Müssen die fünf Bäume im Hinterhof der Lindenschmitstraße 25 einem Bauprojekt mit drei Townhäusern weichen? In diesem seit Monaten währenden Streit haben die Baumschützer einen ersten, vorläufigen juristischen Erfolg errungen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erließ am Montagnachmittag einen sogenannten Schiebebeschluss, mit dem die bisher gültige Baugenehmigung vorläufig ausgesetzt ist.
Das Gericht folgte damit der Argumentation des Rechtsanwalts Benno Ziegler, der im Auftrag des Naturschutzvereins Wildes Bayern gegen die Baugenehmigung geklagt hat. Er hatte den Schiebebeschluss beantragt, weil nach dem Bundesnaturschutzgesetz vom 1. Oktober, also von Mittwoch an, die Bäume gefällt werden dürften.
Bereits Ende Juli hatte der Bauherr des Nachverdichtungsprojekts im Stadtteil Sendling, die Palermo Estate 01 GmbH aus München, ein Baumfällungsteam anrücken lassen, das aber nach einer Intervention der städtischen Bauaufsicht wieder abrücken musste. Die war von Anwohnern alarmiert worden.
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Rund um die Lindenschmitstraße 25 hat sich eine sehr aktive Nachbarschaftsinitiative formiert, die zunächst öffentlichkeitswirksam auf mutmaßliche Versuche rücksichtsloser Entmietung im denkmalgeschützten Vorderhaus hinwies. Inzwischen kämpft die Initiative gegen die Baugenehmigung, sie macht geltend, dass die fünf, teils alten Bäume im Sinne des Stadtklimas unbedingt erhalten werden müssten und die geplante Nachverdichtung im Hinterhof zur weiteren Erhitzung der Stadt beitragen würde.
Zahlreiche hochrangige Politiker, darunter SPD-Abgeordnete aus Bundestag wie Landtag, haben die Lindenschmitstraße 25 bereits besucht. Auch im Stadtrat ist das Projekt immer wieder Thema. Allerdings weist Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in seiner Rolle als Chef der Verwaltung darauf hin, dass die im März 2025 erteilte Baugenehmigung rechtskräftig sei – und die Lokalbaukommission (LBK) sie nach aktueller Rechtslage auch habe erteilen müssen. Es habe keinen Ermessensspielraum gegeben.
Streit über Nachverdichtung
:Dürfen Bäume für teure Townhäuser gefällt werden?
In der Lindenschmitstraße 25 will ein Investor im Innenhof drei Häuser bauen. Dafür müssen mehrere Bäume weichen, die mehr als 100 Jahre alt sind. Anwohner wehren sich, die Politik beschäftigt sich mit dem Fall – doch die Behörde sieht keinen Spielraum.
SZ PlusVon Linus Freymark
Das greift nun der Verein Wildes Bayern an, der zwar bisher nicht öffentlich mit der Lindenschmitstraße in Verbindung stand, der aber als anerkannter Umweltschutzverband ein Klagerecht hat. Sein Anwalt Benno Ziegler will die bisher geltende Regel „Baurecht bricht Baumrecht“ anhand des Falls Lindenschmitstraße vor Gericht kippen.
Ob es so kommt, ist offen. Der aktuelle Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs macht dazu keine Aussage. Er besagt lediglich, dass das Gericht etwas Zeit benötige, um im Eilverfahren über die Zulässigkeit der Klage zu befinden. Diese sei jedenfalls „nicht von vornherein aussichtslos“, eine auch nur ansatzweise Prüfung der komplexen Rechtslage sei in der Kürze der Zeit bis zum 1. Oktober nicht möglich gewesen. Deshalb müsse man verhindern, dass durch die Fällung der Bäume „irreversible Zustände geschaffen werden“. Mit dem Erlass korrigiert der Verwaltungsgerichtshof eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts München, das den Klägern in erster Instanz den Schiebebeschluss verweigert hatte.
Für die Stadt München, die im Verfahren als Beklagte firmiert, weil die LBK die Baugenehmigung erlassen hat, bestätigte in einer ersten Reaktion am Dienstagmorgen, dass die Bäume vorerst nicht gefällt werden dürfen. Zu weiteren inhaltlichen Fragen nahm die Verwaltung mit Verweis auf das laufende Verfahren keine Stellung. Die Anwaltskanzlei, die den Bauherren in der Sache bisher vertreten hat, ließ eine Anfrage unbeantwortet.