Die ISS schwebt im All

Nur noch fünf Jahre: die ISS. Grafik: Dima Zel, shutterstock

Das Ende der ISS rückt immer näher. Schon wird der Absturz geplant. Doch wie machen die USA weiter im Orbit?

Seit November 2000 haben die US-Raumfahrtbehörde NASA und ihre internationalen Partner eine kontinuierliche menschliche Präsenz in der erdnahen Umlaufbahn aufrechterhalten – stets mit mindestens einem US-Amerikaner an Bord. Das sind jetzt fast 25 Jahre.

Die Internationale Raumstation (ISS) ist ein bemerkenswertes Beispiel für Zusammenarbeit im All zwischen den USA, Europa, Kanada, Japan und Russland. Mittlerweile waren fast 300 Menschen aus 26 Ländern dort zu Besuch.

Doch 2030 wird die ISS aus dem Orbit geholt und in einem abgelegenen Gebiet im Pazifik zum Absturz gebracht.

Die ISS wird beim Absturz nicht komplett verglühen

Ende Juni hat NASA SpaceX ausgewählt, um ein Raumfahrzeug zu bauen, das die ISS nach ihrer Außerdienststellung 2030 durch die Erdatmosphäre zurückführt. Die Auftragssumme beläuft sich auf stolze 843 Millionen US-Dollar. Dafür soll ein Raumfahrzeug entwickelt und gebaut werden, das als Deorbit Vehicle bezeichnet wird.

Diese Vorgehensweise ist neu. Denn bisher wurden Satelliten und auch Raumstationen durch die bordeigenen Steuerdüsen gebremst und zum kontrollierten Absturz gebracht. Mit 430 Tonnen Gewicht, entsprechend elf großen Lkws, ist die ISS jedoch die bei weitem größte, je im All errichtete Struktur.

Die NASA-Ingenieure erwarten, dass die ISS beim Absturz in drei Phasen auseinanderbricht: Zuerst werden die massiven Solarpaneele und die Radiatoren, die das Orbitallabor kühlen, abfallen; dann lösen sich einzelne Module vom Trägergerüst – dem Rückgrat der Station. Schließlich zerreißen das Gerüst und die Module selbst.

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Ein großer Teil des Materials wird verglühen, doch es ist zu erwarten, dass größere Stücke den Wiedereintritt überstehen. Aus diesem Grund wird die NASA die Orbitalstation in einem Gebiet im Pazifik versenken, das Point Nemo genannt wird. Es ist dies eine der entlegensten Regionen der Welt und bekannt als Friedhof für Satelliten und Raumfahrzeuge.

Hort der Forschung

Seit die ersten Bauteile der Internationalen Raumstation 1998 gestartet wurden, wurde in der Station praktisch ununterbrochen geforscht. Bedeutende Ergebnisse wurden in so diversen Bereichen wie Materialwissenschaften, Biotechnologie, Astronomie und Astrophysik, Erdbeobachtung und Verbrennungsforschung erzielt.

Einige davon haben unser Verständnis von Gewittern vorangebracht, zur genaueren Steuerung der Herstellung von Krebsmedikamenten geführt, die Verarbeitung optischer Fasern verbessert oder erforscht, wie man DNA im Orbit sequenziert.

Insgesamt wurden an Bord der ISS mehr als 4.000 Experimente durchgeführt, aus denen über 4.400 Forschungsarbeiten hervorgegangen sind. Der besondere Wert der Forschung auf der ISS besteht im einzigartigen Umfeld dort oben –sehr geringer Schwerkraft (Mikrogravitation), Vakuum, extreme Temperaturzyklen und Strahlung. Das ermöglicht es, das Verständnis diverser physikalischer, chemischer und biologischer Prozesse voranzubringen.

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Wie geht es weiter?

Doch geben die NASA und ihre internationalen Partner ihre Projekte in der erdnahen Umlaufbahn nicht auf – auch, wenn Russland künftig und China weiterhin ausgeschlossen werden. Stattdessen werden Nachfolger projektiert, um das Potenzial der erdnahen Umlaufbahn als ganz besonderes Forschungslabor weiterhin zu nutzen.

Bereits im Dezember 2021 hatte die NASA Aufträge im Volumen von 415 Mio. US-Dollar an drei Firmen vergeben, um den Bau und die Entwicklung kommerzieller Raumstationen zu fördern.

Zuschüsse erhielten Blue Origin aus Kent, Washington, (130 Mio. US-Dollar), Nanoracks LLC aus Houston (160 Mio. US-Dollar) sowie Northrop Grumman aus Dulles, Virginia (125,6 Mio. US-Dollar).

Privatunternehmen springen ein

Seit Jahren versorgt die NASA die Internationale Raumstation mithilfe kommerzieller Partner mit Nachschub. Zudem hat die Behörde ähnliche Geschäftsmodelle mit SpaceX und Boeing für den Transport von Crews an Bord der Dragon- bzw. Starliner-Raumschiffe etabliert.

Nun startete die NASA die zweite Ausschreibungsrunde. Ausgewählte Unternehmen erhalten Mittel für Designprüfungen und sollen Raumstationen im All präsentieren, die vier Personen für mindestens 30 Tage im Orbit beherbergen können.

Anschließend wird die NASA mit der formalen Designabnahme und Zertifizierung fortfahren, um sicherzustellen, dass diese Stationen die strengen Sicherheitsanforderungen der NASA erfüllen.

Erster Start schon 2026?

Die erste kommerzielle Station, die Haven 1, soll schon nächstes Jahr – allerdings nur für zwei Wochen – mit einer Dragon Rakete von Space X in die Umlaufbahn geschossen werden. Ab 2028 will die in Kalifornien beheimatete Firma Vast dann eine modulare Raumstation aufbauen, die die ISS beerben soll.

2030 soll diese Orbitalstation aus fünf, 2032 dann aus neun Modulen bestehen. Zum Vergleich: Die ISS besteht aus 43, die chinesische Raumstation Tiangong derzeit aus drei Modulen.

Auch Axiom Space, Blue Origin und Starlab sind bestrebt, in den kommenden Jahren private Raumstationen zu starten. Der Betrieb von Raumstationen ist allerdings ein kostspieliges Unterfangen. Die aktuellen Betriebskosten der ISS liegen bei etwa zwölf Millionen Dollar pro Tag, wovon etwa die Hälfte auf die Transportkosten für Besatzung und Fracht zur und von der Station entfallen.

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Betriebskosten müssen halbiert werden

Um überhaupt eine Chance auf Rentabilität zu haben, müssen die jährlichen Betriebskosten einer zukünftigen kommerziellen Raumstation zwischen einer und zwei Milliarden US-Dollar liegen, was 2,7 bis 5,5 Millionen US-Dollar pro Tag entspricht – also weniger als die Hälfte der Kosten der ISS.

Vast nannte keine Betriebskosten, deutete jedoch an, dass bis zum Start von Haven-1 etwa eine Milliarde US-Dollar investiert werden muss. Das Geld kommt teils vom Unternehmensgründer Jed McCaleb selbst, der zuvor ein Vermögen mit einer Blockchain-gestützten Kryptowährung gemacht hat, und Einnahmen von Kunden.