Palästina-Aktivisten planen für Samstag eine Großdemo in Düsseldorf. Angekündigt ist auch eine Gegendemo. Die Polizei rechnet bis zum Abend mit Verkehrsbehinderungen. Noch größer könnte die Pro-Palästina-Demo am selben Tag in Berlin werden. Was wo zu erwarten ist – ein Überblick.
Die angekündigte Demonstration am Samstag in Düsseldorf steht unter dem Motto: „Wir vergessen Gaza nicht – Freiheit für Palästina, Kongo, Sudan und alle unterdrückten Völker“. Anmelder ist eine Privatperson.
Polizei erwartet bis zu 10.000 Demonstrierende
In mehreren Aufrufen in den sozialen Medien ist die Rede von der „größten Demo Deutschlands“. Die Düsseldorfer Polizei ist da zurückhaltender: Sie erwartet 5.000 bis 10.000 Demonstrierende aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland.
Nahost-Demo mit bis zu 17.000 Teilnehmern 2023 in Düsseldorf
Wie viele wirklich kommen, ist ungewiss. Bei einer Nahost-Demo im November 2023 in Düsseldorf waren 1.000 Demonstrierende angemeldet worden. Es kamen laut Polizei bis zu 17.000.
Umfangreiche Einschränkungen im Verkehr erwartet
Gegen 14 Uhr soll die Demonstration am Hauptbahnhof starten und bis zum Abend durch die Innenstadt ziehen, bis sie am Schadowplatz endet. „Wir werden den Aufzug eng begleiten und jeweils die relevanten Kreuzungen sperren“, sagt ein Pressesprecher der Düsseldorfer Polizei. „Das wird zu umfangreichen Verkehrsbeeinträchtigungen führen.“ Die Polizei bittet Besucher, möglichst nicht mit dem Auto zu kommen.
Motorradcorso führt die Demo an
Die Demonstrierenden sind nicht nur zu Fuß unterwegs, auch eine Gruppe mit rund 100 Motorrädern wird erwartet. Diese wollen sich in Meerbusch treffen und dann im Corso nach Düsseldorf fahren.
„Auch darauf sind wir vorbereitet“, so der Polizeisprecher. Beamte aus ganz NRW werden zur Unterstützung in der Landeshauptstadt erwartet.
Angekündigt ist auch eine Gegendemo, für die in den sozialen Medien ebenfalls viel geworben wird. Das Motto: „Gemeinsam sind wir eins: Für Israel & ein freies Iran“. Aufgerufen wird dazu laut Plakat unter anderem von mehreren Bündnissen gegen Antisemitismus. Eine offizielle Anmeldung dieser Demo konnte die Polizei am Freitagabend auf WDR-Anfrage jedoch nicht bestätigen.
Geschlechtertrennung bei Anreise nach Düsseldorf?
Für den Weg nach Düsseldorf zur Pro-Palästina-Demo haben Aktivisten aus mehreren Städten Busse organisiert. Dabei wird zum Teil darauf hingewiesen, dass es bei der Reise eine Geschlechtertrennung geben werde.
In einem Aufruf war zum Beispiel zu lesen: „Frauen & Männer sitzen getrennt – für eine entspannte und ruhige Fahrt.“ Anfragen des WDR an die Urheber wurden bisher nicht beantwortet.
Islamwissenschaftler: „Typisch für islamistische Milieus“
Für Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide ist das ein Zeichen für die Radikalität der Demo-Teilnehmer. „Der Ruf zur Geschlechtertrennung ist typisch für islamistische Milieus“, sagte der Professor vom Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Münster dem WDR.
Mouhanad Khorchide, Islamwissenschaftler
Khorchide hat Zweifel daran, dass es den meisten Demonstrierenden am Samstag in Düsseldorf wirklich um das Wohl der Menschen im Gazastreifen und in anderen Krisengebieten gehen wird. Seit dem Terror-Großangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und Israels Einmarsch im Gaza-Streifen hat er zahlreiche Demos beobachtet, die als pro-palästinensisch bezeichnet wurden. Statt aber „für etwas“ zu sein, seien diese Demos meistens „gegen etwas“, so Korchide.
Bei diesen Demos sei ein „gefährlicher Zusammenschluss“ linker und islamistischer Gruppen zu beobachten. Und weiter:
Gemeinsamer Nenner ist eine antiwestliche Ideologie.
Mouhanad Khorchide, Islamwissenschaftler
Für ihn ist fraglich, was die Menschen im Gazastreifen davon haben, wenn Demonstrierende hierzulande „Free Palestine“ rufen und die Vernichtung Israels fordern. „Müssten wir nicht eher lösungsorientiert sein?“, fragt er.
Korchide: Vielen geht es mehr um Protest als wirklich um Gaza
Er habe mit vielen Jugendlichen gesprochen, die an solchen Demos teilgenommen haben. „Nicht wenige wussten nicht mal, wo Gaza liegt“, sagt Korchide. „Sie wussten nicht, worum es eigentlich geht.“ Für sie sei das Demonstrieren „eine Art Protestaktion“, weil sie sich diskriminiert fühlen von der westlichen und deutschen Gesellschaft.
Unstrittig ist allerdings: Der Krieg im Gazastreifen und in Israel mit Tausenden von Toten wühlt hierzulande viele Menschen auf.
Großdemo auch in Berlin: „All Eyes on Gaza“
Auch in Berlin ist das am Samstag Anlass für eine Großdemonstration. Die Organisatoren rechnen mit 30.000 Demonstrierenden. Das Motto: „All Eyes on Gaza – Stoppt den Genozid!“. Veranstalter sind die Palästinensische Gemeinde Deutschland, die Initiative eye4palestine und die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Medico international.
Jannis Julien Grimm, Friedens- und Konfliktforscher
Diese Demo werde größer als viele andere, glaubt Friedens- und Konfliktforscher Jannis Julien Grimm von der Freien Uni Berlin, der zu den Gaza-Protesten forscht. Denn diesmal komme der Aufruf nicht von Randgruppen. Gerade Amnesty und Medico seien Organisationen, die „gleichermaßen die Massaker des 7. Oktobers als Menschenrechtsverbrechen und als Völkerrechtsverbrechen ankreiden, als auch den Genozid in Gaza als solchen benennen.“
Allerdings gebe es am Samstag auch noch zwei weitere ähnliche Demos in Berlin, so Grimm: eine Demo der Linken am Alexanderplatz und eine Demo des „härteren Kerns der palästinensischen Szene“. Insofern bleibe abzuwarten, ob sich die drei Demos bestärken oder gegenseitig das Publikum abgraben.
Unsere Quellen:
- WDR-Interview mit Islamwissenschaftler Prof. Dr. Mouhanad Khorchide vom Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Münster für die Lokalzeit aus Düsseldorf am 22.09.2025
- WDR-Interview mit Friedens- und Konfliktforscher Jannis Julien Grimm von der Freien Universität Berlin
- Aufrufe zu den Demonstrationen bei TikTok, Facebook, X und Instagram
- Polizei Düsseldorf auf WDR-Anfragen