Stand: 29.09.2025 20:36 Uhr

Galatasaray Istanbul empfängt im ersten Heimspiel der Champions-League-Saison den FC Liverpool. In der Fußballhaupstadt der Türkei könnte am Dienstag eine entscheidende Frage geklärt werden. Nämlich die, ob die über 100 Millionen Euro, die „Gala“ in den Kader investiert hat, in diesem Jahr reichen, um wirklich im Konzert der „Großen“ einigermaßen mitzuspielen.

Denn zu diesem Ensemble will Galatasaray endlich gehören. Nach drei dominanten Meisterschaften in Folge unter Trainer Okan Buruk ist die Champions League jetzt das Parkett, auf dem Gala nach zwölf Jahren ohne K.o.-Spiel endlich mal wieder für Furore sorgen will. Furios war auch der erste Auftritt in dieser Spielzeit, allerdings nicht so wie gewünscht: Bei Eintracht Frankfurt ging die Mannschaft um Leroy Sané und Ilkay Gündogan mit 1:5 (1:3) baden.

Völlig indisponiert präsentierte sich der türkische Meister in Frankfurt vor allem in der Defensive und war in jeder Hinsicht dort weniger spritzig und gedankenschnell als die „gallige“ Eintracht. Drei Gegentore fielen nach Flanken, in denen die Abwehr schlecht zugeordnet war, zwei weitere gab es nach aggressivem Gegenpressing der Eintracht und daraus entstandenen leichten Ballverlusten.

In der Liga enteilt, in der CL unter ungewohntem Druck

Dafür kann auch das damals verletzungsbedingte Fehlen von Stürmer-Superstar Victor Osimhen nicht als Ausrede gelten, der sich definitiv nicht am Aufbauspiel aus der eigenen Viererkette oder vermehrt am Verteidigen von Flanken beteiligt hätte. Im Rückspiel gegen Liverpool dürfte der Nigerianer wieder eine Option für die Formation sein. Am Wochenende in der Liga, die Gala mit 21 Punkten aus sieben Spielen und erst zwei Gegentoren bisher nach Belieben dominiert ohne spielerisch groß zu glänzen, bekam Osimhen zumindest mal wieder einen Kurzeinsatz.

Die Mängel bei Flanken und gegen gutes Gegenpressing treten in der Süper Lig kaum einmal zu Tage. Zu groß ist dort der Qualitätsunterschied gegenüber beinahe der gesamten Konkurrenz. Da tut es auch nicht weh, dass einige Neuzugänge wie Sané noch nicht die tragende Rolle spielen, die von ihnen erwartet wird. Auf über 60 Prozent Ballbesitz bringt Gala es in der heimischen Liga im Schnitt – mehr als beispielsweise der FC Bayern in der Bundesliga und ähnlich viel wie der kommende Gegner Liverpool in der Premier League.

Nur aggressiv und auf höchstem Niveau unter Druck gesetzt wird die Buruk-Elf eben in der Liga quasi nie – das dürfte gegen Liverpool definitiv anders werden. Die Elf von Arne Slot hat in den letzten Spielen regelmäßig nach hohen Ballgewinnen oder Flanken getroffen.

Gegen Liverpool klarer Underdog – aber der Anspruch ist hoch

Auch gegen Frankfurt hatten Sané und Co. über 60 Prozent der Zeit das Spielgerät in den eigenen Reihen. Im Duell mit dem balldominanten Premier-League-Tabellenführer dürfte sich auch das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ändern. Eine ganz neue und spannende Situation also.

Nun ist Galatasaray zwar in der Heimat in Sachen Transfers der klare Krösus, doch im Vergleich zum FC Liverpool sind die knapp 150 Mio Euro Ausgaben beinahe Peanuts. Fast 500 Mio Euro gab der englische Meister bekanntermaßen im Sommer für Hugo Ekitiké, Alexander Isak, Florian Wirtz und Co. aus. Gala ist gegen Liverpool der klare Underdog – das dürfte auch (fast) jedem leidenschaftlichen Fan des 25-maligen Meisters bewusst sein. Doch das eigene Anspruchsdenken setzt eben voraus, dass man zumindest mithalten kann mit den ganz Großen – und diesen Nachweis muss die Mannschaft am Dienstag nach dem Debakel gegen Frankfurt erbringen.

Reds-Niederlage gegen Crystal Palace macht den Fans Mut

Und das bedeutet: Nicht untergehen, eine starke Vorstellung zeigen, die Fans begeistern und im Idealfall vielleicht auch einen Punkt klauen. Immerhin verlor Liverpool am Wochenende erstmals in dieser Saison – das 1:2 gegen Crystal Palace zeigte, dass die Reds keineswegs unschlagbar sind. Kantersiege gelangen der Slot-Elf in dieser Spielzeit zudem auch noch nicht, sie agierte bisher eher minimalistisch, kontrollierend und vor allem mit großer Nervenstärke in den Schlussphasen ihrer Partien. Auch beim Gruppensieger der vergangenen CL-Gruppenphase haben einige Neuzugänge, allen voran Florian Wirtz, noch leichte Startprobleme.

Kaum war das 1:2 gegen Crystal Palace abgepfiffen, fand man jedenfalls in den sozialen Netzwerken direkt optimistische Reaktionen von Galatasaray-Fans, die ihr Team sportlich über dem in der Premier League ungeschlagenen amtierenden FA-Cup-Sieger Palace wähnten und ihre Chancen für das Duell mit den Reds entsprechend gut einschätzten.

Vier Siege als Minimalziel – Liverpool als „Generalprobe“?

Acht Spiele hat jede Mannschaft in der großen Champions-League-Gruppenphase zu absolvieren. Letztes Jahr reichten elf Punkte und eine Tordifferenz von -4 so gerade für die Teilnahme an den Playoffs und Platz 24 von 36.

Vier Siege dürften also das Minimalziel für jede Mannschaft sein, die ernsthafte Ansprüche auf eine Rolle im „Konzert der Großen“ anmeldet. Nach Liverpool trifft Gala noch auf Bodo Glimt, Ajax Amsterdam, Union Saint-Gilloise, die AS Monaco, Atletico Madrid und Manchester City. Unmöglich sind vier Dreier da auch bei einer Niederlage gegen Liverpool keineswegs. Garantiert sind sie aber definitiv auch nicht.

Wenn auch am Dienstag ein dramatischer Klassenunterschied und ein entsprechendes Ergebnis auf der Anzeigetafel zu sehen sein sollten, dürfte es jedenfalls unruhig werden am Bosporus – und auch mit dem Optimismus wäre es dann irgendwann vorbei. Es ist die nächste Feuertaufe für die ambitionierte Mannschaft und sie darf sich nicht schon wieder verbrennen.