Leipzig / Dresden. 

Fliegen in Deutschland ist teuer. Wer diesen Sommer oder Herbst speziell von Sachsen aus in den Urlaub fliegen wollte, dem dürfte aufgefallen sein, dass es schon seit Längerem kaum noch Billigflüge zu Zielen in Europa oder Nordafrika gibt.

Ryanair und Easyjet haben sich verabschiedet

Billigfluggesellschaften wie Ryanair oder Easyjet haben sich aus dem mitteldeutschen Raum schon seit einiger Zeit zurückgezogen und es ist auch nicht geplant, dass sie sich in näherer Zukunft wieder ansiedeln werden. Auch Lufthansa kündigte diese Woche an, Flugverbindung streichen zu wollen, Sachsen stünde dabei mit im Fokus. Doch warum eigentlich?

Fast ein Jahr ist es jetzt her, dass der Flugkonzern Ryanair bekanntgab, 22 deutsche Flugstrecken einzukürzen und sich an den Flughäfen Dresden, Leipzig-Halle und Dortmund komplett zurückzuziehen. Auch in Hamburg wurden mehr als die Hälfte aller Ryanair Flüge eingestellt.

Deutschland als teuerstes Flugziel in ganz Europa

Als Grund dafür nannte der Ryanair-Konzernchef, Eddie Wilson, die immer weiter steigenden Kosten an deutschen Flughäfen. Im europäischen Vergleich erhebe Deutschland die höchsten Gebühren von allen (Luftverkehrssteuer und Gebühren für Flugsicherung und Sicherheitskontrollen).

Die Luftverkehrssteuer an allen deutschen Standorten beträgt aktuell 15,53 Euro für einen Kurzstreckenflug (i.d.R. weniger als 1.500 Kilometer Flugstrecke) zuzüglich der Sicherheitsgebühren pro Passagier. In vielen anderen Ländern liegt die Steuer meist zwischen 50 Cent und 10 Euro. (Kroatien: 1.37 Euro, Finnland: 90 ct, Griechenland: 3 Euro, Israel: 12,55 Euro, Norwegen: 5,14 Euro, Schweden: knapp 7 Euro). Mit alle Gebühren zusammen, kostet ein Passagier allein eine Fluggesellschaft für einen Kurzstreckenflug zwischen 30 und 50 Euro, wozu noch weitere Kosten, wie Personalkosten der Airline, Instandsetzungsgebühren, Verpflegung an Board usw. kommen.

Deutschland als am „schlechtesten abschneidender Luftverkehrsmarkt in Europa“- Ryanair

Ryanair-Chef Wilson sagte im Oktober 2024: „Deutschland hat erst 82 Prozent seines Verkehrsaufkommens von vor Covid wieder erreicht [Anm. d. Redaktion: Im Juli 2025 waren es 93 Prozent, wohingegen andere Länder weit mehr als 100 Prozent schon viel eher erreicht hatten], was es bei weitem zum am schlechtesten abschneidenden Luftverkehrsmarkt in Europa macht. Aufgrund dieser hohen staatlichen Steuern und Gebühren sowie dem Hochpreis-Monopol von Lufthansa zahlen deutsche Bürger und Besucher nun die höchsten Flugpreise in Europa.“.

Abgaben seit 2019 um mehr als 100 Prozent gestiegen

Auch bei Easyjet sieht es ähnlich aus. Deutschlandchef, Stephan Erler, erklärte im Radio-Interview mit dem MDR, warum die mitteldeutschen Flughäfen nicht mehr interessant seien: „Wir konzentrieren uns auf Länder und Strukturregionen, wo wir ein effektives und profitables Fliegen abbilden können. Seit 2019 sind die Abgaben und Steuern an deutschen Flughäfen um 100 Prozent gestiegen.“

Während die deutsche Luftverkehrssteuer pro Passagier im Kurzstreckenflug 2019 noch bei 7,38 Euro lag, liegt sie aktuell bei 15,53 Euro. Dazu kommen Gebühren der Luftsicherheit (Dresden: rund 15 Euro, Leipzig rund 13 Euro) und individuelle Flughafenentgelte. Eine Strecke von Leipzig-Halle oder Dresden nach London würde im Vergleich, zu beispielsweise Lissabon nach London, um das Drei- bis Vierfache teurer sein, so Erler.

Koalition versprach, Kosten zu senken – passiert ist bislang nichts

Den Grund für die hohen Kosten sieht der Easyjet-Sprecher, ebenfalls wie Ryanair, bei der Regierung. Im aktuellen Koalitionsvertrag hatte die Regierung die Senkung von Steuern und Abgaben im Flugverkehr beschlossen, doch getan hat sich seitdem nichts.

„Viele Flughäfen würden gern mit uns arbeiten“, sagt Erler, jedoch haben diese kaum eine Möglichkeiten mit den Kosten entgegen zu kommen, da sie „vom Gesetzgeber überwacht“ werden würden. Deshalb setze Easyjet die meisten seiner Flugrouten außerhalb von Deutschland um, eben um kostengünstiger zu wirtschaften.

Diese Faktoren müssen stimmen, damit eine Flugroute in den Plan aufgenommen wird

Ryanair Kommunikationsleiter Deutschland, Marcel Pouchain Meyer sagte BLICK.de gegenüber: „Es stimmt, dass die Kosten definitiv zu hoch sind. Wenn aber andere Faktoren passen und uns ein gutes Angebot gemacht wird, dann sind wir nicht abgeneigt, neue Routen zu etablieren. Saarbrücken hat uns ein tolles Angebot gemacht und wir haben zugesagt.“

Easyjet erklärte, stellvertretend für die meisten Airlines, worauf es bei der Auswahl der Flugziele für den Flugplan ankäme: Hat der Flughafenstandort zum Beispiel eine Drehkreuzbedeutung für die Welt, wie es in Berlin-Brandenburg der Fall ist? Gibt es ein Interesse von anderen Ländern auch in den Standort hinein? Welches Potential hat der Urlaubsverkehr, welches der Städte- und Geschäftsreisenverkehr? Kommen ethnische Komponenten hinzu, weshalb eine Verbindung zwischen zwei Städten außerordentlich wichtig für eine Region ist? Am Ende, so sagt Erler, sei die Nachfrage entscheidend und wie viel Gewinn der Flugkonzern erwirtschaften kann.

Passagiere müssen tiefer in die Tasche greifen

Flughäfen, wie Leipzig oder Dresden würden diese Faktoren nicht erfüllen, weshalb es nicht absehbar ist, wann und ob Easyjet in Sachsen fliegen werde. Die Verbindungen nach Dresden hatte Easyjet 2020 eingestellt, Leipzig wurde bisher nie angeflogen.

Aus den hohen Kostengründen hatte Ryanair im Frühling 2025 alle Verbindungen nach Leipzig und Dresden gestrichen, da es sich nicht mehr lohne. Hier müssen Passagiere nun tiefer in die Tasche greifen, um ans Ziel zu kommen.

Mitteldeutsche Flughafen AG sieht ebenfalls Problem auf Seiten der Regierung

Auch die Mitteldeutsche Flughafen AG, zu der die Flughäfen Leipzig-Halle und Dresden gehören beklagte die hohen staatlichen Kosten. Sprecher Uwe Schuhart: „Das Problem sind die hohen staatlichen Steuern und Abgaben. Diese Entwicklung führt dazu, dass Airlines ihr Angebot reduzieren oder gänzlich einstellen.“ Das sei auch an seinen Flughäfen in Leipzig-Halle und Dresden spürbar.

Eine Fluggesellschaft würde bei einem Flug von Leipzig nach Palma de Mallorca über 5.000 Euro an den Staat zahlen, bevor überhaupt ein Passagier eingestiegen wäre. In Mailand seien es nur 1.500 Euro und in Prag 380 Euro. Das Problem bestünde aber nicht nur bei Billig-Airlines, alle anderen Fluggesellschaften hätten ebenfalls mit den Kosten zu kämpfen.

„Es muss sich grundlegend etwas ändern“ – Ryanair

Die AG verstehe deshalb die Entscheidung, beispielsweise von Ryanair, sich zurückzuziehen, doch ihnen als Flughafengesellschaft seien auch die Hände durch den Gesetzgeber gebunden. Jedoch habe man sich jüngst um Gespräche mit Ryanair und dem Ministerpräsidenten im August 2025 bemüht, die von Seiten der Airline abgesagt worden seien.

Als Grund nannte Ryanair-Kommunikationsleiter, Marcel Pouchain Meyer, dass der Ryanair CEO seine Prioritäten gewinnorientiert setzen müsse. Ryanair sei weiter für Gespräche bereit, dafür müsse sich aber endlich grundlegend etwas in der Politik ändern.

Schuhart beteuerte, dass den Flughäfen immer viel daran liege mit den Airlines im Dialog zu sein. „Als Flughafenbetreiber stehen wir ständig im Dialog mit allen Airlines und Reiseveranstaltern, deren Flotten und Streckenportfolio die Möglichkeit bieten würden, das Streckennetz der Flughäfen Leipzig-Halle und Dresden zu erweitern und attraktiver zu gestalten. Als Wirtschaftsunternehmen treffen die Fluggesellschaften und Reiseveranstalter Entscheidungen auf Basis ihrer Marktanalysen. Dabei werden insbesondere die Standortkosten, die potenzielle Nachfrage nach Flügen in und aus der Region sowie die Größe des Einzugsgebiets berücksichtigt.“

Druck auf die Regierung nimmt weiter zu

Ryanair wollte eigentlich in den nächsten Jahren in Deutschland expandieren, doch die steigenden Kosten, so Wilson, „führen dazu, dass diese Kapazitäten in andere EU-Staaten abwandern. Die deutsche Regierung hätte die Kosten senken müssen, wie im Koalitionsvertrag bestimmt, damit sich das Wachstum an den mitteldeutschen Standorten seit der Pandemie erholen hätte können.“ Aktuell steht der neue Winterflugplan 2025/26 fest und auch am Sommerflugplan werde gegenwärtig fleißig gearbeitet, nur ohne Leipzig oder Dresden auf dem Plan.

Auch die Billigflugairline Easyjet habe aktuell keinerlei Bestrebungen Sachsen wieder anzufliegen, sondern konzentriere sich nur auf den ostdeutsche Standort Berlin-Brandenburg, der viele der oben aufgeführten Faktoren im Gegensatz zu Leipzig-Halle oder Dresden, erfülle.

Der Druck auf die Regierung steigt. Wenn nicht bald etwas geschehe, würde das weitere negative Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft haben. Dann könnten sich mehr und mehr Airlines zurückziehen und die Flüge, die es noch gibt, knapp und damit noch teurer werden. Dies könnte weiter den Unmut der Bevölkerung verstärken. Auf der anderen Seite wird durch weniger Fliegen weniger Co2 verursacht, was dem Klimawandelt entgegen wirkt. Aber fliegen die Deutschen dann wirklich weniger, oder reisen diese dann über andere Flughäfen beispielsweise aus den Nachbarländern an?

Ostdeutsche Ministerpräsidenten trafen sich

Am Donnerstag, 24. September, gab es ersten Grund zur Hoffnung. Da trafen sich die Ministerpräsidenten aus Ostdeutschland, darunter Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern zur Konferenz, um über die ostdeutsche Wirtschaft zu sprechen, darunter wohl auch über die Lage an ostdeutschen Flughäfen. Die Ergebnisse der Gespräche sind jedoch bislang unklar.

Auch Berlins Bürgermeister Kai Wegner (CDU) prangert aktuell die Langstreckenanbindungen am Flughafen Berlin-Brandenburg an. „Wir müssen die Wirtschaft in Ostdeutschland stärken – dazu zählt auch ein leistungsfähiger Flughafen mit internationalen Anbindungen. Wir haben mit dem BER einen hervorragenden Flughafen in Ostdeutschland, doch Berlin und Ostdeutschland sind derzeit vom internationalen Luftverkehr weitgehend abgeschnitten“, sagte er der DPA.

Uwe Schuhart, Mitteldeutsche Flughafen AG, sieht die Lösung des Problems eindeutig auf Regierungsseite: „Die hohen nationalen Standortkosten, die nicht nur Billig-Airlines kritisieren – müssen sinken.“

Möglichkeiten für Fluggäste in Sachsen

Die aktuelle Situation fordert zwar Lösungen, doch bis diese gefunden werden, dürfte es noch etwas dauern. Welche Möglichkeiten Flugpassagiere aus Sachsen für die Urlaubspläne im Herbst 2025 haben:

  1. Die meist höheren Flugkosten bezahlen und von Leipzig oder Dresden fliegen, vorausgesetzt es besteht eine Flugverbindung zum gewünschten Ziel
  2. Informieren, welche Angebote es am Flughafen in Prag gibt. Als Hauptstadtflughafen in Tschechien bietet der Flughafen viele günstige Verbindungen an und symbolisiert ein Drehkreuz in die Welt
  3. Andere große Flughäfen in Deutschland nutzen, wie München, Frankfurt oder Berlin, an denen weiterhin Billigflüge angeboten werden, es fallen zusätzliche Reisekosten an
  4. Umstieg auf andere Verkehrsmittel, sofern dies möglich ist