Er war schon immer ein Optimist. David Füleki hat nicht nur an seine Zukunft als Künstler geglaubt, sondern immer auch an die Stärke des Mangas: „Es sind ja nicht immer nur diese stereotypen, großen Augen, kleine Nasen, kleine Münder“, so der Künstler. „Man kann ja ganz viel mit Manga transportieren – Emotionen und so weiter. Wenn das der Markt erkennt, kann man damit doch alles bespielen.“
Manga – Begegnung mit dem Unbekannten
David hat das Genre für sich entdeckt, als das Wort Manga in Deutschland noch komplett unbekannt war. Undeutlich erinnert er sich an einen Band, den er in einem Kiosk gefunden hatte. Und er habe gleich gefühlt, „das ist was ganz Großes, was du hier hast“. Erst nach und nach hat er die Kunstform wirklich verstanden – warum so wenig Farbe genutzt wird und warum spätere Bände andersherum gelesen wurden. Erst allmählich haben die Verlage dem deutschen Publikum alle Eigenheiten des japanischen Kulturimports zugemutet.
Man kann ja ganz viel mit Manga transportieren.
David Füleki, Mangaka
Die Faszination bei David Füleki war geweckt. Gemeinsam mit einigen Freunden organisierte er sich immer neuen Nachschub – im frühen Internet-Zeitalter noch eine echte Herausforderung. Sie planten, wer vom Dorf in die nächste Stadt fährt und den neuen Band kauft. Einer hatte sogar Kontakt zu einem Mann in Spanien aufgebaut, der DVDs schickte. Auch die Eltern von David Füleki sollten die Geschichten mitlesen oder die Animes mitschauen.
Der Traum von Künstlerleben
Füleki hatte schon immer gerne gemalt und gezeichnet. Anfangs immer im Stil der Werner-Comics von Rötger Feldmann. Doch nun wusste er, er will Mangas zeichnen. Das machte er zunächst vor allem in der Schule, während des Mathe- oder Deutschunterrichts. Irgendwann hätten die Lehrerinnen und Lehrer akzeptiert, dass bei ihm immer alles vollgekritzelt war, erinnert sich der Künstler. Die Noten seien auch gut genug gewesen.
Eine große Inspiration war für ihn Akira Toriyama, der Erfinder der Kultserie „Dragon Ball“. Bei Mangas ist es oft üblich, dass die Kunstschaffenden in kleinen Comicstrips am Rand der eigentlichen Erzählung auch etwas aus ihrem Alltag berichten. So hat Toriyama beispielsweise erzählt, wie er die fertigen Manga-Seiten an den Verlag in die große Stadt schickt.
Der junge David Füleki dachte sich: „Wenn der das in seiner Präfektur Aichi in Japan hinbekommt, von dort aus dieses Imperium zu leiten, dann kann ich doch auch aus dem Erzgebirge, aus der Küche meiner Neubauwohnungen ein Imperium leiten.“ Für den jungen Künstler war das nur eine Frage der Zeit.
Ein wenig Selbstüberschätzung gehört bei David Füleki offenbar dazu. Er war auch immer überzeugt, dass seine Zeichnungen schon perfekt waren. „Dann guckst du nach einem halben Jahr nochmal auf diese Zeichnungen und merkst: Das war ja sehr schlecht!“ Aber David blieb dran, er wollte unbedingt an seinem Traum festhalten. Bis heute träumt er davon, über viele Bände eine große Geschichte erzählen zu können.
Kritik am deutschen Manga
Die erste Bewerbung schickte tatsächlich seine Mutter ab, erzählt Füleki. Heimlich habe sie einige Kopien an den Carlsen Verlag geschickt, der wohlwollend absagte. Später suchte David auch selbst immer wieder den Kontakt zu Verlagen. Er nahm an Wettbewerben teil, schaffte 2003 in Leipzig einen dritten Platz. Bald folgten auch offizielle Veröffentlichungen. 2009 erschien schließlich sein erster großer Erfolg in dem noch jungen Manga-Verlag Tokyopop: „Struwwelpeter: Die Rückkehr“.
Allerdings ist David Füleki nie nach Japan gegangen, um dort seinen Zeichenstil zu verbessern, um an der Quelle zu lernen. Für Manga-Fans war das damals noch ein großes Problem: Manga sollte japanisch sein, alles andere eine Beleidigung. Öffentliche Kritik und Anfeindungen für nicht-japanische Kunstschaffende waren die Folge.
Doch für David ging es bei Manga nie um das Japanische, sondern um den „Mut zu übertreiben“, erklärt er. „Manga muss sich alles trauen dürfen, das muss immer so noch ein Schritt weiter gehen, als es sich andere Comic-Kulturen erlauben.“ Außerdem hat ihn von Anfang an das Filmische am Manga gereizt. Die Seiten sind dynamischer gestaltet als etwa beim franko-belgischen Comic. Es wird mehr mit Close-Ups gearbeitet als beim US-amerikanischen Comic.
Eine weitere wichtige Inspiration war der Mangaka Eiichirō Oda, der mit „One Piece“ einen Riesenhit landete. Unter anderem, weil der Künstler so anders zeichnete, riesige Nasen statt feine Gesichtszüge. Wie Oda nutzt auch David Füleki alles zur Inspiration, seien es Filme oder alte ungarische Comics von seinem Vater.
David Fülekis Rolle auf dem Markt
Schließlich studierte David Füleki Medienwissenschaften in Chemnitz. Denn es ging ihm nicht nur um den richtigen Strich, sondern auch darum, wie man am besten Geschichten erzählt, wie die Produktion läuft und wie man sein Werk an das Publikum heranträgt. Während seines Studiums veröffentlichte er viel im Eigenverlag. In Nacht-und-Nebel-Aktionen druckte er Zeichnungen aus, heftete sie zusammen und verkaufte sie auf Comic-Messen. Für viele ist das heute noch der Weg, um ihre Werke unter die Leute zu bringen und Geld zu verdienen.
Für jüngere Kunstschaffende ist David inzwischen auch ein Mentor, der gerne Abläufe erklärt und für bessere Bedingungen kämpft. „Im Prinzip hangelt man sich immer nur von von einer Deadline zur nächsten und das muss man auch mental abkönnen, weil man eigentlich nie eine entspannte Phase hat“, erzählt der Illustrator. Er schlafe selten länger als fünf Stunden in der Nacht, oft auch gar nicht. Phasen der Erschöpfung müsse man einplanen. Zeichnen sei eine unglaublich langwierige Arbeit, erklärt David. Zwei Seiten an einem Tag zu schaffen, sei für ihn das Maximum.
Fünf oder sechs Bücher stellt David jedes Jahr fertig – so könne man gut von dem Einkommen leben. Er arbeitet jedoch nicht nur an Mangas, sondern übernimmt unterschiedliche Aufträge: Er zeichnet Comics für Kinder oder illustriert Unternehmenskampagnen. Er scheint es zu lieben, sich dort auszuprobieren, den Sachen seinen Füleki-Manga-Stempel aufdrücken zu können.