Berlin – Der Berliner Senat hat ein wahres Kunststück vollbracht: Das Verfahren zur Einbürgerung wurde vereinfacht und rasant beschleunigt. Das staunende Publikum nimmt zur Kenntnis, dass im ersten Halbjahr 2025 in Berlin bereits mehr als 20.000 Ausländer eingebürgert wurden und es bis zum Jahresende mehr als 40.000 sein sollen. 

Ein großer Stau an Anträgen werde aufgelöst, die jahrelang nicht bearbeitet wurden, erklärte der Regierende Bürgermeister Wegner (CDU) voller Stolz. Der älteste unbearbeitete Antrag stamme aus dem Jahr 2003, heißt es.

Verwundert reibt man sich die Augen: Wie kam die Verwaltung nach 20 Jahren Schlendrian denn wieder flott? Die Antwort gab Wegner selbst, als er im Juli das Landesamt für Einwanderung (LEA) besuchte, das die deutschen Pässe jetzt in so großer Eile vergibt. „Die Bezirke waren überfordert“, sagte er. Deshalb seien die Verfahren zur Einbürgerung beim LEA zentralisiert worden. 

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Im LEA habe man, so Wegner weiter, die Abläufe „digitalisiert“. Ausländer können ihren Antrag mit allen Dokumenten online einreichen und müssen nicht mehr zum persönlichen Beratungsgespräch erscheinen. Das spart viel Zeit und Personal.

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Klingt alles sehr einleuchtend, aber warum erleben wir diese atemberaubende Geschwindigkeit der Verwaltung nur im Falle der Einbürgerung?

Wir erfahren, dass die Bezirksämter „überfordert waren und man ihnen deshalb die Einbürgerungen aus der Hand nahm. Die Bezirksämter aber waren nicht nur mit den Einbürgerungen überfordert. Sie waren und sind es auch mit vielen anderen Aufgaben: Sie pflegen ihre Parks und die Flächen am Fuß der Straßenbäume nicht, sie mähen den Rasen auf den Mittelstreifen der Straßen selten oder gar nicht. 

Und sie kommen mit den Bebauungsplänen und Bauanträgen nicht hinterher. „In meinem Wahlkreis muss man bis zu zehn Jahre warten, bis über den Bauantrag entschieden ist“, sagte am Freitag der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi auf dem Immobilientag vom „Ring Deutscher Makler“.

Er meinte Treptow-Köpenick, und er ist nicht der Einzige, der das festgestellt hat. Es ist in allen Bezirken ähnlich: Jahre vergehen, bis entschieden ist, ob gebaut werden darf, was gebaut werden soll.

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Wenn es also in dem Moment schneller und effizienter zu machen ist, da der Senat den Bezirken die Kompetenz entzieht und selbst übernimmt – wie es im Falle der Einbürgerung erfolgreich geschehen ist, weshalb werden dann die bezirklichen Bauämter nicht aufgelöst?

Jetzt kommen wir zum entscheidenden Punkt: Die schnelle Einbürgerung war ein Herzensanliegen der rot-rot-grünen Regierung mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Also wurde die Einbürgerung beschleunigt. Daraus folgt: Wenn man etwas will, dann geht es. Im Umkehrschluss heißt das: Investoren und Bauherren sind weniger gewollt. Für sie gibt es keine Beschleunigung.

Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de