Mehrere Stadt- und Landkreisoberhäupter sowie Wirtschaftsverbände aus Schwaben haben sich mit einem gemeinsamen Schreiben an Verkehrsminister Patrick Schnieder gewandt. Anlass ist das mögliche Aus der Neubaustrecke zwischen Augsburg und Ulm. Die Unterzeichner appellieren an den Minister, die zugesagten Planungen fortzusetzen.
Sie alle fordern den Neubau der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Augsburg und Ulm: In einem gemeinsamen Schreiben an Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) haben sich die Industrie- und Handelskammer Schwaben, die Industrie- und Handelskammer Ulm, die Handwerkskammer Schwaben, die Handwerkskammer Ulm, die Landkreise Augsburg, Günzburg, Neu-Ulm und Aichach-Friedberg sowie die Städte Augsburg und Ulm deutlich für das Bahnprojekt ausgesprochen, das von den Sparplänen der neuen Bundesregierung bedroht ist. Die Botschaft: Die Region steht geschlossen hinter dem Großprojekt.
Seit 2019 plant die Deutsche Bahn an der neuen ICE-Strecke. Zunächst mussten mögliche Trassen erarbeitet werden, die schließlich gegeneinander abgewogen wurden. Im vergangenen Sommer stellte die Bahn die bevorzugte Verbindung vor. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke soll sich demnach weitgehend am Verlauf der Autobahn A8 orientieren. Nun ist allerdings unklar, ob das Großprojekt überhaupt eine Zukunft hat, denn kürzlich wurde bekannt, dass die Bundesregierung offenbar alle großen Neubauprojekte im Straßen- und Schienenverkehr bis 2029 absagen möchte.
Schwerer Rückschlag für die gesamte Verkehrswende
Die Sorge darüber, dass die Bahnstrecke jetzt womöglich gar nicht gebaut werde, sei groß, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem die Augsburger Oberbürgermeisterin Eva Weber, der Aichach-Friedberger Landrat Klaus Metzger und der schwäbische IHK-Präsident Reinhold Braun unterzeichnet haben. „Das wäre ein schwerwiegender Rückschlag – nicht nur für unsere Region, sondern für die gesamte Verkehrswende in Deutschland“, so die Verfasser des Schreibens. Die Neubaustrecke sei für Bayerisch-Schwaben „von großer infrastruktureller und systemischer Bedeutung“. Sie beseitige kapazitive Engpässe auf einer der am stärksten frequentierten Bahnverbindungen Süddeutschlands und sorge für deutliche Fahrtzeitverkürzungen sowie für die Einbindung der Knoten Ulm und Augsburg in den Deutschlandtakt des Fernverkehrs. „Darüber hinaus ermöglicht sie mit dem geplanten Bahnhaltepunkt Zusmarshausen die Erschließung weiterer Nahverkehrsräume – ein klares Plus für die Mobilität im ländlichen Raum“, heißt es in dem Schreiben weiter.
Es sei überdies besonders hervorzuheben, dass es in der Region zwischen Augsburg und Ulm Kreistagsbeschlüsse gibt, die die festgelegte Vorzugstrasse unterstützen. „Ein derart breiter politischer Konsens – über Parteigrenzen hinweg – ist Ausdruck eines gemeinsamen Verständnisses für die enorme Bedeutung dieser Infrastrukturmaßnahme.“ Die weitreichende politische Unterstützung in der Region schaffe zudem Planungs- und Investitionssicherheit.
„Kein Prestigeprojekt“, sondern wichtiger Baustein
„Diese Strecke ist kein Prestigeprojekt, sondern ein dringend benötigter Baustein moderner, leistungsfähiger und klimafreundlicher Mobilität“, betonen die Verfasser des Schreibens. Gerade in einer Zeit, in der die Stärkung der Schiene als zentrales verkehrs- und klimapolitisches Ziel ausgerufen werde, „wäre ein Projektstopp aus Kostengründen das völlig falsche Signal“.
Von Bundesverkehrsminister Schnieder fordern die Verfasser, er solle sich zu dem wichtigen Bahnprojekt bekennen und die zugesagten Planungen fortführen. „Sichern Sie die erforderlichen Haushaltsmittel im Bundesetat“, so die Aufforderung.
Erhebliche Konsequenzen für den Nahverkehr
Wird der Fernverkehr zwischen Augsburg und Ulm nicht ausgebaut, hätte dies auch erhebliche Konsequenzen für den Nahverkehr. Nur mit der Neubaustrecke werde der seit Langem geforderte „Regio-Schienen-Takt“ – ein 15-Minuten-Takt mit integralem Taktfahrplan – zwischen Dinkelscherben und Augsburg und ein halbstunden Takt zwischen Ulm und Augsburg überhaupt realisierbar, so die Fürsprecher des Großprojekts. Solange der Fernverkehr der Deutschen Bahn die bestehenden Gleise nutze, „bleibt ein bedarfsgerechter Ausbau des Nahverkehrs unmöglich – und damit auch der dringend notwendige Fortschritt bei der Verkehrswende in einer stark wachsenden Region mit stetig steigenden Pendlerzahlen“.
az