Intendant Tobias Kratzer und Generalmusikdirektor Omer Meir Wellber starten ihre Ära an der Hamburgischen Staatsoper mit dem Programm „3 Tage wach“. Zum Auftakt moderierte Ina Müller im ausverkauften Haus das „Housewarming Concert“ und führte mit prominenten Gästen durch musikalische Genres von Oper bis Schlager.

Respektvoll, schlagfertig und humorvoll führte die Sängerin und Moderatorin Ina Müller („Inas Nacht“) am Freitag durch das „Houswarming Concert“ der neuen Intendanz in der Hamburgischen Staatsoper. Müller positionierte sich selbst zwischen „zu dumm für die Oper, zu schlau fürs Musical“ und entlockte dem neuen Intendanten Tobias Kratzer, der am 27. September mit seiner ersten Hamburger Premiere „Das Paradies und die Peri“ von Robert Schumann startet, weitere Pläne. Kratzer, der just am Tag des „Houswarming Concerts“ vom Magazin „Opernwelt“ zum Regisseur des Jahres ernannt wurde, will nicht mehr und nicht weniger auf die Bühne bringen als „alles, was Oper kann“.

Einweihungsparty für die neugestalteten Foyers

Partnerschaftlich und kongenial unterstützt wurde der frischgebackene Intendant vom neuen Generalmusikdirektor Omer Meir Wellber. Der leitete beim gut zweistündigen „Housewarming“ das Philharmonische Staatsorchester und griff selbst zum Akkordeon. Das Programm reichte von der Uraufführung „hymne, mit hölderlinfragment“ von Marko Nikodijevic mit der Sopranistin Elbenita Kajtazi über den „Short Ride in a Fast Machine“ von John Adams bis zur „Hölle der Rache (Königin der Nacht)“, wobei die Arie nicht gesungen wurde, sondern von Kunstpfeifer Nikolaus Habjan gepfiffen. Das Hamburg Ballett spielte als Sparte im Hauptprogramm des Aufbruchs an der Staatsoper nach der vorzeitigen Trennung vom Neumeier-Nachfolger Demis Volpi keine Rolle. Für die Late Night im Anschluss entwickelte Aleix Martínez mit Tänzern der Compagnie eine Choreografie.

Für Kratzer und Wellber geht es nicht nur darum, das Gebäude an der Dammtorstraße für neue Publikumsgruppen attraktiv zu machen, sie wollen Oper auch in die Stadt tragen, kooperieren künftig mit Institutionen wie dem Thalia Theater, dem Schmidts Tivoli und der Stage Entertainment. Die neue Intendanz will programmatisch und visuell neue Akzente setzen. So wurden vor Saisonbeginn in der Rekordbauzeit von acht Wochen die Foyers der Staatsoper neugestaltet, um das Haus einladender zu gestalten, im Einklang mit dem Denkmalschutz Blicke ins Haus zu lenken. Eine Maßnahme: Die Säulen im Foyer erhielten ihren ursprünglich goldenen Anstrich zurück, womit sie ein Element der Fassade im Haus wieder aufnehmen. Damit reaktivierten Bühnenbildner Rainer Sellmaier und die Hamburger Designagentur The Studios – Excellence in Brand Design auch Konzepte der 50er-Jahre.

Elfriede Jelinek und Rolando Villazón wünschen Glück

Die Stifter Lounge erhielt neue Sitzmöbel, das Rangfoyer wurde mit einem Bartresen bestückt, über dem eine 300 Kilogramm schwere Lichtinstallation, geschaffen nach der Partitur eines Mendelssohn-Chorals, für eine klassisch-moderne Anmutung sorgt. Das Foto John Neumeiers, das bisher im Parkettfoyer allein die Südwand schmückte, ist nun Teil einer „Gallery Wall“, die in Petersburger Hängung Dutzende Künstler zeigt, die in ihrer fast 350-jährigen Geschichte als große Persönlichkeiten die Bürgeroper prägten, von Händel und Telemann bis Peter Ruzicka und Simone Young. Der Boden im Parkettfoyer erhielt einen neuen Anstrich mit einem abstrakten Bodengemälde der Künstlerin Jorinde Voigt. Das Werk in Orange und Lila trägt den Titel „Potential“ und wirkt, als spiegele es das All im Gebäude – und mit ihm alle Möglichkeiten.

Prominente Wegbegleiter der Künstler wünschten zum Amtsantritt per Videobotschaft Glück, Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ebenso wie Rolando Villazón. Im Anschluss an „Dreydl“ von Komponistin Olga Neuwirth beeindruckte auf der Bühne auch der Auftritt von Le Gateau Chocolate. Der Bariton im Glitzerkleid sang im Bühnenprogramm ein bewegendes Medley aus Spirituals. Die Sopranistin Vera-Lotte Boecker, die heute, am 27. September die Titelrolle der Peri im weltlichen Oratorium singen wird, erklärte Ina Müller, was ein Oratorium und plauderte als junge Mutter auch aus dem Familienleben. Schließlich trabten auch noch im Ganzkörperkostüm ein Pferd, ein Dinosaurier und Astronaut auf die Bühne und wiesen auf die Bandbreite kommender Produktionen hin. Ina Müller blieb es schließlich vorbehalten, den Abend mit dem Lied „Bis ans Ende meiner Lieder“ von Udo Jürgens zu beschließen.

Wellber steigt auf allen Ebenen ins Programm ein

Zum Abschluss des kraftvollen schillernden, glänzenden Eröffnungsabends wurde in den neu gestalteten Foyers der Staatsoper ein vielfältiges Programm ausgerollt. In der Stifter-Lounge erklang Klassik, von „Impressionistischer Klangmalerei“ über „Lieder der Romantik“ bis zu Vokalmusik des 20. Jahrhunderts. Im Rangfoyer präsentierten unter anderem die Stars des Musicals „& Julia“, Chiara Fuhrmann und Willemijn Verkaik, Highlights aus dem Musical, das aktuell im Stage Operettenhaus läuft. Schauspieler Julian Greis stellte einen Ausschnitt aus „Frommer Tanz“ vom Thalia Theater. Schließlich gab es Karaoke mit Ensemblemitgliedern der Staatsoper.

Im Parkettfoyer spielten die Philharmonic Clowns, eine Jazzformation aus den Reihen des Philharmonischen Staatsorchesters gemeinsam mit dem Pianisten Leon Gurvitch sowie Omer Meir Wellber bekannte Jazztitel. Wellber wanderte mit seinem Akkordeon durchs Haus und stieg auch auf den anderen Ebenen in die Programme ein. Bis 2 Uhr morgens klang der Abend im Garderobenfoyer mit einem Live-Set des Hamburger Elektronica- und House-Produzenten Stimming aus. Auch das kann die Staatsoper neuerdings in Hamburg. Am zweiten Abend kommt dann die Oper selbst zur Geltung, beim von Kratzer und Wellber in der ersten Premiere der Saison präsentierten weltlichen Oratorium „Das Paradies und die Peri“.