Auf diesen Tag hat Marlies Lintener lange gewartet: Am Samstag erhielt die 94-jährige Kioskbesitzerin aus Wuppertal einen Treppenlift in ihren engen und sehr steilen Hausflur installiert. Es war der vorläufige Höhepunkt einer Welle der Hilfsbereitschaft, die Lintener seit der Berichterstattung unserer Redaktion vor rund zwei Wochen erlebt. Unter anderem hatte sich der Geschäftsführer eines Wuppertaler Treppenlift-Unternehmens bereit erklärt, die Kosten für Herstellung und Einbau einer solchen Apparatur größtenteils selbst zu übernehmen. Am Samstagmittag stand nun die Premieren-Fahrt in die obere Etage an. „Einfach nur schön“, kommentierte Lintener.

Kostenpflichtiger Inhalt Seit ihrer Kindheit arbeitet die Wuppertalerin in dem Laden, den ihre Eltern und davor ihre Großeltern betrieben. Erst half Marlies Lintener ihrer Mutter beim Verkauf, seit dem Tod ihrer Eltern im Jahr 1989 führt sie das Geschäft alleine. Tag für Tag bedient sie seither ihre Kunden, ohne sich je eine Auszeit zu gönnen. Der kleine Kiosk verströmt dabei den Charme der 1950er- oder 1960er-Jahre. Viele Nachbarn unterstützen Lintener, versorgen sie mit Einkäufen, schauen nach ihr. Sie befürchteten zuletzt, die 94-Jährige könnte den Laden aufgeben, zumal sie schon mehrfach überfallen worden war. Deshalb starteten sie einen Facebook-Aufruf, Lintener zu unterstützen. Seither und nach der Berichterstattung hat sich das Leben der Kioskbesitzerin stark verändert.

Treppenlift-Unternehmen übernimmt Kosten größtenteils selbst

Carsten Oberbeul, Geschäftsführer des Wuppertaler Treppenlift-Unternehmens, war so berührt von Linteners Geschichte, dass er unbedingt helfen wollte. Für die Installation des Treppenlifts hat er den Zuschuss von Linteners Pflegeversicherung für die Wohnumfeldverbesserung genommen, rund 4000 Euro, und die restlichen, nicht unbeträchtlichen Installationskosten selbst dazugegeben. Wuppertaler helfen Wuppertalern sei seine Devise, erklärte er. Der Einbau sei unproblematisch verlaufen, erklärte er am Samstag. „Das Haus ist jetzt weitgehend barrierefrei“, sagte Oberbeul. Denn auch für eine zweite Treppe von vier steilen Stufen hatte er einen weiteren Lift mitgebracht – sozusagen als Sahnehäubchen. Dieser wird demnächst eingebaut.

Aber nicht nur das. Handwerker Marcin Plonka hat, von Oberbeuls Hilfe animiert, unter anderem noch Marlies Linteners Duschtasse ebenerdig umgebaut – ebenfalls als Spende. Auch neue Lampen im Laden wurden installiert. Dazu wurde die Waschmaschine, die bislang nur über den Hof erreichbar war, im Bad angeschlossen. Noch geplant sind unter anderem Heizkörper, die es in Linteners Wohnung bislang nicht gab, und ein Pflegebett. Finanziert werden sollen die Anschaffungen über die Spendengelder, die bisher eingegangen sind. Nadine Eretge-Sieling, die schon lange im Viertel lebt und Lintener seit ihrer Kindheit kennt, und Sherzad Khan, der in der Nähe wohnt, hatten über die Online-Plattform Gofundme Spendenaufrufe initiiert. Insgesamt seien bei beiden Aktionen bisher mehr als 6000 Euro zusammengekommen, sagte Khan, der eine Photovoltaikfirma betreibt. „Mit so einem Ergebnis habe ich niemals gerechnet“, sagte Khan.

94-Jährige steht weiterhin hinter dem Tresen ihres Kiosks

Der ganze Rummel um ihre Person ist Marlies Lintener fast zu viel, sie möchte gar nicht so im Mittelpunkt stehen. Aber natürlich freut sie sich über die Erleichterungen, die ihren Alltag künftig weniger beschwerlich machen. Und weil alle diese Veränderungen es ermöglichen, dass eine Konstante bestehen bleibt: Lintener kann weiter von Montag bis Freitag hinter der Theke ihres wunderbaren Kiosks die Kunden empfangen, immer von 9 bis 14 Uhr. Also: Einfach mal anklopfen.