Dresden. Gut anderthalb Jahre nach Übernahme der Weinkulturbahn führt Betreiber Patrick Nitsche wieder Platzreservierungen ein. Ab 8. Oktober können Weinfreunde sicher einen Platz im Voraus buchen, kündigte der Sommelier an. Im Wesentlichen sollen Gäste besser planen können und nicht umsonst den Weg durch die halbe Stadt nach Striesen antreten. Sind die rund 30 Plätze in der Weinkulturbar besetzt, heißt es bisher eng stehen oder draußen frieren, wenn das Wetter nicht passt.
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„Wir haben lange überlegt und mit Gästen gesprochen“, sagt Nitsche. Platzreservierungen sind in der Weinkulturbar nämlich ein durchaus heikles Thema. Bis Anfang 2020 mussten Gäste unter dem Gründer und damaligen Betreiber Silvio Nitzsche drei bis vier Jahre im Voraus ein Plätzchen buchen – ein spontanes Gläschen Wein war unmöglich.
Wir haben lange überlegt und mit Gästen gesprochen.
Patrick Nitsche
Weinkulturbar
Mit der Pandemie hatte Nitzsche die Platzreservierung komplett abgeschafft und auch für Stammgäste oder kleine Gruppen keine Ausnahme gemacht. Wer zu spät kam, musste stehen oder ging wieder. Silvio Nitzsche, der als leidenschaftlicher Gastgeber eigentlich untrennbar mit der Weinkulturbar verbunden schien, hat sich zum Jahresanfang 2024 überraschend zurückgezogen, die Bar verkauft und widmet sich anderen beruflichen Herausforderungen in der Weinszene.
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Endlose Vorbuchungsfrist wie vor der Pandemie will der neue Betreiber Patrick Nitsche aber vermeiden. Maximal drei Monate im Voraus könnten Plätze reserviert werden – in zwei Zeitfenstern zwischen 15 und 18 sowie 18.15 und 22 Uhr. Auch kurze Besuche auf nur ein Weinchen nach Feierabend sollen buchbar sein. Ebenso will Nitsche kostenlose Stornierungen ermöglichen – während insbesondere die gehobene Gastronomie durchaus No-Show-Gebühren fürs unentschuldigte Fernbleiben kassiert.
Freie Plätze für spontane Gäste
Eines ist dem Betreiber der Weinkulturbar aber wichtig: Es werden auch künftig immer einige Plätze für Spontangäste freigehalten. Und alle Plätze, die 15 Minuten nach der Reservierungszeit noch frei sind, werden ebenfalls an Spontanbesucher vergeben, kündigt Patrick Nitsche an. Die Weinkulturbar soll weiterhin ungezwungenen Genuss bieten: Natürlich dürfe man im Stehen ein Glas trinken.
Auch die Außengastronomie werde winterfest gemacht – Heizstrahler und Decken inklusive – für alle, die das mögen. Wer übrigens meint, Glühwein in einer gehobenen Weinbar gehe gar nicht, liegt daneben: Patrick Nitsche kündigt an, auch selbstgemachten Glühwein auszuschenken.
Wir werden nicht kochen.
Patrick Nitsche
Weinkulturbar
Nur ganz behutsam hat sich Patrick Nitsche von seinem Vorgänger Silvio Nitzsche abgenabelt, obwohl sich dieser bereits mit dem Verkauf komplett zurückgezogen hatte. Das Ambiente der etablierten Bar, die weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist, sollte keinesfalls radikal umgekrempelt werden. Dennoch setzt der nicht mehr ganz so neue Betreiber und frisch gebackene Familienvater nach und nach mehr eigene Akzente, was sich naturgemäß zuerst in der Weinauswahl widerspiegelt.
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Etwa 20 Prozent früherer Stammkunden seien weggeblieben, während ebenso viele neue Stammkunden kämen, meint Nitsche. Das sei bei einem Betreiberwechsel nicht unüblich. Weiterhin bleibt die Weinkulturbar ein Etablissement mit nur kleinen Gerichten, wobei erlesene Käsekreationen weiter dominierten. Aber auch wechselnde Süppchen, hausgemachten Flammkuchen oder Jahrgangssardinen aus Spanien sowie kleine Desserts werden abgestimmt zu Wein oder Schaumwein serviert. „Wir werden aber nicht kochen“, stellt Nitsche klar.
Guter Wein ab sieben Euro das Glas
Weiterhin sind neben echten Weinkennern auch Laien willkommen und Weinfreunde, deren Geldbeutel nicht unbedingt jede Woche eine Flasche Großes Gewächs vom besten Jahrgang namhafter Weingüter erlaubt. „Bei uns gibt es für sieben oder acht Euro einen guten Wein“, sagt Nitsche. Italien, Frankreich, Spanien bieten besonders gute Preis-Leistungs-Verhältnisse. Wie schon Silvio Nitzsche bringt auch Patrick Nitsche sein Weinwissen den Gästen locker und ohne elitäres Gehabe näher. Dabei setzt der Chef auf sein kleines Team. „Nina, Jan und Dyland sind alles ausgebildete Fachleute.“
Die Weinkulturbar bietet Weine aus nahezu der ganzen Welt, deshalb ist das Sortiment mit regionalen Weinen von nur etwa einer Handvoll sächsischer Winzer überschaubar. Nitsche empfiehlt als Alternative aber durchaus feine Tropfen namhafter Erzeuger und Newcomern vom nahen Anbaugebiet Saale-Unstrut, aus Franken oder seiner badischen Heimat. Wirtschaftlich wichtig für die Weinkulturbar bleibe auch der Außer-Haus-Verkauf von Flaschenweinen, sagt der Betreiber. Hier werden ebenso Genießer fündig, die einen Wein für einen ungezwungenen Abend suchen wie solche, die eine besondere Rarität für den ganz großen Anlass benötigen.
DNN Schlemmerei
Was gibt’s Neues in Dresdens Gastroszene? Neue Läden, spannende Gerüchte, Kaddis Tests und Kästners Kochtipps – jeden zweiten Mittwochmittag.
In die Klageschar von Winzern und Gastronomen über den anhaltend sinkenden Weinkonsum will sich Patrick Nitsche übrigens nicht einreihen. Schwächeren Zeiten müsse man mit neuen Ideen begegnen, meint er. So hat der Sommelier damit begonnen, als sachkundiger Dienstleister für Restaurants zugeschnittene Weinkarten zu gestalten – etwa fürs neue „nook“ oder für Lohrmanns Brew, wo es neben den eigenen Bieren auch Weine im Ausschank gibt. Zudem hat Nitsche einen Sommelier-Stammtisch ins Leben gerufen. Eine Weinschule für Gastro-Mitarbeiter und Weinliebhaber kann er sich ebenso vorstellen.
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Zudem will er die Weinkulturbar sanft umbauen und neben den bisherigen Tischen einen offeneren, kommunikativen Bereich schaffen, wo Gäste miteinander ins Gespräch kommen können. Erklärtes Ziel der Weinkulturbar bleibt es auch, ein wenig mehr Weinkultur in Sachsen zu etablieren – die endet nämlich noch viel zu oft beim einfachen Goldriesling und verschlossenen Winzern. An den Öffnungszeiten – bislang nur montags bis freitags – hat Patrick Nitsche ebenfalls ein wenig geschraubt. Künftig wird wohl an jedem zweiten Sonnabend im Monat geöffnet sein, meist für Themenabende mit Gästen. So ist beispielsweise am 11. Oktober ein Südafrika-Abend geplant.
DNN