DOMRADIO.DE: Was ist der entscheidende Unterschied zwischen den klassischen Marathons und dem Churchtrail, außer, dass er kürzer ist und an Kirchen vorbeiführt? 

Nicolas Niermann (Geschäftsführung DJK Sportverband Köln e.V.): Wir kommen nicht nur an Kirchen vorbei, sondern sogar in Kirchen hinein. Das ist der größte und bedeutendste Unterschied. Bei uns geht es nicht darum, eine bestimmte Zeit zu laufen, sondern wir laufen für das Erlebnis. 

Ein sportliches, aber auch ein spirituelles und architektonisches Erlebnis. Die Leute sollen die Strecke einfach genießen und etwas für Körper, Geist und Seele mitnehmen. 

DOMRADIO.DE: Sie sind schon viermal mitgelaufen. Was ist das denn für ein Gefühl, mit einem 120er Puls in eine Kirche reinzujoggen?

Niermann: Das ist natürlich ungewohnt. Viele, die das zum ersten Mal machen, schrecken davor ein bisschen zurück, mit Sportsachen eine Kirche zu betreten. Aber das ist mit den Kirchen abgesprochen, und genau für diesen Zweck sind die Kirchen an dem Tag auch geöffnet und vorbereitet.

Es geht darum, den Leuten, die aus der Bewegung kommen, ein spirituelles Erlebnis zu ermöglichen, wie sie das vorher noch nicht hatten. Die Kirchen und den Kirchenraum als etwas ganz anderes zu erleben und aus einer neuen Perspektive wahrzunehmen. Gerade durch die spirituellen Impulse, die man dann bekommt.

Das kann ein Körpergebet sein, etwas mit Atmung oder die Geschichte der Kirche thematisieren. Das wirkt auf einen einfach ganz anders, weil man in dem Moment selbst ganz anders ist. 

DOMRADIO.DE: Schaut man den Altarraum und die Fenster anders an, wenn man mit Adrenalin hineinkommt?

Niermann: Auf jeden Fall. Der Fokus verschiebt sich: Man hat eine andere Körperlichkeit, man spürt andere Sachen und in dem Moment kann man andere Sachen nachempfinden. Die Impulse, die man bekommt, sind darauf gemünzt, zu zeigen, dass man sich im Moment in Bewegung befindet. Wir empfinden das Christentum auch als eine bewegte Religion, die aus der Bewegung heraus geboren wurde. Das mal nachvollziehen und nachempfinden zu können, wie man es früher getan hat. Für viele ist das etwas ganz Neues und Faszinierendes für viele Menschen. 

Nicolas Niermann

„Man muss nicht christlich sein und trotzdem kann man da tolle Impulse und Empfindungen für sich herausnehmen.“

DOMRADIO.DE: Wie lässt sich der Glaube im Gegensatz zu einem klassischen Gottesdienst beim Churchtrail erleben? 

Niermann: Die Kirchen sind für viele Leute, die nicht dem institutionellen katholischen Glauben anhängen, trotzdem ein spiritueller Ort. Niemand, der eine beeindruckende Kirche betritt, bleibt unberührt von ihrer Wirkung. Das nutzen wir, um zu zeigen, dass nichts ist, was man rational nachempfinden muss. 

Das kann man einfach fühlen. Man geht in diesen spirituellen Raum rein, der mit einem in Bewegung etwas Besonderes macht. Das heißt, man muss nicht christlich sein, man muss nicht besonders gläubig sein und trotzdem kann man da tolle Impulse und Empfindungen für sich herausnehmen.

DOMRADIO.DE: Der Churchtrail findet erstmals in Kooperation mit der Zentralmoschee in Köln statt. Was können die Teilnehmenden vor Ort erwarten und was, erhoffen Sie sich als DJK von dieser Kooperation?

Eine Station des Churchtrails: Die Zentralmoschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld.

Niermann: Also uns geht es darum, diesen spirituellen Blick auf den Körper und den Menschen als Ganzes mit anderen Religionen, Nationalitäten und Kulturen zu teilen. Ich glaube, das ist ein tolles Zeichen, zusammenzukommen und zu sehen, dass da etwas ist, das uns eint. Ein universelles Gefühl von der Bewegung, von Sport, von der Gemeinschaft, das man gemeinsam erleben kann. Man rückt da zusammen und braucht dafür nicht mal eine Sprache. Deswegen ist das eine gute Kooperation. 

DOMRADIO.DE: Was ist, wenn ich zwar ein bisschen Sport mache, aber für einen Lauf, nicht fit genug bin: Kann ich trotzdem mitmachen? 

Nicolas Niermann

„Neun Kilometer schafft jeder, wenn man entsprechende Pausen zwischendurch einbaut.“

Niermann: Natürlich, wer Lust hat, mitzulaufen, sagt uns einfach, in welcher Geschwindigkeit er das möchte. Wir unterteilen die Gruppen am Anfang. Wer eher gemütlich laufen möchte, landet in der entsprechenden Gruppe und läuft etwas länger, startet dafür früher und kommt ungefähr gleichzeitig mit den anderen Gruppen an. 

Dadurch, dass wir acht Stopps in sieben Kirchen machen, ist das ein bisschen entzerrt und die neun Kilometer sind gar nicht so weit. Neun Kilometer schafft jeder, wenn man entsprechende Pausen zwischendurch einbaut. 

DOMRADIO.DE: Start und Ziel ist die St. Josef Kirche in Ehrenfeld. Wie fühlt sich das an, dort wieder anzukommen und in die Kirche reinzulaufen? 

Den Organisatoren geht es darum, den spirituellen Blick auf den Menschen als Ganzes mit anderen Religionen, Nationalitäten und Kulturen zu teilen. 

Niermann: Das ist mehr als ein normaler Zieleinlauf. Das ist ein Lauf in ein Kirchengebäude hinein, und wird dort mit offenen Armen empfangen. Da sind Ehrenamtler aus der Gemeinde in Ehrenfeld, die etwas an Verpflegung wie Getränke und Snacks zubereitet haben. 

Das ist einfach ein total tolles Gefühl. Dieses Kameradschaftliche mit der Gruppe, mit der man was beim Laufen erlebt hat, das verbindet total und führt dazu, dass die Leute noch lange in diesem Kirchenraum bleiben und sich darüber unterhalten, was sie gerade erlebt haben. 

DOMRADIO.DE: Kann ich mich noch kurzfristig anmelden oder ist es schon zu spät? 

Niermann: Sie können sich gerne noch anmelden. Selbst, wenn Sie spontan vorbeikommen wollen, würde das auch noch passen. Wir kriegen immer noch Leute unter. 

Das Interview führte Moritz Mayer.