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Deutschlands „Autopapst“ hält den Doppelweg für einen Irrtum: Warum Autobauer im globalen Preiskampf mit alten Motoren und neuen E-Autos verlieren.
Bochum/München – Die Debatte über das geplante Verbrenner-Aus hält insbesondere die Autonation Deutschland in Schach. Der Traum vom schnellen Hochlauf der E-Mobilität ist jäh geplatzt, im Schatten wirtschaftspolitischer Entwicklungen und sinkenden Renditen.
Das führt dazu, dass die Industrie ihre Elektrostrategie zunehmend aufweicht und bereits totgesagte Verbrennungsmotoren frischen Schwung erhalten: BMW, Volkswagen und Mercedes-Benz halten länger als ursprünglich geplant am Konzept der Technologie-Offenheit fest.
Verbrenner statt Elektro: Rückzug oder Zukunftsstrategie?
Geht es nach Deutschlands wohl bekanntestem Autoexperten, ist dieser Strategiewechsel ein verheerender Fehler: In einem Gastbeitrag für Focus.de kritisiert Ferdinand Dudenhöffer, die aktuellen Entscheidungen deutscher Autobauer, wieder verstärkt auf Verbrennungsmotoren zu setzen.
Dies wirke wie ein Rückzug in die Vergangenheit, während chinesische Hersteller wie BYD und Xiaomi mit leistungsfähigen Elektroautos auf den Markt drängen. Es sei riskant, dass Volkswagen, Mercedes und Co. aufgrund der hohen Kosten vor der Antriebswende einknicken.
In Deutschland und der EU kocht die Debatte über Antriebstechnologien. Haben auch Verbrennungsmotoren eine Zukunft? © IMAGO/Sascha SteinachTechnologie-Offenheit könnte den Hochlauf der E-Mobilität bremsen
Dudenhöffer und Co-Autor Haonan Zhu bemängeln, dass „Technologie-Offenheit“ zum neuen Zauberwort erklärt wird, obwohl die Konzerne zuvor mit „Electric Only“ das Tempo vorgaben, um die Wettbewerbsfähigkeit von E-Autos zu erhöhen. Die Politik habe zunächst zwar mit der plötzlichen Abschaffung der Umweltprämie die Elektromobilität gebremst, inzwischen stehe die Branche jedoch auf eigenen Beinen:
Die Preislücke zwischen Verbrennern und E-Autos schrumpft stetig, das Laden funktioniert immer schneller und die Reichweiten steigen. Gleichzeitig verteuern CO₂-Abgaben Benzin und Diesel, was den nächsten Boom der Elektromobilität begünstigt. Für die hiesige Zuliefererbranche hat er derweil eine düstere Prophezeiung.
Milliardeninvestitionen kosten Volkswagen und Co. viel Geld
Die Rückkehr zum Verbrennungsmotor kostet Milliarden: Neue Motoren, Plattformen und strengere Abgasnormen erfordern enorme Investitionen, während die Aktienkurse stagnieren. Höhere Ausgaben bei gleichbleibendem Umsatz sind kein gutes Geschäft, schildert der renommierte Wirtschaftswissenschaftler.
Mit Blick auf die USA erklärt Dudenhöffer den Unterschied: Dort seien alte V8-Motoren wieder gefragt, aber aufgrund fehlender Auflagen kaum Investitionen nötig. In Europa hingegen kosten immer sauberere Verbrennungsmotoren die Autohersteller viel Geld.
Ferdinand Dudenhöffer sieht das Revival von Verbrennungsmotoren in Europa kritisch (Archivbild). © Johannes NeudeckerSchwappt der Preiskrieg von China nach Europa über?
Der Preisdruck auf dem Autosektor kommt vor allem aus China, so der 74-Jährige. Hersteller wie MG, Roewe, Changan und Chery bieten mittlerweile Fahrzeuge auf europäischem Niveau, aber zu deutlich niedrigeren Preisen. Hersteller Chery war 2024 der größte Autoexporteur Chinas und beherrscht wie andere Anbieter aus der Volksrepublik sowohl Verbrennertechnologie als auch Effizienz. Das erklärte bereits der Europa-Chef der Marke im Interview mit IPPEN.MEDIA.
Während öffentlich BYD viel Aufmerksamkeit bekommt, greifen andere chinesische Marken nach den großen Marktanteilen. Dudenhöffer ist überzeugt: Der „Preiskrieg“ aus China erreicht schrittweise auch Europa.
„Autopapst“: China wird auch in Europa Kampfpreise ermöglichen
Preisvergleiche zeigen, wie stark der Druck auf Volkswagen und Co. schon jetzt ist: Ein durchschnittlicher VW-Neuwagen kostet in Deutschland beispielsweise 73 Prozent mehr als in China. „Nicht aus freien Stücken“, sondern aus Notwendigkeit sei VW in China zu Kampfpreisen gezwungen.
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Dieses Preisniveau werde nach und nach auch Europa erreichen, nicht nur im Elektrobereich: „Chinesische Hersteller bringen zahlreiche Benziner mit“ und der Wettbewerb werde sich weiter verschärfen – so der Direktor des Bochumer CAR-Instituts gegenüber Focus.de. Wenn Deutschland weiter auf den teuren Doppelweg setzt, „sägen wir am Ast, auf dem wir sitzen“. (PF)