Als Suzanne Vega vor zwei Jahren „Speakers‘ Corner“ schrieb, da wusste sie nicht, ob sie den Song über das Thema Rede- und Meinungsfreiheit irgendwann noch brauchen wird. Denn wir erinnern uns: Damals hieß der US-Präsident noch Joe Biden. Jetzt heißt er wieder Donald Trump. Und nun fühlt sich „Speakers‘ Corner“, so erzählt es die New Yorker Singer-Songwriterin bei ihrem Münchner Konzert in der vollen Isarphilharmonie, Tag für Tag aktueller an. Vielleicht steht „Speakers‘ Corner“ auf ihrem neuen, sehr schönen und wie man merkt: durchaus politischen Album „Flying With Angels“ deshalb auch am Anfang. In der Isarphilharmonie spielt Suzanne Vega ihn als achten Song.

Das Titelstück „Flying With Angels“ gab es direkt davor. Und davor wiederum standen ausschließlich alte Songs wie „Marlene On The Wall“, „99.9 F°“ und „The Queen And The Soldier“ auf dem Programm. Und das klingt nach einer guten Strategie. Dass man die Leute zuerst mit dem Vertrauten auf seine Seite zieht. Bevor dann das Neue und Politische kommt.

Andererseits: Die immer noch genauso sanft wie prägnant klingende Stimme der inzwischen 66-Jährigen zu hören, das ist so und so eine Freude. Und dass es mit „Flying With Angels“ nach fast zehn Jahren überhaupt wieder ein neues Studio-Album der in den Achtzigern mit den Hits „Luka“ und „Tom’s Diner“ bekannt gewordenen Sängerin gibt: Das ist ja auch etwas sehr Schönes. Die genannten Hits spielt Vega live natürlich auch, als letzte reguläre Songs.

Begleitet wird sie bei alledem wie immer von dem famosen Gitarristen Gerry Leonard. Mit Stephanie Winters ist diesmal zudem eine Cellistin dabei. Getragen wird ausschließlich Schwarz. Warum? Das erklärt Vega in „I Never Wear White“, in dem sie ihre Ablehnung tradierter Rollenbilder thematisiert. Ansonsten erweist sie sich in und zwischen ihren Songs als gewitzte Erzählerin. Wie etwa im neuen Stück „Chambermaid“, in dem sie sich in die Rolle der Kammerzofe hinein fantasiert, die Bob Dylan im Song „I Want You“ besingt. Dafür hat sie, erzählt sie, sogar eine Strophe von ihm geklaut.

Als Zugaben gibt es mit „Walk On The Wild Side“ dann auch noch eine Lou-Reed-Hommage, mit dem eher spookigen „Tombstone“ ihrem „fröhlichsten Song“. Und mit „Galway“ wird es zuletzt irisch, mystisch-romantisch, eskapistisch. Aber das darf in heutigen Zeiten ja auch mal sein.