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Der TSV 1860 München kommt einfach nicht zur Ruhe. Trainer Patrick Glöckner steht mächtig in der Kritik. Weshalb eigentlich?
München – Am Sonntagabend, dem 14. September, erlebte der TSV 1860 München dramatische Schlusssekunden gegen Aufsteiger TSV Havelse. Die Löwen hatten einen 2:0-Vorsprung verspielt, Galionsfigur Kevin Volland per Platzverweis verloren – und dennoch in der sechsten Minute der Nachspielzeit den 3:2-Siegtreffer erzielt. 1860 rundete einen guten Start ab und grüßte mit elf von 15 Zählern von Tabellenplatz zwei.
1860-Trainer Patrick Glöckner steht urplötzlich in der Kritik © IMAGO/Andy Buenning
Rund zwei Wochen später scheint beim Traditionsverein das pure Chaos ausgebrochen zu sein. Was ist passiert? 1860 hat in einer engen Liga zweimal in Folge verloren. Die Gegner? Sie hießen Hansa Rostock (1:2) und TSG Hoffenheim II (1:5). Vor allem das Debakel gegen die Kraichgauer war schmerzhaft, eine Wiederholung einer solchen Performance sollte es nicht noch einmal geben.
Viele Fragezeichen beim TSV 1860 München
Doch die Unruhe, die es urplötzlich um Trainer Patrick Glöckner gab, wirft etliche Fragen auf. Der Umbruch im Sommer war gewaltig bei den Löwen. Zehn Neuzugänge wurden verpflichtet und fünf Jugendspieler hochgezogen. Andererseits verließen 15 Akteure den Klub, darunter auch talentierte Spieler wie Lukas Reich (für 0,5 Millionen Euro zu Greuther Fürth) oder Tim Kloss (schon drei Tore für Viktoria Köln).
Die Neuzugänge Volland und Florian Niederlechner sind zweifelsohne große Namen. Doch auch das Offensivduo muss sich zunächst an Spielweise und Intensität in der 3. Liga gewöhnen. Wenn in einer solchen Findungsphase mit Jesper Verlaat der Kapitän und unumstrittene Leistungsträger ausfällt, dann schmerzt dieser Fakt doppelt und dreifach.
Gute Laune trotz Liga-Krise: 1860-Stars feiern ausgelassen auf der WiesnFotostrecke ansehen
Statt in einer solchen Situation zusammenzurücken und angesichts von einem (!) Zähler Rückstand auf den Relegationsplatz Ruhe zu bewahren, eröffnete Löwen-Manager Dr. Christian Werner die Trainer-Debatte. Er legte rund um den Besuch der Wiesn nach: „Stand jetzt gehen wir gemeinsam mit ihm nach Aue. Ein 1:5 kannst du nicht einfach vom Tisch wischen. Die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, war nicht Löwen-like. Das darf uns eigentlich auch nicht ein einziges Mal passieren.“
Natürlich ist 1860 ein ambitionierter Klub, der in die 2. Liga drängt. Werner steht dabei unter Druck, schließlich muss der von ihm auf ein System mit Dreierkette zusammengestellte Kader funktionieren. Warum bei der Planung nicht darauf geachtet wurde, dass Glöckner in seiner Karriere ein 4-2-3-1-System präferiert? Fragwürdig! Ob Werners dritter Trainer innerhalb von rund 20 Monaten besser passen würde?
Es wäre naiv und unprofessionell zu erwarten, dass auf Anhieb alle Mechanismen greifen. Werner nahm vor der Saison bei Magenta sogar noch Dampf aus dem Kessel: „Wir sind in der Budget-Tabelle trotzdem auch in dieser Saison oder gerade in dieser Saison im unteren Durchschnitt der 3. Liga. Das gehört zur Einordnung auch dazu und die heißt: Wir gehören überhaupt nicht zu den Vereinen in der Dritten Liga, die finanziell sehr gut aufgestellt sind.“
Sprich: Die Konkurrenz leistet auch ohne die Verpflichtung ganz großen Namen hervorragende Arbeit. Vor allem die Zweitvertretung der TSG zählt aktuell wohl zu den hoffnungsvollsten Reserveteams in Deutschland. An dieser talentierten Truppe werden sich noch andere Mannschaften die Zähne ausbeißen. Und Rostock? Die Hanseaten haben laut transfermarkt.de den wertvollsten Kader der 3. Liga.
Natürlich ist Glöckner nach der Blamage gegen Hoffenheim nun mit dem Team gefordert, an den richtigen Stellschrauben zu drehen. Nach neun Gegentreffern in den vergangenen drei Pflichtspielen geht es um defensive Stabilität, Zweikampfhärte, Balance und Spielwitz. Die Mannschaft muss wieder Erfolgserlebnisse sammeln und Selbstvertrauen tanken.
1860-Coach Glöckner und Team haben ein gutes Verhältnis
Das Verhältnis zwischen Trainer und Team ist nach Informationen von Absolut Fussball, dem Fußballportal von Home of Sports, vollumfänglich intakt. Natürlich ist nicht jeder Akteur zufrieden mit seiner aktuellen Rolle, die Niederlagen drücken auf das Gemüt. Dennoch steht das Team, wie auch ein großer Teil der Anhängerschaft, hinter Glöckner. Die Wucht der Debatte überrascht daher das Umfeld.
Trotz der vom Verein durch die getätigten Transfers vorgegebenen systematischen Grundordnung und dem großen Umbruch, haben die Löwen Tuchfühlung zur Spitzengruppe. Statt sich ganz in Ruhe auf das wichtige Duell in Aue vorzubereiten, gab es vom Klub selbst verschuldete Krisentage. Dabei zeigt der Blick auf die Vergangenheit in Liga 3, dass ein Festhalten am Trainer durchaus lohnen kann.
Mitch Kniat beendete mit dem damaligen Absteiger Arminia Bielefeld die erste Saison auf Rang 14. Die Ostwestfalen hielten an ihm fest und wurden belohnt: DFB-Pokalfinale, Aufstieg und nun auch ein guter Start in der 2. Liga. Geduld und Überzeugung sind zwei Schlüsselwörter, die es für eine erfolgreiche Spielzeit benötigt.
Glöckner, der 1860 im vergangenen Winter Abstiegskampf übernahm, hatte sich mit einer starken Serie Vertrauen erworben. Der auslaufende Vertrag wurde verlängert, der gebürtige Frankfurter fühlt sich pudelwohl in München. Er hat in der Vergangenheit gezeigt, Lösungen zu finden. So auch diesmal?