Berlin – Im beschaulichen Kladow, am westlichen Zipfel Berlins, geht die Känguru-Jagd weiter. Am Sonntag ist der kleine Exot ausgebüxt, hüpft seitdem unbekümmert über Straßen und durchs Unterholz. BILD sucht nach Spuren – vorbei an Zäunen, einer Kaserne und am Rande der Havel.
Die sozialen Netzwerke sind voll mit Videos des Ausbrechers. Auf einem Clip leuchtet ein Autoscheinwerfer in die Dunkelheit, und plötzlich hüpft das Beuteltier am Sakrower Landstraße vor der katholischen Kita Mariä Himmelfahrt vorbei. Etwa 30 Meter weiter blieb es kurz stehen – direkt vor der Info-Tafel der Gemeinde-Kirche. Putzt sich seelenruhig das Näschen. Ich suche die Flucht-Route ab. Doch keine Spur.
Vor der katholischen Kita an der Sakrower Landstraße ist das entwischte Tier einem Instagram-Video zufolge nachts entlanggehüpft
Foto: Jörg Bergmann
Knapp einen Kilometer weiter vor der Blücher-Kaserne: Wieder taucht das Känguru auf. Diesmal gefilmt an einer Wasserpumpe – auch hier Fehlanzeige, als ich nachsehe. „Ich habe das Känguru am frühen Sonntagvormittag gegen 13 Uhr hier auf der Straße hüpfen sehen“, sagt mir ein Sicherheitsmitarbeiter der Kaserne. Wenig später seien dann zwei Polizeiwagen angerollt. „Das Känguru war so schnell weg – die Polizei kam viel zu spät.“
Auch an dieser Wasserpumpe vor der Blücherkaserne an der Sakrower Landstraße wurde das Känguru gefilmt
Foto: Jörg Bergmann
Unterwegs treffe ich Paul Dallimore (53), ein Australier aus Sydney, der seit Jahren in Kladow lebt. „Als ich gelesen habe, dass hier ein Känguru entwischt ist, habe ich etwas Heimweh bekommen“, sagt er. Und: „Wenn es gefunden wird, würde ich gerne Pate des Tieres werden.“
Weiter. Meine Känguru-Safari führt mich zum Sakrower Kirchweg. Hier, am Havel-Grundstück vom Spiegel-Erben Jakob Augstein (58), nahm die spektakuläre Flucht ihren Anfang. Das Tier war aus dem Privat-Gehege des Journalisten heraus gehüpft! Ich kämpfe mich durchs grüne Dickicht, bis zum Rand des großen Grundstücks. Fünf Artgenossen des Ausbrechers stehen noch im Gehege – mittlerweile hinter einem frisch errichteten Sichtschutz. Doch vom kleinen Hüpfer fehlt jede Spur.
Paul Dallimore (53) hat durch die Nachricht über das Känguru Heimweh bekommen und würde gerne Pate des flauschigen Hüpfers werden
Foto: Jörg Bergmann
Wie BILD erfuhr, hatte das Tier offenbar einen Fluchthelfer: Jemand öffnete das Gehege unbefugt. „Der unbekannte Fluchthelfer konnte bislang aber nicht ermittelt werden“, so ein Polizeisprecher schmunzelnd. Aber: Es sei Aufgabe des Besitzers, das Tier einzufangen.
Am Gehege der Kängurus wurde mittlerweile ein Sichtschutz gebaut. Zu sehen sind die Tiere trotzdem noch
Foto: Jörg Bergmann
Doch wie gefährdet ist der kleine Kerl? Martin Kränzlin, Känguru-Kurator im Tierpark Berlin, erklärt mir: „Hier handelt es sich wohl um ein Bennett-Känguru. Seine Überlebenschancen sind ganz gut, denn die Art kommt ursprünglich aus Tasmanien, dort kann es auch sehr kalt werden.“
Hungern muss das freiheitsliebende Tier nicht: Blätter, Gräser, Baumrinde gibt es auch in Kladow. Doch: „Die größte Gefahr für das Känguru sind Füchse und Autos. Wenn es bis nach Brandenburg kommt, dann sicher auch Wölfe.“