Der Videoassistent sorgte am Samstagabend im Borussia-Park nach einer Viertelstunde für Ungewissheit. Der Frankfurter Ansgar Knauff hatte gerade das 2:0 erzielt, das vom Kölner Keller überprüft wurde. Was Gladbachs Eugen Polanski währenddessen nach dem zweiten Gegentor in der Anfangsphase von der Seitenlinie beobachtete, frustrierte den Interimstrainer der Borussen.

„Das 0:2 wird minutenlang gecheckt und jeder steht da und hofft, statt einfach mal zu coachen, jemanden an den Kragen zu packen und zu sagen, dass es anders gehen kann“, sagte Polanski nach der 4:6-Niederlage am Samstagabend gegen Eintracht Frankfurt. Eine Woche nach dem 1:1 bei Bayer 04 Leverkusen war es die erste Niederlage für Polanski, der die Reaktion seiner Mannschaft auf das zweite Gegentor scharf kritisierte.

„Die Körpersprache nach dem 0:2 ist ausschlaggebend, warum wir 0:5 zurückliegen in der Halbzeitpause“, sagte Polanski. Für den 39-Jährigen sei die erste Hälfte „absolut inakzeptabel“ gewesen. „Wir haben 45 Minuten gar nicht stattgefunden. Völlig unerklärlich“, sagte er und fügte an: „Ich hätte mir nicht ausmalen können, dass wir so blutleer in der ersten Halbzeit nach den Gegentoren dastehen.“

Polanski reagiert mit Doppelwechsel vor der Pause

Das 3:0 in der 35. Minute durch Jonathan Burkardt vergrößerte Polanskis Sorgen, drei Minuten später nahm er die ersten beiden Wechsel vor: Haris Tabakovic und Florian Neuhaus kamen in die Partie, Offensivspieler Kevin Stöger und Innenverteidiger Fabio Chiarodia mussten noch vor dem Halbzeitpfiff vom Platz.

„Wir wollten ein bisschen die Dynamik von Frankfurt brechen und neuen Schwung bringen. Wir hätten ganz viele andere auswechseln können. Es waren alle schlecht im Kollektiv. Es sind nicht die beiden Hauptschuldigen gewesen“, sagte Polanski. In seinem zweiten Bundesligaspiel war er durch den 0:5-Rückstand zur Pause unter anderem als Pädagoge gefragt.

„Ich habe der Mannschaft gesagt, dass nicht sie zurückliegt, sondern wir“, sagte Polanski, der weitere Kabinen-Einblicke gab. „Wir haben an unsere Ehre appelliert und daran erinnert, was wir grundsätzlich hier in unserem Stadion vorhaben. Es ist etwas lauter geworden, aber es war vor allem inhaltlich“, sagte er.

Zu sehen bekamen die Borussia-Profis, die von den Fans mit lautstarken Pfiffen in die Halbzeit verabschiedet wurden, drei kurze Videosequenzen. „Wir haben zwei Szenen gezeigt, die Inhalt waren, und eine Szene, die was mit Bereitschaft zu tun hatte“, sagte Polanski.

In den Tagen vor dem Frankfurt-Spiel war es rund um den Borussia-Park vor allem um die Art und Weise gegangen, mit der die Mannschaft in Leverkusen überzeugte. „So wie wir es in Leverkusen gut gemacht haben, haben wir es in der ersten Hälfte schlecht gemacht“, urteilte Polanski. „Das müssen wir schleunigst aufarbeiten, das hat im Profifußball und in der Bundesliga gar nichts zu suchen.“

Das zweite Tor Robin Kochs nur wenige Augenblicke nach Wiederanpfiff schraubte das Ergebnis in der 46. Minute auf 0:6 hoch. „Normalerweise fällt eine Mannschaft auseinander. Wir sind nicht auseinandergefallen“, sagte Polanski.

Jens Castrop, Haris Tabakovic, Yannik Engelhardt und Grant-Leon Ranos betrieben bis zum Abpfiff Ergebniskosmetik. Die vier Tore gelangen den Borussen unter anderem, weil Frankfurt einen Gang zurückschaltete. „Durch die vielen Wechsel haben wir an Struktur verloren. Dann ist es im Fußball manchmal so, dass der Gegner ein Tor schießt“, sagte Frankfurts Coach Dino Toppmöller.

Polanski: „Nicht mit dem Finger aufeinander zeigen“

Sein Trainer-Kollege Polanski beschrieb seine Perspektive: „Tore bringen dich in den Aufwind. Dann haben wir das Ergebnis ein bisschen schöner aussehen lassen, was uns aber in Gänze natürlich nicht hilft“, sagte Polanski, der seinen Borussen am Samstag zumindest noch etwas Positives abgewinnen konnte. „Nach dem 0:6 so zurückzukommen, spricht dafür, dass die Mannschaft sich nicht auseinanderdividieren lässt, sondern versucht, den Zusammenhalt zu schaffen“, sagte Polanski.

In der Nachspielzeit und unmittelbar nach dem Abpfiff wurde er von den Fans mit Sprechchören gefeiert. „Das habe ich mitbekommen. Das freut mich natürlich, bringt uns als Team aber wenig“, sagte er und rief das Motto für die kommende Woche aus, an deren Ende es zum nächsten Heimspiel gegen den SC Freiburg kommt. „Wichtig ist, dass wir nicht mit dem Finger aufeinander zeigen. Wir sitzen alle in einem Boot“, sagte Polanski.