Er ist die alte und neue Nummer 1 und zeigt sich auch diese Saison wieder in absoluter Topform: Nach zuletzt vier Siegen in Folge muss Peter Gulacsi (35) am heutigen Samstag mit RB Leipzig in Dortmund ran. Im BILD-Interview spricht der Ungar über den Umbruch beim Bundesligisten und seine persönliche Zukunft.
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Vier Siege in Folge. Was erwartet RB Leipzig in Dortmund?
Peter Gulacsi (35): „Sie haben auf nationaler Ebene 13 Spiele nicht verloren, zuletzt auswärts bei uns. Und zu Hause sind sie ohnehin extrem stark. Unter Trainer Kovac sind sie sehr stabil geworden, vor allem defensiv. Sie arbeiten intensiv gegen den Ball und mit Ball haben sie sowieso Qualität. Deswegen wird das auf jeden Fall eine große Hürde für uns.“
Letzte Saison gab es nach dem Super-Start den Einbruch nach der Pleite beim BVB. Was macht Sie optimistisch, dass es diesmal anders läuft?
Wir versuchen natürlich, einen Vorteil daraus zu ziehen, dass wir jetzt nicht international spielen. Wir haben mehr Zeit, Automatismen zu trainieren, können Gegner besser vorbereiten. Zudem glaube ich, dass unser Kader in der Tiefe besser besetzt ist, so können wir mit mehr frischen Spielern nachlegen und haben im Training einen größeren Konkurrenzkampf. Und wir haben natürlich auch viel von der letzten Saison gelernt, dass man Konstanz behalten muss – im Training, in der Kabine, in den Spielen. Das war uns verloren gegangen.
RB hat viele Scorerpunkte und große Namen abgegeben, aber verheißungsvolle Transfers geholt. Ist die Mannschaft jetzt qualitativ besser oder schlechter als letzte Saison?
Das wird die Saison zeigen. Ich finde auf jeden Fall, dass wir sehr viel Frische in der Mannschaft haben, auch im Trainerstab und mit der Art und Weise, wie wir spielen wollen. Wir haben zwar Qualität abgegeben, aber auch viel Qualität dazu geholt. Spieler, die aus guten Ligen gekommen sind und das Potenzial haben, sich weiterzuentwickeln – genau so, wie wir das von RB kennen.
Was ist ein realistisches Ziel für diese Saison?
Ich glaube, es ist zu früh, um über Tabellenplätze zu reden. Für uns ist internationaler Fußball elementar wichtig, das muss das Ziel sein. Wir müssen das, was wir in den letzten Wochen gezeigt haben, konstant nachweisen, dann haben wir die Chance, oben dabei zu sein.
Einige waren überrascht, dass Sie trotz ausgerufenen Umbruchs weiter die Nummer 1 sind. Wie würden Sie den Konkurrenzkampf im Sommer beschreiben?
Ich bin froh, dass die Entscheidung so gefallen ist, aber es war eng, dem bin ich mir schon bewusst. Ich glaube, bis zur Entscheidung war es eine 50:50-Geschichte. Ich wusste, dass ich eine gute Saison gespielt habe, aber in der Vorbereitung geht es von vorne los.
Wie sehr leidet man mit Konkurrent Maarten Vandevoordt (23), der erneut den Kürzeren gezogen hat?
Schon sehr, weil ich ihn mag, als Typ und als Torwart. Auch wenn ich ihn die Tage nach der Entscheidung erstmal in Ruhe gelassen habe. Aber die Situation hätte genauso andersherum sein können und dann hätte ich sie genauso akzeptiert wie er.
Peter Gulacsi (l.) und Maarten Vandevoordt kämpften im Sommer um die Nummer 1 bei RB Leipzig
Foto: picture alliance / Picture Point
Es wurde viel über Umbruch und Verjüngung im Sommer gesprochen. War ein Wechsel Thema für Sie?
Es gab schon Interesse von Klubs aus dem Ausland. Aber mein Berater Hasan Cetinkaya und ich haben sehr offene Gespräche mit Marcel Schäfer geführt. So wusste ich, dass ich auf jeden Fall für diese Saison fest im Kader eingeplant bin. Deswegen war es für mich auch selbstverständlich, dass ich bleiben und um die Nummer 1 kämpfen will. Für mich bedeutet dieser Verein und die Stadt so viel, dass ich das ungern im Sommer aufgegeben hätte.
In all den Jahren sind immer wieder Konkurrenten (Yvon Mvogo, Josep Martinez, Janis Blaswich, Maarten Vandevoordt) an Ihnen abgeprallt. Sie zeigen auch diese Saison wieder Top-Leistungen. Was macht Sie so stark?
Ich würde schon sagen, dass mich auch diese Konkurrenzkämpfe besser gemacht haben. Ich war ja auch zweimal schon in der Rolle als Nummer 2 – hinter Fabio Coltorti und hinter Janis Blaswich nach meiner Verletzung. Und ich habe genauso Gas gegeben, wie jetzt als Nummer 1. Ansonsten versuche ich natürlich, fit zu bleiben, gut zu trainieren und mich immer noch in Kleinigkeiten weiterzuentwickeln.
Ist das nach all den Jahren noch möglich oder geht es in erster Linie um Bestätigung der Leistungen?
Es gibt immer neue Herausforderungen, Fußball entwickelt sich immer weiter. Als Beispiel: Es gibt heutzutage mehr Mannschaften, die gegen den Ball mit Mann-Deckung arbeiten. Das war vor drei Jahren absolut undenkbar. Genau so ist es im Tor. Wir arbeiten neben dem Training viel mit Videosequenzen. Freddy (Torwarttrainer Gößling, d. Red.) zeigt kleine Clips – da geht es gar nicht immer nur um die ganz großen Welttorhüter. Letzte Woche haben wir uns zum Beispiel Szenen von Ron-Thorben Hoffmann von Braunschweig angeguckt. Das sind Situationen, wo man sieht, diese Lösung ist vielleicht etwas, was wir mitnehmen können.
Peter Gulacsi (2. v. r.) spielt seit 2015 bei RB Leipzig
Foto: Jan Woitas/dpa
Sie waren einst Kapitän, sind jetzt nicht mal mehr im Mannschaftsrat. Wie bringen Sie sich dennoch ein?
Ich habe nach wie vor eine sehr wichtige Rolle in der Kabine. Ich versuche, die jungen Spieler mitzunehmen, die neuen zu integrieren. Wir haben jetzt eine andere Führungsstruktur in der Kabine, das tut uns gut.
Auch Timo Werner (29), so heißt es, geht als Führungsspieler voran. Wie zeigt sich das?
Er ist sehr offen und hat eine spezielle, aber lustige Art und Weise. Dass ihn unsere Fans sehr mögen, überrascht mich nicht. Timo ist immer noch unser Rekordtorschütze. Ähnlich wäre es wahrscheinlich, wenn Emil Forsberg mal als Gast vorbeikommt, oder Marcel Halstenberg, bald spielen wir auch gegen den HSV mit Yussuf Poulsen. Die Fans haben die Verdienste dieser Spieler nicht vergessen.
Ihr Vertrag endet 2026, sie wollen gerne verlängern. Für wie realistisch schätzen Sie das ein?
Ich hatte noch nie so eine Situation in meiner Karriere, dass ich in mein letztes Vertragsjahr gegangen bin. Andererseits, ich bin 35 Jahre, da ist das auch ein Stück weit normal. Ich bin sehr dankbar für die Anerkennung, die ich in dieser Stadt bekommen habe, für die Rolle, die ich in diesem Verein schon gespielt habe. Dass es jetzt nicht ewig so weitergehen wird, das ist mir auch bewusst, irgendwann kommt die Zeit, wo es vorbei ist. Aber ich fühle mich körperlich sehr gut und sage, meine Karriere muss und wird im Sommer weitergehen. Mein Wunsch wäre natürlich, dass es hier ist. Aber man muss sehen, wie die Pläne vom Verein sind, wir haben noch nicht über die Zukunft gesprochen.
Wann würden Sie sich das wünschen?
Ich glaube, das Wichtigste ist jetzt erstmal, die sportliche Entwicklung weiterzuführen, meine Leistungen zu bringen und dann wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, wo wir die Chance haben, darüber zu sprechen.
VfL Wolfsburg – RB Leipzig: So lief das Werner-Comeback
Quelle: DFL29.09.2025
Würden Sie auch als Nummer 2 verlängern?
Wie gesagt, der Verein und ich haben noch nicht darüber gesprochen. Was ich aber sagen kann, ist, dass es mir wichtig ist, dieses Gefühl zu haben: Okay, ich bin wertvoll hier, ich bin gerne hier.
Gibt es noch unerfüllte Träume – noch mal nach England oder in die MLS, oder sind sie ein Typ für Saudi-Arabien?
Ich bin ein Leipzig-Typ. (grinst) Ich habe keine unerfüllten Wünsche. Im Fußball ändern sich die Dinge schnell und du weißt nicht, was die Zukunft bringt. Aber ich kann nur über das Hier und Jetzt reden. Da verspüre ich nicht diesen Reiz, unbedingt noch mal etwas anderes zu probieren, sondern ich schätze, was ich habe.
Ihre beiden Dominik (6) und Vince (4) sind auch schon am Ball. Wie sehr freut Sie das?
Sie spielen beide im gleichen Verein hier in Leipzig. Ich als Papa finde das natürlich gut. Weil man im Mannschaftssport sehr viele Werte fürs Leben lernen kann – Disziplin, den Willen, sich weiterzuentwickeln und Respekt gegenüber Teamkollegen und dem Trainer. Ich finde es gut, dass sie Sport machen. Was mal daraus wird, muss man sehen.