Verteidigungsminister Boris Pistorius hat nach dem Stopp der Beratung im Bundestag über das geplante Wehrdienstgesetz durch die Unionsfraktion deren Vorgehen scharf kritisiert. „Das Verhalten der Unionsfraktion ist fahrlässig, weil es möglicherweise die Einführung des neuen Wehrdienstes und damit auch die Wiedereinführung der Wehrerfassung verzögert“, sagte er dem Handelsblatt. Der SPD-Minister forderte den Koalitionspartner dazu auf, „am Zeitplan festzuhalten und sich so einzubringen, wie es das parlamentarische Verfahren vorsieht“.
Im parlamentarischen Verfahren gebe es verschiedene Möglichkeiten, vom Gesetzentwurf abweichende Haltungen einzubringen, etwa durch Änderungsanträge. Auch die Anhörung von Sachverständigen diene genau dazu, Expertise von außen einzuholen, sodass kein Argument unberücksichtigt bleibe. Die Bundestagsberatungen mit Verweis auf die Luftraumverletzungen zeitlich zu verschieben, zeige die Widersprüchlichkeit des Vorgehens der Union. „Was Drohnenüberflüge mit dem Wehrdienst zu tun haben sollen, bleibt das Geheimnis der Unionsvertreter“, sagte der Verteidigungsminister. Damit schade die Union auch dem Ansehen der Regierung, anstatt Vertrauen aufzubauen.
Blockade des Wehrdienstgesetzes durch die Unionsfraktion
Die erste Lesung des neuen Gesetzes für einen attraktiveren Wehrdienst im Parlament sollte eigentlich am kommenden Donnerstag stattfinden. Am Freitag hieß es aus der CDU/CSU-Regierungsfraktion aber, die Beratungen sollten verschoben werden. Derzeit steht die Lesung noch auf der Tagesordnung des Bundestags, am Montag soll der Punkt aber gestrichen werden. Eine Einigung übers Wochenende erscheint demnach unwahrscheinlich, gilt aber nicht als ausgeschlossen.
© Lea Dohle
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Die Unionsfraktion halte den Entwurf für „unausgegoren“, hatte ein Pressesprecher der Nachrichtenagentur AFP gesagt. Unter anderem fehlen den Unionsabgeordneten in dem Gesetzentwurf Vorkehrungen, mit denen die Wehrpflicht wieder eingeführt werden könnte. Das Modell von Pistorius setzt zunächst auf Freiwilligkeit. Ein verpflichtender Wehrdienst ist vorgesehen für den Fall, dass Rekrutierungsziele nicht erreicht werden oder die Sicherheitslage höhere Zahlen nötig macht. Einen Automatismus, eine festgelegte Zahl und einen festen Zeitpunkt für eine Aktivierung der Wehrpflicht gibt es aber nicht.
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Die Wehrpflichtdebatte hatte nach den jüngsten Verletzungen des Nato-Luftraums wieder Fahrt aufgenommen. Außenminister Johann Wadephul (CDU) bekräftigte seine Forderung, dass die Wehrpflicht umgehend wiedereingeführt werden müsse. Auch der Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn sprach sie für ein ambitionierteres Vorgehen beim Wehrdienst aus.