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Nachrüstung und Nachschub für den deutschen Luftpolizisten: Neben neuen Eurofightern werden einige Maschinen spezialisiert. Das FCAS stottert nämlich.
Berlin – „Der Eurofighter tut weiterhin das, was er am besten kann: Er sichert unter anderem die Ostflanke der NATO und sorgt dafür, dass die Europäer in Sicherheit und Freiheit leben können“, schreibt Airbus auf seiner Homepage. Datiert ist die auf den 27. März 2024 – auf den Tag genau 30 Jahre nach dem Erstflug des Eurofighter Typhoon. Das Rückgrat der Luftstreitkräfte der Verteidigungsallianz geht erst im hohen Alter einem groß angelegten militärischen Konflikt entgegen. Durch den Ukraine-Krieg und Wladimir Putins aggressiver Außenpolitik sind die Qualitäten des Kampfjets gefragter denn je; und er wird fit gemacht für die Zukunft.
Nase vorn: Ein spanischer Pilot mit seinem Eurofighter EF-2000 Typhoon II – die Maschine ist das Rückgrat der NATO-Verteidigung in der Luft. Obwohl die Maschinen in die Jahre gekommen sind, behalten sie ihre Stärken. Die Bundeswehr will ihre Eurofighter-Flotte jetzt nachrüsten und erweitern (Symbolfoto). © Nikolay Doychinov/AFP
Wie der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg aktuell berichtet, sollen die deutschen Eurofighter mit einem Arexis-Sensorsystem von Saab und Antiradarraketen AGM-88E von Northrop Grumman nachgerüstet werden – die Maschinen würden dann die Zusatzbezeichnung EK für „Elektronischer Kampf“ tragen, schreibt das Schweizer Magazin Cockpit. Bloomberg bezieht sich auf eine dem Dienst vorliegendes Regierungsdokument, räumt aber ein, die Bestätigung des Verteidigungsministeriums sei ausgeblieben. „Der Deutsche Bundestag werde den geplanten Verteidigungsausgaben voraussichtlich in der ersten Oktoberhälfte grünes Licht geben, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen“, schreibt Bloomberg-Autor Michael Nienaber. 1,2 Millionen Euro stünden zur Disposition, schreibt das Magazin Caliber. Obwohl Deutschland ähnlich wie andere NATO-Partner aufgrund der atomaren Teilhabe künftig auf die F-35 setzen wird, herrscht viel Trubel rund um den Eurofighter.
Wegen Putin: Deutschland rüstet seine Flotte auf – und weitet sein Arsenal an Luft-Luft-Raketen aus
Deutschland kauft Luft-Luft-Raketen für die Maschinen und vergrößert die bestehende Flotte, was der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Mitte 2024 verkündet hatte. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert Scholz: „Deshalb werden wir bis zum Ende dieser Legislaturperiode 20 weitere Eurofighter bestellen – zusätzlich zu den 38 Flugzeugen, die derzeit in der Pipeline sind“, sagte er und fügte hinzu, die Bestellung werde Airbus und seinen Zulieferern Sicherheit geben. Das Handelsblatt bestätigt jetzt den Deal. Demnach werde die Bundesregierung im Oktober die von Scholz avisierten 20 Maschinen bestellen und dafür vier Milliarden Euro investieren. Das Handelsblatt bezieht sich auf „Bestell- und Vertragsunterlagen der Regierung“, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegen sollen.
„Dieser Schritt erfolgt vor dem Hintergrund von Frustrationen über das laufende Programm Future Combat Air System (FCAS) … aufgrund schleppender Fortschritte und Meinungsverschiedenheiten über die Forderung des französischen Herstellers Dassault Aviation nach einer Kontrollrolle.“
Das wäre die fünfte Tranche des Kampfjets-Typs, die von 2031 an bis 2034 geliefert werden soll; so das Handelsblatt unter Bezug auf Reuters. Die Maschinen „aus der Pipeline“, wie sich Ex-Kanzler Scholz geäußert hatte, gehören zur vierten Tranche der Maschine. 38 Eurofighter für etwa 5,5 Milliarden Euro, mit dem Lieferdatum 2025 bis 2030. Diese Maschinen sollen schon nachgebessert sein, beispielsweise mit einem neuen leistungsfähigeren Radar mit elektronischer Strahlschwenkung, wie das Magazin Flugrevue berichtet hat. „Vier der georderten Flugzeuge werden mit Testinstrumentierung ausgestattet. Damit können neue Fähigkeiten evaluiert und zur Serienreife gebracht werden“, so Flugrevue-Autor Karl Schwarz; diese Ergebnisse mögen in die Kampfjets der fünften Tranche einfließen.
Eurofighter-Kampfjets: Das sind die Wunderwaffen der LüfteFotostrecke ansehen
Airbus möchte die Maschine dahingehend fortentwickeln, „dass der Eurofighter auch in den kommenden Jahrzehnten an der Spitze des Luftkampfs bleibt“, wie das Unternehmen schreibt – nicht ohne den Hinweis, dass der Kampfjet neben der Freiheit der gesamten westlichen Welt auch Arbeitsplätze vor allem in Deutschland sichert. Laut der Rüstungsschmiede wird der Eurofighter auch in dem von Frankreich und Deutschland gemeinsam vorangetriebenen Kampfjet-Konzept der sechsten Generation eine tragende Rolle spielen: „Das Flugzeug wird auch Teil des Future Combat Air System (FCAS) sein und dort in einem Netzwerk mit unbemannten und bemannten Plattformen fliegen. Dies macht den Eurofighter zur logischen Plattform, um FCAS-Technologien und Betriebskonzepte zur Reife zu bringen, einschließlich der Pläne zur Zusammenarbeit mit Drohnen in den frühen 2030er Jahren“, so das Unternehmen.
Bundeswehr bekommt mehr Meteor-Distanzwaffen: „,Hashtag‘ Beschaffung läuft“
„Wenn Sie schnelle Reaktionsbereitschaft und Luftpolizeidienste benötigen, dann wünschen Sie sich wahrscheinlich ein Flugzeug mit größerer Reichweite, besserer Leistung in einer sichereren Höhe zu günstigeren Betriebskosten“, zitiert das Magazin The National Interest Justin Bronk. Allerdings macht der Analyst des britischen Thinktanks „Royal United Services Institute“ (RUSI) klar, dass diese Rolle dem Eurofighter auf den Leib geschneidert sei. Zwar seien die Beschaffungskosten des Eurofighters mit rund 100 Millionen Euro im Vergleich höher als die für eine F-35A Lightning II mit vorsichtig geschätzten umgerechnet 80 Millionen Euro; von den Kosten für Modernisierungen ganz zu schweigen. Aber allein die hohe Waffenlast mache die ökonomischen Nachteile wieder wett, legt National Interest-Autor Harrison Kass nahe.
Zur Waffenlast gehört in der Bundeswehr auch die Meteor-Rakete. „‚Hashtag‘ Beschaffung läuft“, hat das Presseteam der deutschen Streitkräfte am Nikolaustag 2024 auf ihrem X-Kanal gepostet. Gemeint war die Luft-Luft-Rakete „Meteor“, die dem Eurofighter Typhoon mehr Schlagkraft verleihen soll gegen eine erwartete Aggression von Wladimir Putins Invasionsarmee. Vorausgegangen waren erste Tests. „Die vollständige Integration der Meteor-Rakete in die deutschen Eurofighter ist ein komplexer Prozess“, hat der Defense Mirror die Entwicklung samt Beschaffung kommentiert. Im November 2024 hatte die Bundesregierung für 520 Millionen Euro Meteor-Raketen bestellt. Der Defense Express schätzt, dass sie dafür ungefähr 270 Raketen bekommen könnte.
Eurofighter gefragt: Hersteller sieht Auftragsbestand „auf 100 bis 200 Flugzeuge anwachsen“
„Zweifellos ist die Rakete äußerst beeindruckend, stellt aber nicht unbedingt die beste Lösung für Einsätze außerhalb der Sichtweite (Beyond Visual Range, kurz BVR) für alle Kampfflugzeuge und in allen Szenarien dar“, urteilte vor fünf Jahren Tyler Rogoway. Der Autor des Magazins The War Zone wies darauf hin, dass die Luftwaffen bestrebt sind, Ziele zu neutralisieren, bevor ein visueller Kontakt entstehe und der Angreifer in der gleichen Gefahr schwebt, wie der Angegriffene. Die Reichweite der Meteor-Rakete wird mit maximal 200 Kilometern angegeben.
Wie Cockpit Ende 2024 berichtet hat, gehe der Hersteller davon aus, „dass der Auftragsbestand von Eurofighter in den nächsten zehn Jahren auf 100 bis 200 Flugzeuge anwachsen wird“, so das Schweizer Magazin. Demnach sei von einer Nutzungsdauer dieses Kampfjet-Typs weit über das Jahr 2060 hinaus auszugehen – vorausgesetzt, die Maschinen würden aus- beziehungsweise nachgerüstet „mit fortschrittlicher Avionik, verbesserten Waffensystemen, die Brimstone III und Meteor einsetzen können, neuen Sensoren und verbesserter Konnektivität“, schreibt Cockpit. Die aktuellen Optimierungen stellen somit die ersten Weichen. Wie Cockpit Ende 2023 geschrieben hatte, sollen zunächst 15 Eurofighter auf den neuesten Stand gebracht werden – andere Zahlen fehlen.
Upgrade für NATO-Kampfjet: Münchner Start-up Helsing ist möglicherweise mit dabei
Mit dem Senderortungssystem von Saab und der Anti Radiation Guided Missile (AARGM) des amerikanischen Unternehmens Northrop Grumman soll der getunte Eurofighter Flugabwehrradare besser erkennen, lokalisieren und ausschalten können, so Cockpit; außerdem solle das Saab-System nicht nur orten, sondern auch feindliche Ortung stören können. Die Maschinen könnten dann unter der Bezeichnung „Eurofighter EK“ für „Elektronischer Kampf“ spezialisierte Missionen fliegen. Wie das Magazin Caliber berichtet, sollen auch KI-Lösungen für Selbstschutzmaßnahmen zur Optimierung gehören – laut Caliber könnte auch das in München ansässige Start-up Helsing zu den beteiligten Firmen zählen – das allerdings ist unbestätigt.
Der Eurofighter scheint alle Investitionen wert zu sein, er punktet in vielen Kategorien: „Das pilotenzentrierte Design des Flugzeugs reduziert die kognitive Belastung und ermöglicht es den Piloten, die Situation ohne Ablenkung oder Verwirrung im Blick zu behalten“, schreibt beispielsweise Joshua Eyre. Laut den Autoren des Fachmagazins Simple Flying biete das Konzept des Eurofighter Typhoon seinem Piloten „ein beispielloses Situationsbewusstsein“, das ihm „einen großen Sprung in der Effizienz des Luftkampfs“ ermögliche. Die Sensoren erlaubten eine einzigartige „‚Ansehen, Anvisieren, Abfeuern‘-Fähigkeit“. Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie lobt anhand einer Studie, „dass das Eurofighter-Programm entlang der gesamten Wertschöpfungskette 100.000 europäische Arbeitsplätze sichert, 25.000 davon in Deutschland“.
Und Caliber hat noch einen anderen Grund ausgemacht für das Eurofighter-Upgrade: „Dieser Schritt erfolgt vor dem Hintergrund von Frustrationen über das laufende Programm Future Combat Air System (FCAS) … aufgrund schleppender Fortschritte und Meinungsverschiedenheiten über die Forderung des französischen Herstellers Dassault Aviation nach einer Kontrollrolle.“ (Quellen: Airbus, Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, Reuters, X, Bloomberg, Handelsblatt, Flugrevue, The National Interest, Defense Mirror, The War Zone, Cockpit, Caliber, Simple Flying) (hz)