Carsten Brosda (SPD), Kultursenator von Hamburg. (Archivbild)

Stand: 02.10.2025 10:11 Uhr

Die geplante Oper am Baakenhöft sorgt für Diskussionen in der Hamburger Kulturlandschaft. Das Projekt steht vielfach in der Kritik. Kultursenator Carsten Brosda stellte sich am Mittwoch den Fragen bei einer Podiumsdiskussion der Patriotischen Gesellschaft.

von Petra Rieß

Statt warmer Worte ertönte zu Beginn der Veranstaltung der Gefangenenchor aus Giuseppe Verdis Oper „Nabucco“ aus dem Hintergrund des übervollen Saales. Der Denkmalverein Hamburg will damit auf seine Petition zum Verbleib der Hamburgischen Staatsoper am Dammtor aufmerksam machen. Auf dem Podium vier Gäste: zwei contra, zwei pro Opernneubau. Auf der Proseite natürlich Kultursenator Carsten Brosda, geübt darin, für das Millionengeschenk der Kühne-Stiftung zu werben: „Wir haben eine Staatsoper, von der wir wissen, dass sie über kurz oder lang in die Sanierung muss, und zwar in die Generalsanierung.“

Neues Opernhaus ermöglicht „schlanken Umzug“, so Brosda

Die Staatsoper am Dammtor hat dringenden Sanierungsbedarf, das steht außer Frage. „Ein modernes Opernhaus sieht anders aus. Beispiele dafür gibt es in Europa genügend, wie etwa in Oslo oder Kopenhagen. Allein die Hinterbühne der bestehenden Oper am Dammtor ist viel zu klein, und die Hubpodien würden zukünftig vom TÜV gar nicht mehr abgenommen werden“, sagte Brosda. Mit einer neuen Oper könne man einen „schlanken Umzug“ ohne Unterbrechung des Opernbetriebs und seiner rund 800 Angestellten ermöglichen.

Blick auf den historischen Schuppen 29 auf dem Baakenhöft

Die Hansestadt hat fünf Büros ausgewählt, die ihre Vorschläge einreichen sollen. Kritik gibt es deshalb von der Architektenkammer.

Karin Loosen beklagt mangelnde Transparenz

Karin Loosen, Stadtplanerin und Vorsitzende der Hamburgischen Architektenkammer, beklagt die mangelnde Transparenz im bisherigen Verfahren: „Wir alle sind gebrannte Bürgerinnen und Bürger der explodierten Elbphilharmonie-Kosten und wir wissen, wie hochsensibel solche öffentlichen Bauten in der Stadt angesetzt werden müssen.“ Deshalb hätte mehr Transparenz und eine öffentliche Diskussion darüber viel früher stattfinden müssen. Sie fordert zudem baukulturelle Verantwortung: „Dieser kreative Spielraum, den brauchen wir doch für eine lebendige Demokratie, für lebendige Gebäude und eine tolle Architektur“. Im Saal brandet Applaus auf.

Erst vergangene Woche hatte der Hamburger Senat über das geplante neue Opernhaus debattiert. Dieses soll auf dem Baakenhöft in der HafenCity entstehen. Milliardär Klaus-Michael Kühne will mehrere Hundert Millionen Euro beisteuern. Das Projekt steht in der Kritik, weil Kühnes Speditions- und Logistikfirma Kühne + Nagel nach 1933 für das NS-Regime Möbel und Hausrat verfolgter und ermordeter Juden transportiert hatte

Eine kleinere Gruppe von Menschen demonstriert unter anderem mit Blasinstrumenten am Hamburger Jungfernstieg.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes rief zu Protesten auf. Am Mittwoch wurde auf der Reesendammbrücke in Hamburg demonstriert.

Auch Studierende äußern Kritik

Die Emotionen in dem komplett ausgebuchten Saal kochen an diesem Abend häufiger hoch. Auch Studierende der HafenCity Universität sind gekommen. Für den Standort der neuen Oper am Baakenhöft müssen die Märchenwelten weichen, und das ist nicht der einzige Kritikpunkt: „Ich verstehe den Bedarf für eine neue Oper“, sagt Friederike Schuentzen, Studentin der Architektur und bekennender Opernfan, „aber ich finde, unsere Klimaziele zu verfolgen bedeutet, dass man im Bestand gucken muss, was gebaut, was verändert werden kann. Ich liebe die Oper, als junge Frau ist es mir super wichtig, dass das als Kultur bestehen bleibt. Aber die Kühne-Lösung ist nicht die, die mir gefällt.“

Brinkmann: „Was, wenn das neue Gebäude nicht käme?“

Der Standort Baakenhöft sei viel zu weit entfernt von der Stadtmitte und würde vermutlich kaum akzeptiert werden. Gerade erst hatte die Staatsoper Hamburger einen fulminanten Saisonauftakt mit dem neuen Führungsteam Tobias Kratzer und Omer Meir Wellber erlebt: „Das war großartig“, sagt Berthold Brinkmann von der Opernstiftung Hamburg, „das hat gezeigt, die Oper lebt! Gleichzeitig kommt die Sorge: Was passiert, wenn das neue Gebäude nicht käme?“ Ja, was dann? Brinkmann ist deshalb ebenfalls für die neue Kühne-Oper. Jan Christian Kottmeier von der Denkmalpflege Hamburg hingegen sieht keinesfalls am Baakenhöft. Die Elbe, der Fluss, sei schon überlastet genug. Die Stadt solle dort lieber für mehr Grün sorgen. Willfried Maier, erster Vorstandsvorsitzender der Patriotischen Gesellschaft, war am Ende zufrieden: „Wir wollen das Für und Wider einer neuen Oper in die Stadtgesellschaft tragen. Das ist, glaube ich, auch ganz gut gelungen heute Abend.“

Konstituierende Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft im Rathaus.

Das finanzielle Engagement von Milliardär Kühne für das neue Opernhaus passt nicht allen. Kultursenator Brosda sieht eine „einmalige Chance“.