Der Welthandel kühlt spürbar ab: Die UN melden sinkende Frachtraten bei steigenden Kosten. Während China zulegt, verzeichnen US Häfen deutliche Rückgänge.
UN warnt: Welthandel schwächelt – Frachtraten brechen ein
Die Weltwirtschaft lahmt. Nach einem Wachstum der Seefrachten um 2,2 Prozent im letzten Jahr rechnet die UNCTAD, die Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, für 2025 nur noch mit einem leichten Zuwachs von 0,5 Prozent. Das ist der schwächste Anstieg seit Jahren. Neben dem Handelskrieg, den Präsident Trump neu angefacht hat, lasten die Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer schwer auf den globalen Lieferketten. Die Unsicherheit in der Straße von Hormus zwingt viele Reedereien zu langen Umwegen um Afrika.
Diese Umleitungen treiben die Kosten nach oben. Doch die Reeder wälzen die Belastungen nicht auf ihre Kunden ab. Im Gegenteil: Seit Mitte Juli sinken die Frachtraten. Der Shanghai Containerized Freight Index hat in dieser Woche seinen stärksten Preisverfall seit mehr als einem Jahrzehnt verzeichnet. Auf den Asien-Europa-Routen ist ein regelrechter Preiskrieg ausgebrochen. Gleichzeitig meldet der Hafen von Los Angeles zum zweiten Mal in Folge einen Rückgang bei den anlandenden Containern. In China hingegen verzeichnete das Verkehrsministerium für die ersten beiden Septemberwochen einen deutlichen Anstieg beim Containerumschlag.
UNCTAD-Warnung: Seefracht wächst kaum
Der UNCTAD-Bericht „Staying the course in turbulent waters“ zeichnet ein Bild, das wenig Anlass zur Zuversicht gibt. Der Welthandel über See ist 2024 um 2,2 Prozent auf 12.720 Millionen Tonnen gestiegen. Für 2025 steht nun nur noch ein halbes Prozent Wachstum in Aussicht. Die Ursache liegt in geopolitischen Konflikten, teuren Umleitungen und einer fragilen Nachfrage. Seit Ende 2023 hat der Suezkanal 70 Prozent seines Frachtvolumens verloren. Schiffe nehmen den Weg um das Kap der Guten Hoffnung, was die durchschnittliche Routenlänge von 4.831 Meilen im Jahr 2018 auf 5.245 Meilen im Jahr 2024 erhöht hat. Das Verhältnis von transportierten Tonnen zu Meilen ist im vergangenen Jahr um 6 Prozent gestiegen, fast dreimal so stark wie das Transportvolumen.
Die Kosten für längere Fahrten, zusätzlichen Treibstoff und Hafenstaus schieben die Kalkulationen der Reedereien nach oben. Doch der Markt spielt nicht mit. Sowohl die Frachtraten basierend auf langfristigen Verträgen (GRI) als auch die Spotraten sind eingebrochen, obwohl die Kosten steigen. Der Shanghai Containerized Freight Index (SCFI) meldet zuletzt einen Rückgang um 14,3 Prozent in nur einer Woche. Das war der stärkste Einbruch seit fast zehn Jahren.
gCaptain beschreibt die Stimmung als „Golden Week Gloom“ und verweist auf fallende Preise auf allen großen Ost-West-Verbindungen. Der Drewry World Container Index (WCI) verzeichnet „nur“ einen Rückgang von acht Prozent.
Asien-Europa im Preiskrieg: Reedereien liefern sich Rabattschlacht
Auf der Strecke Asien-Europa ist der Wettbewerb inzwischen in einen Preiskrieg übergegangen, während die Rallye auf den Transpazifik-Routen abgebrochen ist. Diese Routen sind seit der Einführung der Strafzölle durch die USA interessanter geworden, da viele chinesischen Exporteure versuchen, ihre Produkte nun in Europa abzusetzen.
Reedereien unterbieten sich gegenseitig, um Marktanteile zu verteidigen. Maersk und MSC setzen aggressive Spotangebote ein, während kleinere Carrier versuchen, mit kurzfristigen Rabatten nicht ins Abseits gedrängt zu werden. Kunden schließen sich auf dieser Strecke kaum noch langfristigen Verträgen an, da die Erwartung weiterer Preissenkungen in den Märkten fest verankert ist. In der Folge geraten selbst die großen Allianzen unter Druck, weil Auslastungen sinken und die Erträge pro Container massiv schrumpfen. Der Preiskrieg frisst sich inzwischen in die Margen, was die strukturellen Kostenprobleme nur verschärft.
Trump-Zölle treffen Reedereien: US-Häfen melden Einbruch
Für die Reeder auf den USA-Routen wird Mitte Oktober ein weiterer Kostenfaktor hinzukommen, wenn die erste Runde von Strafzahlungen gegen in China gebaute Schiffe, die amerikanische Häfen anlaufen, startet. Die neuen Abgaben verschärfen den Druck auf Linien, die ohnehin schon mit schrumpfenden Margen arbeiten. In einem Markt, in dem die Raten ohnehin wegbrechen, dürfte jedoch schwer durchzusetzen sein, die Mehrkosten von zunächst 18 US-Dollar pro Tonnen auf die Kunden abzuwälzen.
Die Strafzölle von Trump zeigen inzwischen Wirkung. Nachdem die Lager in den USA in Erwartung höherer Tarife gefüllt wurden, sind sie weitgehend leergeräumt. Das Handelsvolumen sinkt sichtbar. Los Angeles verzeichnet bis einschließlich 28. September ein Minus von 7 Prozent bei den Containeranlandungen im Vergleich zum Vorjahr, nach minus 4 Prozent im August.
Dieser Rückgang ist umso bemerkenswerter, da der September und Oktober üblicherweise die Hochsaison vor den Feiertagen markieren. Noch besteht ein Rest an Hoffnung, denn die chinesischen Zahlen zeigen ein anderes Bild. Das Verkehrsministerium meldet für die ersten beiden Septemberwochen ein Plus von 11,8 Prozent beim Containerumschlag. China scheint damit weiter an Stärke zu gewinnen, während die US-Häfen Schwäche signalisieren.
Wer Zäune um seinen Markt zieht, stolpert zuerst über die eigenen Barrikaden. Schon in den 1930er Jahren zeigte der Smoot-Hawley-Act wie Protektionismus vor allem die Länder trifft die ihn betreiben. Heute deutet der rasche Preisverfall auf den Hauptschifffahrtsrouten darauf hin dass sich Geschichte zumindest in ihrer Logik wiederholt. Die Weltwirtschaft bremst und ausgerechnet die Staaten die neuen Zölle erheben dürften den größten Preis zahlen.
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