Stand: 27.09.2025 09:13 Uhr
Zum Abschluss der dreitägigen Militärübung „Red Storm Bravo“ soll am Sonnabend im Hamburger Hafen ein Massenanfall von Verletzten simuliert werden. Zu einer Demo in der Innenstadt werden 10.000 Teilnehmende erwartet.
Bundeswehr und Feuerwehr üben am Sonnabend gemeinsam, wie Verletzte und Verwundete versorgt und abtransportiert werden, teilte die Bundeswehr mit. Der Fokus liege dabei auf der Zusammenarbeit der zivilen Retter und der Feuerwehr mit den militärischen Sanitätern der Bundeswehr. Trainiert wird demnach die gesamte Rettungskette – von der Erstversorgung über den Transport bis ins Krankenhaus. Geübt werden solle unter möglichst realistischen Bedingungen. Nicht nur, was das Szenario betrifft – Truppenverlegungen der NATO nach Osten – sondern auch der Umgang mit möglichen Protesten vor Ort.
10.000 Teilnehmende zu Demo erwartet
Wie bereits an den ersten beiden Übungstagen kündigten Linke Gruppen auch für Sonnabend wieder Proteste gegen das Manöver an. Unter dem Motto „NEIN zur NATO-Kriegsübung Red Storm Bravo – JA zur zivilen Entwicklung!“ rief etwa das Hamburger Bündnis „Kein NATO-Hafen“ zu einer Demonstration am Hamburger Hauptbahnhof auf. Zu der bislang größten Demo gegen die Militärübung werden laut den Veranstaltern bis zu 10.000 Teilnehmende erwartet.
Bereits am Freitag zogen laut Polizei bei einer Demonstration rund 600 Menschen vom Rathausmarkt zu den Landungsbrücken. Zu dem Protest mit dem Motto „Keine Kriegsübungen in unserer Stadt“ hatte das Bündnis „Gemeinsam gegen Red Storm Bravo“ aufgerufen. Gegner des Bundeswehr-Manövers kritisieren unter anderem die zivil-militärische Zusammenarbeit – und lehnen es ab, dass auch Deutschland militärische Stärke zeigen will. Von den meisten Parteien im Hamburger Rathaus gibt es allerdings politische Rückendeckung für die Übung.
Kilometerlange Kolonnenfahrt durch das Stadtgebiet
Reservisten simulieren eine Demonstration.
In der Nacht zum Sonnabend gab es eine kilometerlange Kolonnenfahrt von Bundeswehrfahrzeugen durch das Stadtgebiet. Zu Beginn und dann auch während der Fahrt wurde die aus 70 Lastwagen bestehende Bundeswehr-Kolonne von Demonstranten-Darstellern und -Darstellerinnen gestoppt. „Was im Kalten Krieg zum Alltag in vielen Regionen gehörte – das muss heutzutage wieder geprobt werden“, sagte Jürgen Bredtmann, der Pressesprecher der Bundeswehr in Hamburg. Denn lange Kolonnen-Fahrten seien eine große Herausforderung.
Größtes Manöver in Hamburg seit dem Kalten Krieg
Die dreitägige Militärübung „Red Storm Bravo“ hatte am Donnerstag auf dem O’Swaldkai im Hamburger Hafen begonnen. Die Übung gilt als die bisher größte seit Ende des Kalten Krieges in Hamburg. Am Freitag präsentierte die Bundeswehr ihre Fähigkeiten bei der Abwehr von Drohnen im urbanen Raum.
Erst per Netz einfangen und dann mit „Drohnenhund“ entschärfen: Im Rahmen des Manövers „Red Storm Bravo“ zeigte die Bundeswehr mögliche Abwehrtechniken.
Im Fokus des gesamten Manövers steht laut Bundeswehr die „zivil-militärische Zusammenarbeit“. Es nehmen deshalb neben rund 500 Soldatinnen und Soldaten Polizei, Feuerwehr sowie Unternehmen und Behörden teil. Die Übungen sollen vor allem im Hamburger Hafen und überwiegend nachts stattfinden.
Szenario: NATO-Truppen werden nach Osten verlegt
In einem fiktiven Szenario werden NATO-Truppen in Richtung Osten geschickt, weil es an der Grenze eines baltischen Staates einen militärischen Konflikt gibt. Das klingt angesichts der Drohnen- und Kampfjet-Sichtungen über den NATO-Staaten Polen und Estland erschreckend aktuell.
Grote: Pionier-Arbeit in Hamburg
Laut Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) wird mit der Übung in Hamburg Pionier-Arbeit geleistet. Nirgendwo in Deutschland habe es bisher ein so realitätsnahes Manöver unter Beteiligung von Landesbehörden und großen Unternehmen gegeben, sagte Grote.
Rund 800 Personen beteiligt
Kurt Leonards, Kommandeur des Landeskommandos der Bundeswehr, sagte dem NDR, neben dem Einsatz von etwa 500 Soldatinnen und Soldaten seien auch 300 Personen aus Blaulicht-Organisationen an der Übung beteiligt. Drei Schwerpunkte würden geprobt: „Wir wollen eine Kolonnenführung und ein Drohnen-Forum veranstalten, in dem wir schauen, wo unsere Fähigkeiten liegen. Und am Samstag wollen wir einen Massenanfall von Verletzten bei Blohm + Voss durchspielen.“ Die Hamburgerinnen und Hamburger sollten in ihrem Alltag so wenig wie möglich gestört werden.
Am Freitagabend gab es eine Demo gegen die Bundeswehrübung auf dem Hamburger Rathausmarkt.
In Bezug auf das Szenario eines Einsatzes zum Schutz der Nordostflanke sagte Leonards: „Wir denken in Szenarien und belegen diese mit Wahrscheinlichkeiten. Die höchste Wahrscheinlichkeit sehe ich in der Nordostflanke. Tatsächlich sind wir ein Stück weit eingeholt worden in den letzten Wochen.“ Hamburg spiele bei der Übung eine wichtige Rolle. „Wenn die NATO glaubwürdig abschrecken will, hat sie Vortruppen zu verlegen an die nordöstliche Grenze des Bündnisses und diese Truppenverlegungen geschehen durch Deutschland und somit auch durch Hamburg.“
Geübt wird ein Szenario, bei dem es zur Krise an den Grenzen der baltischen Staaten kommt. Zum Beispiel könnte Russland dort starke Truppen zusammenziehen, ähnlich wie vor Beginn des Ukraine-Kriegs. Das wäre noch kein Krieg, aber ein Spannungsfall. Die NATO würde vorbeugend eigene Truppen an die Ostgrenze verlegen.
Hamburg ist ein wichtiger Hafen für die NATO. Anders als im Kalten Krieg ist die Stadt nicht mehr mögliche Frontstadt, sondern Logistik-Drehscheibe. Im Spannungsfall würden Truppen und Material durch den Hamburger Hafen transportiert. Der Hafen und die Verkehrswege müssten dafür freigehalten und abgesichert werden.
Die Bundeswehr probt ihre Abläufe für den Ernstfall und dabei besonders die Zusammenarbeit mit zivilen Stellen. Einfach gesagt: Wen muss ich anrufen, wenn es ein Problem gibt? Und was kann der andere leisten, um das Problem zu lösen? Es muss zum Beispiel klar sein, wer bei der Polizei angesprochen wird, um einzelne Straßen zu sperren oder freizuhalten.
Im praktischen Teil der Übung geht es unter anderem um die Versorgung einer größeren Zahl von Verwundeten, um den Transport von Ausrüstung durchs Stadtgebiet, um den Umgang mit einer Schiffshavarie und um die Abwehr von Drohnen.
Im Mittelpunkt der Übung steht das Hafengebiet. Aber auch angrenzende Gebiete und die Verkehrswege vom und zum Hafen sind einbezogen. Die Operationszentrale ist in einer Kaserne in Iserbrook. Dort findet ein großer Teil der Übung „am grünen Tisch“ statt. Nur ein Teil davon wird auch in der Praxis geprobt.
Rund 500 Soldatinnen und Soldaten machen mit. Bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten, THW, Behörden und Unternehmen proben einzelne Mitarbeiter die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr. Die Arbeitsagentur übt zum Beispiel, wie sie im Krisenfall Arbeitskräfte für wichtige Unternehmen findet.
Nein. „Red Storm Bravo“ ist keine öffentliche Veranstaltung. Hubschrauberflüge und Truppenbewegungen wird es aber auch außerhalb des Hafens im Stadtgebiet geben.
Im Hafen wird es wegen einiger Absperrungen zu Behinderungen kommen. Grundsätzlich sollen Menschen und Unternehmen möglichst wenig beeinträchtigt werden. Deshalb finden Kolonnenfahrten zum Beispiel nachts statt, um Staus zu vermeiden.
„Red Storm Bravo“ ist kein Manöver mit echtem Waffeneinsatz. Im Mittelpunkt steht das Proben von organisatorischen Abläufen. Es werden also keine Panzer im Hafen auffahren. Dort, wo die Bundeswehr auch Praxisübungen macht, nutzt sie allerdings ihr reguläres Material.
Es geht um das Ankommen von Truppen im Hafen und deren Weiterverlegung. Auch Polizei, Feuerwehr und Unternehmen nehmen teil.
Kriegstüchtigkeit in der Gesellschaft werde durch die Übung in Hamburg als alternativlos dargestellt, erklärte Franz Krause, Mitglied vom Bündnis „Kein NATO-Hafen“.
Außerdem hätte hybride Kriegsführung ein Schwerpunkt der Militärübung sein müssen, kritisiert Ralph Thiele, Vorsitzender der Politisch-Militärischen Gesellschaft auf NDR Info.
Die Bundeswehr führt gerade das größte Manöver in Hamburg seit dem Kalten Krieg durch. Friedensforscherin Schröder ordnet das Ganze ein.
Militärkolonnen und Hubschrauberflüge: Innensenator Grote hat um Verständnis für die Übung „Red Storm Bravo“ mit rund 500 Soldaten geworben.
Ab Donnerstag trainiert die Bundeswehr in Hamburg drei Tage lang ihre Abläufe bei einem Spannungsfall. Nicht jeder ist damit einverstanden.
Ende September findet in Hamburg die Militärübung „Red Storm Bravo“ statt. Kommandeur Kurt Leonards erklärt, was geprobt wird.