Der Bebauungsplan für die Radefelder Allee im Nordwesten Leipzigs wurde zwar im Mai beschlossen, der Planungsbeschluss schon im Herbst 2024. Aber dabei wurde deutlich, wie viele Punkte beim geplanten Umbau der Radefelder Allee noch zu klären wären. Vom Erhalt der zwei Kilometer langen Lindenallee über die mögliche Vierspurigkeit bis hin zu alternativen Mobilitätsangeboten für die Beschäftigten rund um das Güterverkehrszentrum. Die SPD-Fraktion hat dazu jetzt eine umfassende Anfrage gestellt, in der auch die Frage auftauchte: Wann kommt endlich der S-Bahn-Haltepunkt fürs Güterverkehrszentrum?
„Der Stadtrat hat im September 2024 den Planungsbeschluss zum Ausbau der Radefelder Allee (S 8) von Kreisverkehr Radefelder Allee/Poststraße bis Knoten B 6/S 8 gefasst und dort Planungsprämissen festgelegt. Darin wurde die Stadt u.a. beauftragt zu prüfen, ob der vierspurige Ausbau der Staatsstraße S 8 wirklich nötig ist oder ob ein Ausbau der Knotenpunkte zur Bundesstraße B 6, zur Hugo-Junkers-Straße und am Kreisverkehr zur Poststraße ausreicht, um den Verkehr zu gewährleisten“, beschreibt die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat die Gemengelage um dieses Straßenprojekt.
Und ein Eindruck bleibt: „Bei Betrachtung der aktuellen Situation über mehrere Wochen und Tageszeiten ergibt sich folgendes Muster: Die Straße ist zu über 80 Prozent des Tages leer oder schwach befahren. Nur während der Schichtwechselzeiten staut sich der Verkehr kurzfristig auf der Straße. Dies geschieht nach mehrtägiger Beobachtung fast ausschließlich aus zwei Gründen:
1) Die Schichtwechselzeiten vieler Firmen im gesamten Gewerbegebiet fallen auf den gleichen Zeitpunkt, was mit dem Anlieferverkehr kollidiert, und temporäre Verkehrsspitzen erzeugt
2) die drei schlecht ausgebauten Knotenpunkte, insbesondere der zu enge Kreisverkehr und das Rechtsabbiegen von der S8 auf die B6 neu, stauen den Verkehr erheblich.“
Die Stadt habe zwar inzwischen die Planungen für diese Straße europaweit ausgeschrieben, teilt nun das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) mit. Aber ob die Stadt diese Straße bis 2027 gebaut bekommt, ist im Angesicht der aktuellen Haushaltslage im Land und in der Stadt wieder fraglich.
Eigentlich geht es um den Flughafen
Aber es ist eigentlich der Freistaat Sachsen, der den Ausbau dieser Allee forciert sehen möchte, wie das MTA in seiner Antwort feststellt: „Die Maßnahme Radefelder Allee ist Bestandteil des Masterplanes zur Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur um den Flughafen Leipzig/Halle, welchen der Freistaat Sachsen erstellt hat. Mit diesem Masterplan werden den Kommunen um den Flughafen Mittel aus dem Landeshaushalt zur Maßnahmenplanung und -umsetzung bereitgestellt.
Mit Festsetzungsbescheid vom 20. Dezember 2023 sowie Änderungsbescheid vom 17. Oktober 2024 wurden zur Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur, Steigerung der Lebensqualität sowie zur bedarfsgerechten Anpassung des Verkehrsnetzes eine Fördermittelhöhe für die Planung in Höhe von 3,25 Mio. € festgesetzt. Es sind keine Eigenmittel vorzuhalten. Derzeit endet der Bewilligungszeitraum für das Gesamtvorhaben am 31. Dezember 2027. In diesem Zeitraum kann das Vorhaben im Rahmen der Fördermittelzusagen weiterbearbeitet werden“, stellt das MTA fest.
Nur: Kann die Stadt den Straßenumbau bis 2027 überhaupt ins Rollen bringen?
„Die Stadtverwaltung hat mit dem Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030 eine Priorisierung vorgenommen. Die Radefelder Allee ist ein Vorhaben mit hoher Priorität, um die kommunalen Ziele zu erreichen“, betont das MTA.
Aber mit der konkreten Umsetzung wird es schwierig: „Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass die getroffenen Annahmen für die Priorisierung der Vorhaben (Beschluss VII-DS-09238 vom 25.04.204) nach dem freiwilligen Haushaltssicherungskonzept, der Personalumlenkung, einer weiterhin sehr angespannten Haushaltslage, dem Moratorium für investive Neumaßnahmen und auch eine deutliche Kürzung von Förderungen des Landes sich geändert haben.
Es gibt bisher keine konkrete Fördermittelzusage des Landes zur Umsetzung des Bauvorhabens, jedoch ist zumindest durch den Masterplan bereits das ‘besondere Landesinteresse’ attestiert, welches eine Behandlung als Einzelmaßnahme gemäß den einschlägigen Förderrichtlinien ermöglicht.“
Warum ist ausgerechnet die Radefelder Allee priorisiert?
Was natürlich die Frage der SPD-Fraktion bedingt, warum ausgerechnet diese Straße, bei der scheinbar kein besonderer Druck besteht, priorisiert wird, während viel wichtigere innerstädtische Straßenprojekte wie die Georg-Schumann-Straße wieder verschoben werden.
Aber das MTA kann darauf nur antworten: „Eine Verschiebung der Maßnahme ist nicht angedacht, da sich das Gebiet schnell und dynamisch weiterentwickelt und wie unter Punkt 7 erläutert separate Fördermittel für die Maßnahme bis Ende 2027 bereitgestellt werden.
Insbesondere im Gebiet zwischen der A 14 im Norden und der B 6 im Süden sowie den unmittelbar angrenzenden Bereichen gibt es mehrere konkrete Entwicklungen, die im Ergebnis ihrer Umsetzung dazu führen könnten, dass in den nächsten Jahren hier eine Vielzahl von neuen Arbeitsplätzen entstehen.
In den kommenden Monaten und im Rahmen der anstehenden Haushaltsplanung 2027/28 sollten sich jedoch die aktuellen Unklarheiten in Bezug auf die Haushaltslage, im Umgang mit Neumaßnahmen und der Fördermittelkulisse auflösen“, meint das MTA, was immer sich hinter dieser seltsamen Hoffnung, die Haushaltslage könnte sich 2027/2028 entspannen, verbirgt. Aber eins ist klar, so das MTA: „Die geschätzten Bauinvestitionskosten von ca. 18,1 Mio. EUR können absehbar nur mit einem hohen Fördermittelanteil gedeckt werden.“
Das Fragezeichen bleibt also.
Der S-Bahn-Halt dauert länger als nur fünf Jahre
Während sich beim Thema S-Bahn-Anschluss zumindest in den zuständigen Gremien etwas bewegt, auch wenn der Bau eines S-Bahn-Haltepunktes Güterverkehrszentrum erst in den 2030er Jahren Realität werden dürfte.
Die SPD-Fraktion hatte auch dazu extra angefragt: „Ein S-Bahn-Haltepunkt wird laut MDV mehr als 5 Jahre dauern. Kann der Planungszeitraum verkürzt werden? Welche alternativen Anbindungen an den örtlichen ÖPNV wurden geprüft und mit welchem Ergebnis? Welche Optionen wurden geprüft, um das Gebiet an überörtlichen öffentlichen Verkehr anzubinden, denn flächenintensive PKW-Parkflächen widersprechen einer guten Entwicklung des Gewerbestandorts?“
Und zumindest das bestätigt das MTA: „Für die Erschließung des Gebietes westlich der Radefelder Allee werden zwei mögliche Haltepunkte betrachtet, im Norden an der Strecke zum Flughafen der Haltepunkt Radefeld/GVZ und im Süden an der S-Bahn-Strecke nach Schkeuditz der Haltepunkt Schkeuditz Ost. Für letzteren liegt inzwischen eine Machbarkeitsstudie vor. Im nächsten Schritt muss die Vorzugsvariante und damit die Lage des Haltepunktes und die Finanzierung geklärt werden. Für den Haltepunkt Radefeld/GVZ soll demnächst die Machbarkeitsstudie beauftragt werden, auch hier ist die Finanzierung bislang ungeklärt.
Die Stadt Leipzig ist jedoch nicht für die Planung und Errichtung von S Bahn-Haltepunkten zuständig. DB Infra GO steht in der Verantwortung und Federführung für Planung und Bau. Die Anforderungen wurden über den Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig übermittelt.“
Nur wird das in den nächsten fünf Jahren nicht umzusetzen sein, stellt das MTA dann fest.
„Nach aktueller Einschätzung ist eine Inbetriebnahme binnen 5 Jahre leider unrealistisch. Da ein S-Bahn-Anschluss jedoch als notwendig gesehen wird, hat die Stadt Leipzig einen Prozess zur Bündelung der Interessen im Nordraum initiiert. Gemeinsam mit dem Landkreis Nordsachsen, der Stadt Schkeuditz und mit Unterstützung des Sächsischen Ministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung setzt sich die Verwaltung für die Haltepunkte stark.
Im unterzeichneten ‚Letter of Intent für den Weg zu einer nachhaltigeren Gewerbegebiets- und verkehrlichen Entwicklung im Leipziger Nordraum‘ wurde das Vorhaben priorisiert und auch nachgehalten. Damit kann das Vorhaben durch die unterschiedlichen Partner gegenüber der DB Infra GO adressiert und eingefordert werden“, so das MTA.
Bis zur Fertigstellung der S-Bahn-Haltepunkte werde weiter der Busverkehr eine tragende Funktion bei der ÖPNV-Erschließung des Plangebietes ausüben. Was dann in der Beschlussvorlage zum B-Plan Nr. 422 „Radefelder Allee West“ so formuliert ist: „Entlang der Planstraße A ist eine Buslinie zu etablieren, die im Normalzeitbereich im Stundentakt verkehrt und ergänzend dazu Zeiten mit hohem Fahrgastaufkommen abdeckt. Die Haltestellen sind mit kurzmöglichsten Wegen zu den Firmenzugängen einzurichten. Das Netz der Haltestellen ist auch auf der Radefelder Allee (S 8) zu ergänzen.“