in der mit 15 unterschiedlichen Nationen sehr international besetzten Mannschaft ist ein anderer: Der 57-fache brasilianische Nationalverteidiger David Luiz, inzwischen 38 Jahre alt. Und wie ein Relikt aus einer Zeit, in der der Pafos FC an Spielern mit größerem Klang baggerte, die ihren Zenit durchaus aber schon hinter sich hatten. Der Routinier kam im August aus seiner Heimat, ablösefrei von Fortaleza. Ein durchaus überraschender Transfer, denn vorherige Experimente wie mit Bakary Sako (6 Spiele 2019/20) und Sam Hutchinson (6 Spiele 2020/21) waren fehlgeschlagen. Der Transfer von David Luiz, der mit seiner Erfahrung vor allem in der Champions League wertvoll sein dürfte, sorgte für viel Aufsehen in den sozialen Medien.
David Luiz im Trikot der Seleção, hier beim 1:7 im WM-Halbfinale 2014 gegen Deutschland
Chefscout Vaz erklärte die Strategie und das Hauptaugenmerk des Pafos FC
Rodolfo Vaz ist seit Juli 2021 Chefscout beim Pafos FC, zuvor hatte der 48-Jährige unter anderem als Sportdirektor bei Vitória Setúbal und als Fußballdirektor bei APOEL Nikosia gearbeitet. „Wir haben eine moderne Scouting-Abteilung aufgebaut und weiterentwickelt, die umfassende Datenanalyen mit traditionellen Live-Beobachtungen kombiniert. Unser Ansatz besteht darin, die modernsten Methoden des Fußballs mit klassischeren Scouting-Prinzipien zu kombinieren und so einen ausgewogenen und hocheffektiven Prozess zu schaffen“, gibt Vaz bei Transfermarkt Einblicke in die Herangehensweise beim Pafos FC.
Der Portugiese betont den Glauben an die Globalisierung des Fußballs und sagt, dass man sich nicht ausschließlich auf einen einzelnen Markt konzentriere. „Allerdings gibt es bestimmte Märkte, in denen sich Spieler schneller und effektiver an den zypriotischen Fußball anpassen.“ Vaz führt aus: „Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Identifizierung aufstrebender Talente und Spieler, die ihr Potenzial aus dem einen oder anderen Grund noch nicht voll ausschöpfen konnten. Wir legen großen Wert darauf, diesen Spielern die richtige Plattform zu bieten, um ihre Karriere neu zu starten oder voranzutreiben und gleichzeitig unser Team mit Qualität und Ehrgeiz zu stärken.“
Und wie war das mit dem Transfer von Altstar David Luiz? Ebenjener Verteidiger, der alles im Weltfußball gesehen hat, darunter als Kapitän auch die 1:7-Schmach gegen Deutschland im WM-Halbfinale 2014 in Brasilien. „Der Fall David Luiz ist etwas ganz Besonderes“, meint Pafos-Chefscout Vaz. „Ich kenne ihn, seit er als sehr junger Spieler zu Benfica kam, und habe seine Karriere seitdem aufmerksam verfolgt. Interessanterweise und eher zufällig kennen er und unser Vorstandsvorsitzender Roman Dubov sich schon seit Davids Zeit in London (bei Chelsea; d. Red.), und auch sein Berater steht unserem Vorstandsvorsitzenden sehr nahe. In den letzten Jahren haben wir mehrfach darüber gesprochen, ob David eines Tages für Pafos spielen könnte, und in diesem Sommer haben sich endlich die richtigen Voraussetzungen dafür ergeben.“
Trainer Carcedo arbeitete lange an der Seite von Emery
Für entscheidende Impulse auf dem Platz sorgte die Ankunft von Juan Carlos Carcedo. Der 52-jährige Spanier übernahm im Sommer 2023 das Traineramt und brachte reichlich Expertise mit: Carcedo war Co-Trainer von Unai Emery auf dessen Stationen Arsenal, PSG, FC Sevilla, Spartak Moskau, Valencia und Almería. Erst wurde 2024 der nationale Pokalsieg gefeiert, ein Jahr später mit sieben Punkten Vorsprung auch die Meisterschaft.
Die Mannschaft des Pafos FC gilt als physisch stark, schnell und kämpferisch, mit einem soliden Matchplan und einer hochgewachsenen, organisierten Defensive, die auch dem Angriff der Bayern um Tormaschine Harry Kane das Leben so schwer wie möglich machen will. Zugleich mangelt es nicht an schnellen Spielern für Konterfußball. In der Champions-League-Qualifikation wurden Maccabi Tel Aviv, Dynamo Kyiv und Roter Stern Belgrad aus dem Weg geräumt, auch zum Königsklassen-Auftakt in Piräus ließ sich der Pafos FC nicht vom Gegner und der Atmosphäre beeindrucken – und das trotz etwas mehr als einstündiger Unterzahl. Die Münchner erwartet somit ein Gegner, der trotz des im direkten Vergleich niedrigen Kaderwerts – 25,4 Mio. zu 905 Mio. Euro – keineswegs im Vorbeigehen zu schlagen ist.