WASHINGTON (dpa-AFX) – US-Präsident Donald Trump sagt mit einem
gewaltigen Zollpaket Handelspartnern auf aller Welt den Kampf an. Es
könnte der Auftakt zu einem globalen Handelskrieg sein: Die
Europäische Union und China kündigten bereits Gegenmaßnahmen an,
suchen aber zugleich den Dialog.
Die US-Regierung führt neue pauschale Zölle in Höhe von zehn Prozent
auf Importe aus allen Ländern ein, wie Trump bei einem Auftritt im
Rosengarten des Weißen Hauses verkündete. Für viele Staaten sollen
je nach Handelsdefizit deutlich höhere Strafabgaben greifen. Auf
Einfuhren aus Deutschland und anderen Staaten der Europäischen Union
in die USA sind demnach neue Zölle in Höhe von 20 Prozent
vorgesehen.
Es ist der bislang aggressivste Schritt im Zuge der ohnehin rabiaten
Handelspolitik des US-Präsidenten. Verbraucher in den USA müssen
sich auf deutliche Preissteigerungen einstellen. Auch die Menschen
in Deutschland, Europa und anderen Teilen der Welt werden die Folgen
zu spüren bekommen.
Als unmittelbare Folge der Zollverunsicherung stieg an den
Finanzmärkten die Nachfrage als nach sicher geltenden Anlagen
sprunghaft an. Der Goldpreis erklomm ein Rekordhoch und die Kurse
von Staatsanleihen wie die Deutschlands stiegen. Zudem legte der
Euro legte zum Dollar weiter zu und stieg bis auf fast 1,10
US-Dollar.
Die Aktienmärkte hatten hingegen einen schweren Stand. Die Furcht
vor einer breiten, globalen Wirtschaftsschwäche drückt auf die
Kurse. Für den deutschen Leitindex Dax etwas ging es kurz nach dem
Handelsstart um mehr als eineinhalb Prozent nach unten.
Von der Leyen: Ein schwerer Schlag für die Weltwirtschaft
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, die
Universalzölle gegen die ganze Welt seien ein schwerer Schlag für
die Weltwirtschaft, und es seien immense Folgen zu erwarten.
„Millionen von Menschen werden mit höheren Lebensmittelrechnungen
konfrontiert sein. Medikamente werden teurer, ebenso der Transport.
Die Inflation wird ansteigen. Und dies schadet vor allem den
wirtschaftlich schwächsten Bürgern“, sagte sie am Rande eines
Gipfeltreffens mit Staats- und Regierungschefs zentralasiatischer
Staaten in Usbekistan.
Nach Trumps Zollankündigung bereitet die EU eine Antwort vor, will
aber gesprächsbereit bleiben. „Wir finalisieren bereits das erste
Maßnahmenpaket als Reaktion auf die Stahlzölle und bereiten nun
weitere Maßnahmen vor, um unsere Interessen und Unternehmen zu
schützen, falls die Verhandlungen scheitern“, führte von der Leyen
aus. Man werde auch genau beobachten, welche indirekten Auswirkungen
die Zölle haben könnten. Es sei noch nicht zu spät für
Verhandlungen. Von der Leyen appellierte an die US-Seite, sich auf
Gespräche einzulassen. Ziel müsse es sein, Handelshemmnisse
abzubauen und nicht, sie zu erhöhen.
Drastische Aufschläge für Produkte aus China
China lehnt die zusätzlichen US-Zölle entschieden ab, wie das
Handelsministerium in Peking mitteilte. Es handele sich um eine
„typisch einseitige Art der Schikane“. Das Ministerium forderte die
US-Regierung auf, ihre Zölle unverzüglich aufzuheben und Differenzen
im Dialog zu lösen. Die Volksrepublik werde entschlossen
Gegenmaßnahmen ergreifen, um seine Rechte und Interessen zu
schützen.
Bereits vor der Ankündigung hatten die USA Waren aus China, der
zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, mit 20 Prozent Zöllen belegt,
worauf Peking mit eigenen Maßnahmen reagierte. Nun treffen die
Volksrepublik zusätzlich Aufschläge von 34 Prozent, was die
Zollbelastung für viele Produkte aus Fernost in Summe auf mehr als
50 Prozent steigen lässt.
Das komplexe neue Zollpaket
Bei dem Paket geht es um sogenannte wechselseitige Zölle. Die
US-Regierung argumentiert, dass die USA lediglich überall dort ihre
Zölle anheben, wo internationale Partner ihrerseits Abgaben
verlangten oder anderweitige Handelsbarrieren für US-Firmen
aufgebaut hätten. Das sei nur gerecht. Wie die Amerikaner diese
angeblichen Benachteiligungen aber berechnen, ist undurchsichtig und
die „Fairness“ des Schrittes daher schwer nachvollziehbar.
Trump unterzeichnete bei der Zeremonie am Weißen Haus eine
Anordnung, mit der ein komplexes internationales Zoll-System
eingeführt wird. Es enthält sowohl individuelle wechselseitige Zölle
als auch pauschale Strafabgaben.
Zölle in Höhe von zehn Prozent sollen universell auf Importe aus
allen Ländern in die Vereinigten Staaten gelten und bereits an
diesem Samstag in Kraft treten. Jenseits davon soll es individuelle
Strafabgaben geben, die je nach Land variieren. Diese sollen ab dem
9. April greifen. Dabei werden besonders jene Länder ins Visier
genommen, die aus Sicht der USA besonders hohe Handelsbarrieren für
amerikanische Produkte haben. Für Dutzende Staaten sind höhere
Abgaben jenseits der zehn Prozent vorgesehen, zum Teil weit darüber.
„Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen“
Trump sprach von einem „Tag der Befreiung“ für Amerika, das sich
nicht länger von anderen Ländern über den Tisch ziehen lasse.
„Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem die
amerikanische Industrie wiedergeboren wurde, als der Tag, an dem
Amerika sein Schicksal zurückerobert hat, und als der Tag, an dem
wir begonnen haben, Amerika wieder reich zu machen“, sagte der
78-Jährige. „Jahrzehntelang wurde unser Land geplündert,
gebrandschatzt, vergewaltigt und ausgeplündert, von nahen und fernen
Nationen, von Freunden und Feinden gleichermaßen.“ Dies sei nun
vorbei. Das „goldene Zeitalter“ der USA komme zurück.
Trump setzt seit dem Wiedereinzug ins Weiße Haus – ähnlich wie in
seiner ersten Amtszeit – im großen Stil auf Zölle. Er verhängte
bereits Strafabgaben auf alle Aluminium- und Stahlimporte, brachte
Zölle in Höhe von 25 Prozent auf importierte Autos und Autoteile auf
den Weg, führte erhöhte Zölle auf alle Waren aus China ein und nahm
auch die direkten Nachbarn Kanada und Mexiko ins Visier.
Die Folgen für Verbraucher
Ein Importzoll funktioniert ähnlich wie eine Steuer. Die Abgabe muss
vom importierenden Unternehmen gezahlt werden – in diesem Fall also
von Firmen in den USA. Es gilt als wahrscheinlich, dass die
importierenden Unternehmen die höheren Kosten nicht einfach selbst
tragen, sondern an die Verbraucher weitergeben. Trumps Ziel ist,
US-Firmen davon abzuhalten, Produkte aus dem Ausland einzuführen.
Das soll langfristig den Produktionsstandort USA stärken.
Da mit Gegenzöllen gerechnet wird und auf die exportierenden
Unternehmen in den USA, aber auch in anderen Ländern Umsatzeinbußen
zukommen dürften, könnte dies zu einem Rückgang der Produktion und
Stellenstreichungen rund um den Globus führen. Ein eskalierender
Handelskonflikt zwischen den USA und der EU würde auch für deutsche
Verbraucher deutlich spürbare Auswirkungen haben.
Der Konflikt mit Europa
Die Europäer hatten bei Verhandlungen in Washington noch versucht,
die neuen Zölle zu verhindern – jedoch erfolglos. „Sie zocken uns
ab. Es ist so traurig, das zu sehen. Es ist so erbärmlich“, sagte
Trump mit Blick auf die Europäer.
Immer wieder wettert Trump bei öffentlichen Auftritten gegen die EU
und ihre Handelspolitik. Grundsätzlich ist es ihm ein Dorn im Auge,
dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA
verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU. Die bereits
verkündeten US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren sowie
Autoimporte hatten den Handelsstreit mit Europa schon angeheizt.
Die Botschaft nach innen
Für seine Zoll-Ankündigung wählte Trump den berühmten Rosengarten
des Weißen Hauses direkt neben dem Oval Office. Der US-Präsident
versammelte dort Kabinettsmitglieder, Wirtschaftsvertreter und
Arbeiter, um seine Zoll-Entscheidung effektvoll in Szene zu setzen.
Trump will mit Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren
und mehr Produktion in die USA verlagern. Gleichzeitig sollen die
Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer
Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren.
Die „Billionen und Billionen“ an Einnahmen sollten eingesetzt
werden, „um unsere Steuern zu senken und unsere Staatsschulden
abzutragen“, sagte Trump. Zölle dienen dem Republikaner auch als
Druckmittel, um in Verhandlungen mit anderen Ländern politische
Ziele durchzusetzen – und sich seiner Basis als kompromissloser
„America First“-Präsident zu präsentieren./jac/DP/mis
AXC0095 2025-04-03/09:36
Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.