Sind die eigentlich bereits totgesagten Filder-Expressbuslinien doch noch zu retten? Nach Informationen unserer Zeitung hat das Verkehrsministerium der Landeshauptstadt Stuttgart ein finanzielles Angebot zum Erhalt der Busverbindungen unterbreitet. Demnach ist es bereit, bei der Linie X2 einer Kürzung der Fahrten in den Abendstunden zuzustimmen – bei gleichbleibendem Zuschuss. Ähnliches kann sich das Ministerium demnach auch beim X4 und beim X7 vorstellen. Im Umkehrschluss wäre dadurch die Finanzlücke, die noch zu schließen wäre, kleiner.
Die Linien X4 (Degerloch-Harthausen) und X7 (Degerloch-Nürtingen) erfreuen sich großer Beliebtheit – und sollen dennoch gestrichen werden. Wie so oft geht’s ums Geld. Der Verwaltungs- und Finanzausschuss des Esslinger Kreistags hat im Juli abgelehnt, auf freiwilliger Basis in eine Mitfinanzierung einzusteigen. Daraufhin hat die Landeshauptstadt angekündigt, den Betrieb einzustellen. Aktuell gilt der 19. Dezember als letzter Betriebstag. Viele Pendlerinnen und Pendler wollen das unbedingt verhindert. Eine Petition der Grünen aus Filderstadt haben Tausende Menschen unterschrieben. Sie soll dieser Tage ans Esslinger Landratsamt übergeben werden.
Was das Ganze so schwierig macht: Die Konstellation bei den X-Bussen ist eine andere als bei normalen Linienbussen. Wie auch die Linie X2 zwischen Stuttgart und Leonberg sind die Linien X4 und X7 vor einigen Jahren als Beitrag zum Stuttgarter Luftreinhalteplan entstanden. Streng genommen sind sie also kein normaler Nahverkehr, daher ist auch die Finanzierung eine andere. Beim normalen ÖPNV werden die Kommunen nach dem Zubestellgrundsatz finanziell beteiligt, im Fall der X-Linien zahlen aktuell nur die Stadt Stuttgart und das Land. Das allerdings hat seine Förderung schon im Herbst 2024 gekürzt und will Ende September 2027 ganz aussteigen. Dieser Ausstieg ist nach wie vor nicht vom Tisch, das nun vom Land zumindest als Zwischenlösung unterbreitete Angebot stößt in Stuttgart jedoch auf Interesse. Wie ein Sprecher mitteilt, könne die gemeinsam mit den Landkreisen Böblingen und Ludwigsburg für die Linie X2 gefundene Lösung eine Grundlage für die Linien X4 und X7 und die Zusammenarbeit mit dem Landkreis Esslingen sein.
Christoph Traub, der Oberbürgermeister von Filderstadt, geht einen Schritt weiter. Er hat nach eigenem Bekunden schon mehrfach angeregt, die X-Linien zu klassischen Linienangeboten umzuwidmen, um die Finanzierung auf eine stabilere Basis zu stellen. Bislang sei er als Vertreter der Kommune nicht an Gesprächen beteiligt worden. „Das empfinde ich als Nachteil“, sagt er. Seine Hand lässt er dennoch ausgestreckt. „Jetzt müssen wir gemeinsam einen Weg finden, wie wir die Busse in den ÖPNV kriegen“, sagt er und betont: Er wäre bereit, dem Gemeinderat eine Mitfinanzierung vorzuschlagen.
Der Appell ist angekommen. „Der Landkreis Esslingen hat gegenüber der Stadt Filderstadt und der Stadt Stuttgart Gesprächsbereitschaft signalisiert und steht für ein gemeinsames Gespräch aller Beteiligten zur Verfügung“, teilt das Landratsamt mit. Wichtig sei der Kreisbehörde aber, „neben dem Angebotsumfang und der Linienführungen mindestens die gemeinschaftliche Finanzierung der bisherigen Kostenträger sowie gegebenenfalls weiterer Beteiligter über das Jahr 2027 hinaus verbindlich zu klären“. Vom Ergebnis eines solchen Gesprächs sowie dem Fortgang der Petition werde es abhängen, ob sich der Verwaltungs- und Finanzausschuss erneut mit dem Thema befasse. Die Latte liegt hoch. Wie bei der Linie X2 könne es nicht laufen. Dort haben die Kreise Ludwigsburg und Böblingen einer Mitfinanzierung zugestimmt, aus Esslingen heißt es aber, „dass die Dimensionen einer Kostenbeteiligung für X4 und X7 im Landkreis Esslingen nicht vergleichbar sind. Daran würde auch die Zusage einer vollen Landesförderung bei gekürztem Angebot nichts ändern“.
70er-Linien werden ausgebaut
Längere Fahrt
Während über eine Finanzierung der Linien X4 und X7 diskutiert wird, werden an anderer Stelle Vorkehrungen getroffen. Da das Ende der X-Linien nach wie vor auf Mitte Dezember terminiert ist, werden im Gegenzug die Fahrten der 70er-Linien wieder ausgebaut, die einst zugunsten der X-Busse ausgedünnt worden waren. Ein SSB-Sprecher bestätigt das. „Wegen des Wegfalls der beiden X-Linien zum Fahrplanwechsel wird die SSB ihr Busangebot auf den betreffenden Linien 74 und 77 wieder so strukturieren, wie dies bis zum Fahrplan 2018 beziehungsweise 2019, also vor Inbetriebnahme der beiden Schnellbuslinien, der Fall war“, teilt er mit. Die Linie 74 verkehrt zwischen Degerloch und Nürtingen, die Linie 77 zwischen Degerloch und Harthausen, beide sind aber deutlich länger unterwegs als die Expresslinien X4 und X7. (car)
Andere Taktung
Mehr Details hat Matthias Gastel, der Grünen-Bundestagsabgeordneter von der SSB erfahren, wie er mitteilt. Bei der Linie 77 bedeutet dies, dass in der Hauptverkehrszeit wieder vier Fahrten pro Stunde angeboten werden. In der Nebenverkehrszeit – also zwischen 8.30 Uhr und 15.30 Uhr – würde allerdings weiter lediglich ein 30-Minuten-Takt angeboten. In dieser Zeit falle dann der durch die Überlagerung der Linien 77 und X7 erreichte 15-Minuten-Takt in Filderstadt und L.E.-Stetten weg. Die Haltestelle Stetten Gewerbegebiet würde ganztägig nicht mehr angefahren, auch die direkte Anbindung an die Gewerbegebiete Fasanenhof und Sternhäule sowie an den ÖPNV-Hub Degerloch würden ganztägig wegfallen. (nak)