Stand: 01.10.2025 05:50 Uhr
Hédi Bouden ist Lehrer am Helmut-Schmidt-Gymnasium in Wilhelmsburg. Darüber hinaus ist er Kulturbeauftragter und Initiator zahlreicher preisgekrönter Projekte wie „Architecture of Hope“, das junge Menschen aus Israel, Palästina und Hamburg zusammenbringt.
„Wir sprechen nicht miteinander, wir schreien aneinander vorbei oder wir schweigen aneinander vorbei“, sagt Bouden über seine Motivation, sich für ein besseres gegenseitiges Verständnis einzusetzen. „Ich möchte Räume der Begegnung in Hamburg schaffen.“ Der Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 habe diese Arbeit nicht nur erschwert, sondern auch unmittelbare Auswirkungen gehabt. Viele der, an seinen Projekten beteiligten Jugendlichen seien direkt betroffen gewesen. „Die saßen mit gepackten Koffern in ihren Schutzbunkern“, berichtet er. Trotzdem halten sie am Projekt fest – ein Zeichen von Mut und Hoffnung.
Schweigen an Schulen
Bouden beschreibt, wie schwer es Schulen in Deutschland fällt, mit Themen wie Krieg, Antisemitismus oder Rassismus umzugehen. „Es herrscht so eine unausgesprochene Regel: Wir reden nicht darüber“, sagt er. Kolleginnen und Kollegen wüssten oft nicht, wie sie das Thema öffnen sollten, aus Angst, der Komplexität nicht gerecht zu werden. Für ihn ist aber klar: „Wir sind diejenigen, die einen festen Anker bieten müssen für diese Kinder und Jugendlichen.“ Als Leher habe man da eine besondere Verantwortung, denn Jugendliche brauchen Orientierung.
Zwischen allen Fronten
2024 erhielt Hédi Bouden für sein Engagement den Margot Friedländer-Preis direkt aus den Händen der Namensgeberin.
Seine Rolle ist dabei nicht einfach. Immer wieder wird ihm vorgeworfen, nur eine Seite zu sehen. Das verletze, gesteht Bouden, habe ihn zeitweise sogar an seiner Arbeit zweifeln lassen. Halt gibt ihm jedoch seine Tochter und die positive Entwicklung seiner Schüler und Schülerinnen. „Wenn von 20 oder 30 Leuten eine Person mit einem anderen Gedanken rausgeht, habe ich schon alles erreicht.“
Ein Leben als Vermittler
Der Sohn tunesischer Gastarbeiter wuchs in Hamburg auf, zwischen deutscher Gesellschaft und muslimischen Wurzeln. Schon früh erlebte er Rassismus, verstärkt nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Religion spielt für ihn dennoch eine wichtige Rolle. „Der Islam sieht vor, immer den Mittelweg zu suchen“, sagt Bouden. Auch in seiner Arbeit versteht er sich als „Pufferzone“ zwischen Fronten – eine Rolle, die kräftezehrend ist, aber notwendig.
Wilhelmsburg als Herz Hamburgs
Trotz der Schwere der Themen bleibt Bouden optimistisch und engagiert sich ganz besonders für „seinen“ Kiez. Wilhelmsburg liegt ihm ganz besonders am Herzen: „Die Insel Wilhelmsburg ist das Herz Hamburgs. Von dort kommt auch der Impuls zur Veränderung, zur Verständigung. Es ist der Leuchtturm Hamburgs.“
Am Ende des Gesprächs mit Host Daniel Kaiser formuliert Hédi Bouden einen klaren Wunsch: „Dass die Menschen das Gespräch suchen. Dass man zuhört. Das ist, glaube ich, das Allerwichtigste.“
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Daniel Kaiser spricht mit Menschen aus der Stadt, die etwas zu erzählen haben.
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