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Der Automobilzulieferer ZF kämpft mit hohen Verlusten. Mathias Miedreich soll das Unternehmen wieder auf Kurs bringen. Die Herausforderungen sind enorm.
München – Mathias Miedreich übernimmt ab diesem Mittwoch die Führung des kriselnden Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen. Der 50-Jährige, bisher Chef der Antriebssparte, tritt die Nachfolge von Holger Klein in einer äußerst schwierigen Phase an. „Zurück in die wirtschaftliche Erfolgsspur kommen wir nur, wenn wir es schaffen, die Herausforderungen unserer Industrie zu meistern und unsere Beschäftigten wieder stolz auf die Industrie-Ikone ZF zu machen, die seit 110 Jahren besteht“, erklärte Miedreich einen Tag vor seinem Amtsantritt.
Mathias Miedreich wird neuer Vorstandschef des Zulieferers ZF. © Felix Kästle/dpaHeftige ZF-Krise: 195 Millionen Euro Verlust und brisante Verkaufspläne lassen Beschäftigte bangen
Der zweitgrößte deutsche Zulieferer steckt tief in den roten Zahlen. Im ersten Halbjahr verzeichnete das Stiftungsunternehmen einen Verlust von 195 Millionen Euro. Auch für das Gesamtjahr droht ein Minus – das zweite in Folge. Die Gründe für die Schieflage sind vielfältig: Die weltweite Produktion von Autos und leichten Nutzfahrzeugen ist seit 2018 um 30 Prozent eingebrochen. Hauptkunden wie Volkswagen, BMW und die Opel-Mutter Stellantis halten sich mit Aufträgen zurück. Gleichzeitig belasten hohe Kosten für den Wandel zur Elektromobilität die Bilanz.
Besonders problematisch ist die Lage in der Antriebssparte, intern „Division E“ genannt. Der Bereich, der elektrische und hybride Antriebe sowie Verbrenner umfasst, gilt in Teilen als nicht wettbewerbsfähig. Er leidet unter dem verzögerten Anlauf der E-Mobilität sowie unter hohen Kosten und geringen Margen im traditionellen Getriebegeschäft. Weltweit arbeitet hier etwa jeder fünfte ZF-Beschäftigte, der Bereich erwirtschaftete 2024 knapp ein Viertel des Gesamtumsatzes.
Bundeskanzler Friedrich Merz (l CDU) unterhält sich am Stand von ZF mit Holger Klein, noch CEO ZF Group, bei der Eröffnung der internationalen Automesse IAA Mobility. © Sven Hoppe/dpa
Die Konzernführung erwägt einen Verkauf der Sparte oder die Suche nach einem Partner. Ein Unternehmenssprecher betonte, ein Umbau sei die Voraussetzung für eine mögliche Partnersuche. Die IG Metall warnte dagegen: „Der ZF darf nicht das Herz herausgerissen werden.“ Im Juli protestierten mehr als 10.000 Menschen gegen diese Pläne.
Brisante ZF-Verhandlungen: Entscheidung über 14.000 Arbeitsplätze fällt noch diese Woche
Die Finanzlage des Bodensee-Unternehmens verschärft den Handlungsdruck. Die Nettoverbindlichkeiten beliefen sich Ende Juni auf rund 10,5 Milliarden Euro – eine Folge der kostspieligen Übernahmen des Automobilzulieferers TRW und des Bremsenspezialisten Wabco. Bei durchschnittlich 4,5 Prozent Zinsen fließen Hunderte Millionen Euro in den Schuldendienst statt in Zukunftsinvestitionen.
Für die rund 50.700 Beschäftigten in Deutschland bedeutet die Krise massive Einschnitte. Bis Ende 2028 plant ZF den Abbau von bis zu 14.000 Stellen im Inland. Seit Anfang 2024 sind bereits 5.700 Jobs weggefallen. Zudem wurde die Arbeitszeit vieler Mitarbeiter gekürzt.
Der Betriebsrat fordert einen grundlegenden Kurswechsel. Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich kritisierte, alle bisherigen Sanierungsversuche seien gescheitert. „Viele Beschäftigte machen derzeit keine Mehrarbeit, weil es massive Eingriffe in ihre Löhne gibt, selbst bei Führungskräften.“ Die Menschen hätten Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren und verweigerten deshalb Überstunden.
Aktuell verhandeln Management und Betriebsrat über die Neuausrichtung der Antriebssparte. Die Gespräche sollen bis Ende September abgeschlossen sein, Ergebnisse könnten also noch in dieser Woche bekannt gegeben werden. Das Unternehmen betont: „Wir investieren in die Bereiche, die heute schon erfolgreich sind, und wir restrukturieren und entwickeln die Bereiche, die noch nicht erfolgreich sind.“ Ziel sei, möglichst viele Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten. (mare/dpa)