Die Absage der Stadt Gelsenkirchen an eine AfD-kritische Installation beim Lichtkunstfestival „Goldstücke“ sorgt für Streit. Die Künstlerin spricht von Zensur, die Stadt verweist auf das Festival-Konzept.
Die Absage der Stadt Gelsenkirchen an eine studentische Künstlerin und ihre AfD-kritische Kunstinstallation bei einem Lichtkunstfestival sorgt für eine Kontroverse. Während die Künstlerin aus Saarbrücken und ihre Hochschule den Vorgang als Eingriff in die Kunstfreiheit werten, verteidigt sich die Stadt Gelsenkirchen, die Arbeit habe programmatisch nicht in das Konzept des Festivals gepasst.
Sie wolle nun rechtliche Schritte prüfen, kündigte die Künstlerin Melisa Kujević an. „Ich empfinde die Ausladung als Zensur. Ich möchte gerne zeigen, dass man das mit uns Künstlerinnen nicht machen darf“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Mehrere Medien hatten zuvor berichtet.
In einer aktuellen Mitteilung unterstrichen Kujević und ihre Kommilitonen, Kunst, die sich kritisch mit politischen Entwicklungen auseinandersetze, dürfe „nicht durch politischen Druck oder missverstandene Neutralität zum Schweigen gebracht werden“.
Als Teil einer Gruppenausstellung mit mehreren weiteren Studenten der Hochschule der Bildenden Künste Saar sollte Kujevićs Arbeit „Hallender Hass“ während des ab Donnerstag in Gelsenkirchen stattfindenden Lichtkunstfestivals „Goldstücke“ gezeigt werden. Die Licht- und Sound-Installation gibt unter anderem Bildmaterial rechtsextremer Gewalt sowie unkommentierte Zitate von AfD-Politikern wieder und wendet sich nach Aussage der Künstlerin gegen die Normalisierung rechter Rhetorik.
Thema des Festivals „Active Positive“
Bei der Vorbereitung der Ausstellung hatte die Stadt der Kunststudentin allerdings abgesagt: „Arbeiten, die sich gezielt mit einer Partei auseinandersetzen und damit parteipolitisch zentriert sind, sind für den Kontext der Goldstücke ungeeignet“, teilte die Stadt auf Anfrage als Begründung mit.
Das Thema des Festivals laute in diesem Jahr „Active Positive“ und solle die Lebenswelt aktiv positiv darstellen, dem Populismus entgegenwirken. „Hallender Hass“ passe programmatisch nicht. „Das hat nichts mit der politischen Aussage des Kunstwerks zu tun“, ergänzte ein Sprecher der Stadt auf Anfrage. Der Entwurf habe sich bei genauerer Betrachtung nicht in das Konzept eingefügt.
Hochschule: Neutralität nicht gleichsetzen mit Entpolitisierung
Künstlerin und Hochschule widersprechen: Man habe die kurzfristige Absage mit großer Sorge zur Kenntnis genommen, teilte die Hochschule der Bildenden Künste Saar mit. Die Stadt habe pauschal auf das Neutralitätsgebot und die zeitliche Nähe zu der Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt am vergangenen Sonntag verwiesen, bei der der AfD-Kandidat mit rund einem Drittel der Stimmen unterlegen war.
Kunstfreiheit dürfe nicht zum Spielball politischer Interessen werden, so die Hochschule. „Die Neutralität öffentlicher Stellen bedeutet keine inhaltliche Entpolitisierung von Kunst, sondern die faire, transparente Organisation des Forums, auf dem Kunst sprechen kann“, teilte sie mit.
Aus Protest gegen die Entscheidung der Stadt hatte die gesamte Projektgruppe ihre Arbeiten zurückgezogen: „Dass eine öffentliche Institution stattdessen zur Zensur greift, halten wir für einen gefährlichen Präzedenzfall“, begründeten sie ihren Schritt.
dpa/jho