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  1. Seite 1Nach Urteilen geraten oft die Richter unter Druck, nicht die Täter
  2. Seite 2Eine Million Euro ohne Spuren von Arbeit

Der frühere sozialistische Finanzminister Jérôme Cahuzac sollte Steuersünder entlarven, bis er selbst zurücktreten musste: Er hatte ein Schweizer Konto genutzt, um Steuern zu hinterziehen. Jacques Chirac, 14 Jahre lang konservativer Präsident Frankreichs, wurde 2011 verurteilt, weil er als Bürgermeister von Paris Scheinarbeitsverhältnisse schuf. Offiziell arbeiteten die Angestellten für die Stadt, tatsächlich aber für Chiracs Partei RPR oder erhielten Gefälligkeitsjobs. Dabei betonte er stets, wie wichtig echte Arbeit sei. Chirac war der erste Präsident, der verurteilt wurde. Seine Strafe auf Bewährung bewahrte ihn jedoch vor dem Gefängnis. 

2017 geriet erneut ein Anführer der Konservativen ins Visier der Justiz: François Fillon, einst Innenminister unter Sarkozy und aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat, wurde inzwischen verurteilt. Er hatte seiner Frau mehr als eine Million Euro Gehalt als parlamentarische Assistentin gezahlt – ohne dass es Spuren ihrer Arbeit gab.

Ein zweites Detail sticht ins Auge: Genau die inzwischen Verurteilten forderten einst harte Strafen – solange sie selbst nicht betroffen waren. Sarkozy etwa empörte sich über seine Gefängnisstrafe, obwohl er Berufung eingelegt hat und juristisch weiter als unschuldig gilt. Sollte er in zweiter Instanz freigesprochen werden, hätte er tatsächlich zu Unrecht Zeit in der Zelle verbracht. Doch noch 2015 hatte er selbst verlangt, alle Strafen sofort zu vollstrecken.

„Zeigt die Stärke unserer Demokratie“

Das Besondere an Frankreich ist: Nach Urteilen geraten oft nicht die Verurteilten unter Druck, sondern die Richter. Die Richterin, die Le Pen für schuldig erklärte, öffentliche Mittel veruntreut zu haben, fand Beschimpfungen auf ihrer Hauswand. Ganz Frankreich debattierte tagelang, ob es nicht ungerecht sei, Le Pen von der nächsten Wahl auszuschließen. Sarkozy erhielt Unterstützung von Dutzenden, meist konservativen Journalisten, die das Strafmaß als ungewöhnlich hart kritisierten und der Justiz vorwarfen, Frankreich in ein schlechtes Licht zu rücken.

Die Korruptionsexpertin van Beneden sprach wenige Stunden nach dem Urteil auf drei verschiedenen Fernsehbühnen über den Prozess – und wurde selbst heftig angegriffen. „Leider stilisieren sich viele Verurteilte als Opfer, und einige Medien unterstützen sie dabei“, sagt van Beneden. Dennoch freut sie sich über diesen erneuten Beweis für eine unabhängige Justiz. „Sarkozy hat mit viel krimineller Energie gehandelt. Eine Justiz, die auch einen Präsidenten verurteilen kann, zeigt die Stärke unserer Demokratie.“

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