KAB St. Ida widmet sich auch der Politik der Berliner Schwarz-Roten Koalition
Münster-Gremmendorf -anh-. Aus wenigstens zwei Perspektiven betrachteten Gäste der KAB in St. Ida die Frage „Von der Sozialhilfe zum Bürgergeld – wo stehen wir heute?“. Die eher seltene Konstellation des Donnerstags: Die Leiterin des Jobcenters Münster war nach Gremmendorf gekommen, dazu Dr. Stefan Nacke, Abgeordneter des Bundestages. Es sei „ein Dream-Team“ so leitete Annegret Beiler mit Humor ein: Die eine müsse „ausbaden und umsetzen, was der Dr. Nacke in Berlin produziert oder mitproduziert“.
Umzusetzen, so Korschewski, hat das Jobcenter die steuerfinanzierte Leistung „Bürgergeld“, mit als Kunden in der Regel langzeitarbeitslosen und arbeitsmarktfernen Menschen, aber auch den sogenannten Aufstockern zum Arbeitslohn. Man wolle in Münster an den Arbeitsmarkt heranführen und nutze eine umfangreiche kommunale Vernetzung. Die kommunale Lösung wie in Münster bevorzuge sie, da seien Wege kürzer. Eine weitere Aufgabe seien Bildung und Teilhabe. Geschäftsstellen hat man am Ludgeriplatz, in Wolbeck, Hiltrup und Kinderhaus. 2024 war jeder vierte Kunde des Jobcenters erwerbstätig, acht Prozent sind schwerbehindert, 43 Ausländer, 12 Prozent Alleinerziehende. Dem Schritt in Beschäftigung entgegen stehen bei 25 Prozent gesundheitliche Einschränkungen, 45 Prozent fehlt ein Schulabschluss. Acht Prozent können direkt in Arbeit integriert werden. Zum Wechsel zum „Bürgergeld“ und dem dafür herangezogene Ziel „Mehr Respekt und Augenhöhe“ bemerkte Korschewski, beides habe man auch vorher praktiziert. Das unterstützte eine im Sozialbüro von St. Ida aktive Frau aus dem Publikum; den Eindruck habe sie auch. Leistungsminderungen bei Pflichtverletzungen seien üblich. Tücken gebe es bei der Einstufung als „erwerbsfähig“, die nicht das Jobcenter vornehme. Gern angenommen würden kleine Arbeitsaufgaben wie im Grünflächen-Bereich. Das schaffe selbstverdientes Einkommen, Kontakte und Struktur im Tag. Und darüber mitunter eine sozialversicherungspflichtige Anstellung, das Hauptziel des Jobcenters. In Münster habe man 2024 2800 solche Integrationen geschafft, dazu 460 in Ausbildungs-Plätze. Bei letzterem seien es 2025 schon jetzt mehr.
Eher unzufrieden ist Korschewski mit Veröffentlichungen insbesondere der überregionalen Presse. Sie bekam auch ein Schlagzeilen-Beispiel einer Boulevard-Zeitung aufgetischt – aber anders als suggeriert seien Kürzungen „ein Standard“ und kein Problem. Den Fall eines „Totalverweigerers“ habe sie in Münster noch nicht erlebt.
Einen nochmal weiteren Rahmen zog Stefan Nacke, Bundestags-Abgeordneter der CDU für den Wahlkreis Münster, ein Mann des Sozialflügels der Union, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Für die Arbeit des Jobcenters hatte Nacke gute Worte – und wies darauf hin, dass Korschewski wie ihr Vorgänger Ralf Bierstedt immer wieder in Berlin gefragt seien.
Wiederholt wandte sich Nacke gegen verbreitete Neid-Reflexe und Versuche, die einen gegen die anderen auszuspielen. Von Kanzler Merz erwartet Nacke, innere Reformen ebenso anzugehen wie in der Außenpolitik. Courage bei Widerständen forderte er, dafür seien positive Beispiele Gerhard Schröder und Franz Müntefering.
Nacke erlebt die Einstellungen der Koalitionsparteien als wenig kompromissbereit – auf beiden Seiten. Das sei ein Kernproblem. In der nächsten zwei Jahren, bevor der nächste Wahlkampf beginnt, solle man sich auf einige wenige Aufgaben konzentrieren und diese bewältigen. Diese Botschaft will er in Kürze dem Kanzler vortragen. Eine solche Gelegenheit sei versprochen.
Die 13 Zuhörer im kühlen Pfarrheim stellten dem „Dream-Team“ viele Fragen.
Annegret Beiler (v.l.) von der KAB begrüßte in St. Ida Astrid Korschewski und Dr. Stefan Nacke. Foto: Andreas Hasenkamp.
Astrid Korschewski erläuterte die Arbeit des Jobcenters in Münster. Foto: Andreas Hasenkamp.
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