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Orbán kommentiert die Drohnenvorwürfe der Ukraine: Er sieht Kiew nicht als souverän – die diplomatischen Beziehungen bleiben angespannt.
Budapest – Nach der mutmaßlichen Sichtung ungarischer Drohnen im Ukraine-Krieg meldet sich nun auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban zu Wort. Für ihn ist der Eklat lediglich eine Nebensache: Die Ukraine sei ohnehin kein „unabhängiges Land“ und solle sich daher „nicht verhalten, als sei sie ein souveräner Staat“.
Pflegen ein gutes Verhältnis: Russlands Präsident Wladimir Putin und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. (Archivfoto) © IMAGO/Valeriy Sharifulin
Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Ungarn vorgeworfen, Aufklärungsflüge mit Drohnen über ukrainischem Territorium vorgenommen zu haben. Die Regierung in Budapest wies die Anschuldigungen umgehend zurück. Außenminister Peter Szijjarto sprach von einer „anti-ungarischen Besessenheit“ Selenskyjs.
Orbán bleibt bei Putin-Linie: Ukraine kein unabhängiges Land
Die Beziehung zwischen den beiden Ländern befindet sich seit dem Beginn des völkerrechtswidrigen Krieges vor mehr als dreieinhalb Jahren an einem Tiefpunkt. Orbán sucht dennoch die Flucht nach vorn: „Ob zwei, drei oder vier ungarische Drohnen die Grenze überquert haben oder nicht, ist nicht das Thema“, erklärte er gemäß der Nachrichtenagentur AFP. Die Ukraine solle sich stattdessen auf die russischen Drohnen an ihrer Ostgrenze konzentrieren.
Der Regierungschef stellte sich dabei hinter seinen Verteidigungsminister Kristof Szalay-Bobrovniczky. Dieser hatte die ukrainischen Vorwürfe ebenfalls zurückgewiesen. Orban fügte hinzu: „Sagen wir, sie wären ein paar Meter in das Land geflogen: Und jetzt?“ Die Ukraine sei kein „unabhängiges Land“, sie solle sich daher „nicht verhalten, als sei sie ein souveräner Staat“.
Putins Verbündete: Diese Länder stehen im Ukraine-Krieg an der Seite RusslandsFotostrecke ansehenUngarn und Ukraine im Streit – Orban bleibt stur und stichelt gegen Selenskyj
Hintergrund für die Debatte lieferten Angaben Selenskyjs, nach denen ukrainische Truppen am Freitag Drohnen festgestellt haben, die vermutlich aus Ungarn stammten und möglicherweise Industrieanlagen nahe der Grenze ausspionierten. Ungarn dementierte dies erneut. Außenminister Peter Szijjarto schrieb dazu: „Jetzt fängt er schon an, Dinge zu sehen, die nicht da sind.“
Zuletzt war das Verhältnis zwischen Kiew und Budapest ohnehin stark belastet. So hatte die Ukraine ein Einreiseverbot gegen drei ranghohe ungarische Militärvertreter verhängt – eine Reaktion auf ein ähnliches Vorgehen Ungarns im Juli. Damals hatte Budapest ein Einreiseverbot gegen drei ukrainische Militärs verhängt, denen Beteiligung an der angeblichen Zwangsrekrutierung eines ungarisch-ukrainischen Doppelstaatlers vorwarf. Zudem warf die Orban-Regierung einem ukrainischen Militärkommandeur vor, für Angriffe auf eine russische Pipeline zur Versorgung Ungarns verantwortlich zu sein. Im Mai wiesen beide Länder gegenseitig Diplomaten wegen Spionagevorwürfen aus.
Orban hält Putin die Treue – und stellt sich gegen Trump und die EU
Auch in der über die konkreten Vorwürfe hinaus bleibt Orban auf Konfrontationskurs. Er erklärte, der Westen halte Kiew mit seinen Waffenlieferungen über Wasser, würde dieser kein Geld mehr geben, „würde die Ukraine untergehen“. Zugleich betonte Orban jüngst immer wieder die eigene Abhängigkeit Ungarns von Russland.
Wie die Associated Press (AP) berichtet, erklärte Orban gegenüber dem staatlichen Rundfunk, dass er trotz der Forderung von US-Präsident Donald Trump weiterhin fossile Brennstoffe aus Russland beziehen werde. Zusätzlich habe er dem Präsidenten mitgeteilt, dass ein Verzicht eine Katastrophe für die ungarische Wirtschaft wäre. .„Ich habe dem US-Präsidenten gesagt, dass die Wirtschaftsleistung Ungarns innerhalb einer Minute um 4 % sinken würde, wenn Ungarn von russischem Öl und Erdgas abgeschnitten würde“, so Orban. „Das würde bedeuten, dass die ungarische Wirtschaft in die Knie gezwungen würde.“
Ganz im Gegensatz zu Donald Trump bleibt Orban seiner Putin-Linie treu. Seit drei Jahren bemühen sich die Länder der Europäischen Union, ihre Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu verringern. Ziel ist es, Wladimir Putin Einnahmen zu entziehen, die zur Finanzierung des Ukraine-Kriegs beitragen. Ungarische Regierungsvertreter stellten sich diesem Kurs jedoch von Beginn an entgegen. Laut NBC argumentierten sie, geografische und infrastrukturelle Zwänge machten es nahezu unmöglich, auf fossile Brennstoffe aus dem Westen umzusteigen. Demgegenüber steht, dass andere Länder der Region – etwa Tschechien – ihre Importe von russischem Öl seit Beginn der Invasion vollständig eingestellt haben. (Quellen: AFP, dpa, AP, NBC) (kox)