Die US-Regierung hat nach Ansicht eines
Bundesrichters mit ihren Bemühungen, ausländische propalästinensische
Demonstrierende abzuschieben, gegen die Verfassung verstoßen.
US-Heimatschutzministerin Kristi Noem und US-Außenminister Marco Rubio
hätten Betroffene ohne US-Staatsangehörigkeit vor allem aufgrund ihrer
politischen Meinungsäußerung ins Visier genommen, sagte Richter William Young in Boston. Diese Äußerungen seien jedoch vom ersten Verfassungszusatz gedeckt.

Ziel der Regierungsvertreter sei es gewesen, Angst auszulösen. Dadurch hätten sie nach Überzeugung des Richters
proaktiv von der Verfassung geschützte Äußerungen unterbinden und den
Personen die ihnen zustehende Meinungsfreiheit verweigern wollen. Dies
schränke bis heute „in verfassungswidriger Weise die Meinungsfreiheit“
ein.

Richter: Meinungsfreiheit gilt auch für Nicht-Staatsbürger

Young wies dabei auch explizit eine
Argumentation von US-Präsident Donald Trump zurück, nach der für
Personen ohne US-Staatsangehörigkeit nicht dieselben Rechte gelten
würden wie für US-Bürgerinnen und -Bürger. Der Fall würde die Frage
aufwerfen, ob Ausländer, die sich rechtmäßig in den USA aufhielten, die
gleichen Rechte auf freie Meinungsäußerung hätten wie der Rest. Das Gericht beantworte diese
verfassungsrechtliche Frage eindeutig mit „Ja, das haben sie“, schrieb
Young. Meinungsfreiheit sei niemals unbegrenzt, „aber diese Grenzen sind
für Staatsbürger und Nicht-Staatsbürger dieselben“. 

In den vergangenen Monaten war die
US-Regierung vermehrt gegen ausländische Studierende und Forschende vorgegangen, die sich an propalästinensischen Protesten beteiligt hatten.
Ihnen wurde unterstellt, die islamistische Terrororganisation Hamas zu unterstützen. In diesem
Zusammenhang kam es auch zu mehreren Festnamen, die
juristisch angefochten wurden. 

Im März richtete US-Außenminister Rubio eine deutliche Warnung an alle Studierenden mit einem Visum: Wer mit einem
sogenannten F-1-Visum in die USA zum Studium eingereist sei und Unruhe
stifte, dem werde das Visum entzogen. Rubio berief sich auch auf eine
Regelung, die ihn ermächtige, Personen eigenhändig für „abschiebbar“ zu
erklären
, deren Anwesenheit oder Aktivitäten als Bedrohung für die
außenpolitischen Interessen der USA gewertet würden. 

US-Regierung drängt auf Abschiebung von Machmud Chalil

Am meisten Aufmerksamkeit erregte wohl der Fall
des palästinensischen Aktivisten Machmud Chalil, der sich mit einer
Green Card – also einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung – in den USA
aufhält. Der damalige Doktorand war in die propalästinensischen Proteste
an der Columbia-Universität in New York involviert gewesen. Anfang März
wurde er im Hausflur seines Wohnhauses festgenommen und in ein
Abschiebezentrum im US-Bundesstaat Louisiana gebracht. 

© Lea Dohle

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Nach mehr als 100 Tagen Abschiebehaft kam
Chalil zwar auf Kaution frei, doch die US-Regierung drängt weiterhin
auf seine Ausweisung
. Sie wirft ihm nun vor, bei seinem Antrag auf die
Green Card Informationen verschwiegen zu haben. Seine Anwälte halten das
für vorgeschoben: Chalil könne nicht wegen seines Protests abgeschoben
werden, deshalb suche die Regierung nach anderen Gründen.

USA

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