30. September 2025

Halle (Saale). – Seit Dienstagmorgen steht der Hörsaal 1 am Steintorcampus der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Zeichen von Aufruhr, Revolte und Widerstand. Unter dem Leitmotiv „Archäologie der Rebellion“ hat der 18. Mitteldeutsche Archäologentag begonnen – ein international besetzter Kongress, der sich noch bis zum 2. Oktober mit Spuren vergangener Aufstände und Umbrüche beschäftigt. Anlass ist das 500. Jubiläum des Deutschen Bauernkriegs, der 1524/25 weite Teile Mitteldeutschlands erschütterte.

Landesarchäologe Harald Meller eröffnete gemeinsam mit Kollegen aus Halle, Kiel, Barcelona und Stettin die Tagung. Gleich zu Beginn wurde deutlich, dass die Bauernkriegsforschung heute nicht mehr allein auf alte Chroniken setzt, sondern archäologische Befunde und naturwissenschaftliche Methoden einbezieht. So präsentierten Forscherinnen und Forscher neue Grabungsresultate von zerstörten Klöstern, verlassenen Lagern und Spuren von Bilderstürmen.

Der erste Konferenztag bot ein dichtes Programm: Von Thomas Müntzer und den Rebellen von Mallerbach über die verbrannte Klosterküche von Memleben bis hin zu Spuren des Kirchenbrechens in Stralsund reichte die Palette der Vorträge. Auch die Täuferherrschaft von Münster 1534/35 wurde in archäologischer Perspektive beleuchtet.

Am Mittwoch richtet sich der Blick über Mitteldeutschland hinaus: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Spanien, Tschechien, Polen und Großbritannien berichten von den Spuren der Irmandiño-Revolte in Galicien, den Hussitenkriegen, den Moriskenaufständen in Granada oder den Lutizen in Mecklenburg. Selbst die römische Geschichte wird in den Blick genommen – von Boudicas Aufstand in Britannien bis zu den Bürgerkriegen der späten Republik. Am Abend wird die renommierte Oxford-Historikerin Lyndal Roper mit einer Keynote zum Bauernkrieg erwartet, bevor ein Empfang im Landesmuseum für Vorgeschichte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammenführt.

Der dritte Konferenztag schließlich öffnet den Horizont noch weiter: Aufstände im alten Ägypten, in der minoischen Kultur Kretas oder in Teotihuacán (Mexiko) zeigen, dass Rebellion als gesellschaftliches Phänomen in allen Epochen und Regionen Spuren hinterlässt.

Seit 2008 bringt der Mitteldeutsche Archäologentag jährlich internationale Fachleute in Halle zusammen. In diesem Jahr ist das Interesse besonders groß: Das Gedenkjahr „500 Jahre Bauernkrieg“ macht die Frage nach Ursachen, Erscheinungsformen und Nachwirkungen von Rebellionen aktueller denn je. Der Blick in die Vergangenheit, so wird in Halle deutlich, erzählt auch etwas über die Gegenwart – über den Wunsch nach Freiheit, soziale Gerechtigkeit und den Mut, bestehende Ordnungen in Frage zu stellen.