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Putin will 135.000 Soldaten mobilisieren. Doch auf der besetzten Krim stockt die Rekrutierung. Nur 59 Prozent des Jahresziels wurden erreicht.
Moskau – Russland will schnellstmöglich 135.000 Personen in die Armee einziehen. Auch ukrainische Staatsbürger aus den besetzten Gebieten sollen Dienst an der Waffe leisten, zumindest wenn es nach dem Kreml geht. Doch ausgerechnet auf der besetzten Halbinsel Krim hat das Land offenbar Schwierigkeiten, sein Mobilisierungsziel für 2025 zu erreichen.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die höchste Mobilisierungswelle seit 2016 angeordnet, doch auf der Krim stockt die Rekrutierung erheblich. © IMAGO/Alexander Kazakov
Ende September hat der russische Präsident Wladimir Putin ein Dekret für die Herbst-Wehrpflicht 2025 unterzeichnet. Dieser Erlass, der am 29. September auf dem offiziellen Rechtsportal der russischen Regierung veröffentlicht wurde, sieht die Einberufung 135.000 russischer Staatsbürger im Alter von 18 bis 30 Jahren vor – die höchste Zahl seit dem Jahr 2016. Offiziellen Angaben zufolge sollen diese Wehrpflichtigen nur innerhalb Russlands dienen und nicht am Ukraine-Krieg teilnehmen.
Zwangsrekrutierung im Ukraine-Krieg: Einwohner besetzter Gebiete müssen russische Pässe annehmen
In den besetzten Gebieten der Ukraine werden die Einwohner dazu angehalten, russische Pässe anzunehmen, wodurch sie zur Einberufung in die russische Armee verpflichtet werden. Am 20. März unterzeichnete Putin ein Gesetz, das ukrainische Staatsbürger, die in den von Russland besetzten Teilen der Regionen Saporischschja, Cherson, Donezk und Luhansk leben, dazu verpflichtet, entweder „ihren rechtlichen Status zu regeln“ oder das Gebiet zu verlassen. Ukrainer in diesen Gebieten mussten bis zum 10. September einen russischen Pass beantragen, wer dem nicht nachgekommen ist, wird künftig als „Ausländer“ eingestuft. Das schreibt die Kyiv Post.
Diejenigen, die als Ausländer eingestuft werden, unterliegen dann den Aufenthaltsbestimmungen, darunter eine maximale Aufenthaltsdauer von 90 Tagen, obligatorische medizinische Untersuchungen und Arbeitsbeschränkungen. Gleichzeitig wird jeder, der gezwungen ist, einen russischen Pass anzunehmen, automatisch wehrpflichtig. Eine Zwangsrekrutierung ukrainischer Bürger in den besetzten Gebieten würde ein Kriegsverbrechen darstellen und verstößt gegen die Genfer Konvention zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten.
Putins Verbündete: Diese Länder stehen im Ukraine-Krieg an der Seite RusslandsFotostrecke ansehenRekrutierung auf der Krim: Putin hat Schwierigkeiten, sein Mobilisierungsziel zu erreichen
Vizeadmiral Vladimir Tsimlyanskiy, stellvertretender Chef des Generalstabs der russischen Armee, nannte gegenüber staatlichen Medien neben mehreren Regionen Russlands explizit die Krim als Schwerpunkt der Rekrutierungsbemühungen. Doch laut der ukrainischen Zeitung The Kyiv Independent, hat der Kreml Mühe seine Ziele auf der besetzten Halbinsel zu erreichen. Nach Angaben des Zentrums für nationalen Widerstand werde man die Jahresziele dort nicht einhalten können, so der Bericht. Bisher seien lediglich 963 von 1.636 geforderten Personen mobilisiert worden, was 59 % des Jahresziels entspreche.
Die höchsten Quoten seien im Bezirk Krasnoperekopsky (76,5 %), in Aluschta (64,9 %), Jalta (63,7 %), Armiansk (62,8 %) und im Bezirk Simferopol (62 %) verzeichnet worden. Die niedrigsten Quoten dagegen in den Bezirken Bachtschissarai (45,4 %), Lenin (51,3 %) und Tschornomorsk (54 %). Diese Zahlen können nicht unabhängig verifiziert werden.
Druck auf Wehrpflichtige: Putin umgeht eigenes Gesetz durch erzwungene Vertragsunterzeichnung
„Um den Jahresplan einzuhalten, müssten die Besatzer das Tempo deutlich auf etwa 224 Personen pro Monat erhöhen, was doppelt so viel ist wie das durchschnittliche Tempo seit Jahresbeginn“, erklärte ein Sprecher des Zentrums gegenüber der Zeitung. Die jüngste Wehrpflichtkampagne werde das Tempo der Mobilisierung wahrscheinlich nicht erhöhen, Russland jedoch mehr Möglichkeiten zur Rekrutierung von Vertragssoldaten bieten, so der Sprecher.
Nach russischem Recht dürfen Wehrpflichtige nur innerhalb des russischen Territoriums dienen und nicht im Krieg in der Ukraine eingesetzt werden. Dem Blatt zufolge deuten unabhängige Berichte jedoch darauf hin, dass viele Wehrpflichtige trotz offizieller Zusicherungen unter Druck gesetzt werden, Verträge mit dem russischen Verteidigungsministerium zu unterzeichnen, die zu einem Auslandseinsatz führen können. „Dies ist eine seit langem gängige Praxis“, habe der Sprecher des Zentrums für nationalen Widerstand bemerkt.
„Unmittelbar nach der Entsendung der Wehrpflichtigen“ beginne eine intensive Kampagne mit dem Versprechen von höheren Löhnen und „Sozialpaketen“, Druck auf die Familien, administrativen Hebeln seitens der Universitäten oder Arbeitgeber. Einigen Wehrpflichtigen werde ein Ultimatum gestellt – entweder sie unterzeichnen einen Vertrag oder sie müssen mit schlechteren Dienstbedingungen/Versetzungen rechnen. (Quellen: Kyiv Post, RIA Novosti, The Kyiv Independent, United 24 Media) (tpn)