Im „Ronzheimer“-Podcast schildert Oliver Pocher die Eindrücke von seiner Israel-Reise. Mit der deutschen Künstlerbranche geht er hart ins Gericht. Darin gebe es eine „sehr stark islamistisch angehauchte Bubble“. Die Hamas habe die Deutungshoheit in den sozialen Netzwerken.
Bevor sich der Terrorangriff der Hamas auf Israel zum zweiten Mal jährte, besuchte Oliver Pocher die Region. Auf Einladung der RTL-Nahost-Korrespondentin Raschel Blufarb reiste er durch Israel bis zur Grenze des Gazastreifens, besuchte Ramallah und Bethlehem im Westjordanland und sammelte Eindrücke auf dem Gelände des Supernova-Festivals, wo die radikalislamische Organisation ein Massaker verübt hatte. Zudem sprach der Comedian sowohl mit Palästinensern als auch Opfern des 7. Oktober 2023. Im „Ronzheimer“-Podcast berichtet er von seinen Eindrücken vor Ort und der mangelnden Solidarität der hiesigen Kulturszene mit Israel.
In den Gazastreifen würde er sich nicht trauen, aber vom Grenzgebiet aus habe er Rauchwolken und die zerbombten Städte gesehen sowie Einschläge gehört: „Das erste Mal wird Krieg für dich wirklich greifbar“, schildert Pocher. Speziell mit Blick auf seine eigenen Kinder habe er an sich ein „Gefühlswirrwarr“ festgestellt. „Das kann dich nicht kaltlassen.“
Für den Nahost-Konflikt gebe es „keine einfachen Lösungen“, doch die meisten Menschen, mit denen er gesprochen habe, befürworteten eine Zwei-Staaten-Lösung. „Beide müssen irgendwann den Punkt machen, dass man vergibt, vergisst in gewisser Form, dann auch weitermachen und sich auf den anderen verlassen kann“, beurteilte er.
Die aktuelle Folge RONZHEIMER gibt es hier zu hören: „Deutsche Promis, Krieg & Propaganda. Mit Oliver Pocher“
Unmittelbar nach dem Terroranschlag habe es in den sozialen Netzwerken noch eine „große Welle Richtung Israel“ gegeben, erinnert sich Pocher. Von dieser Solidarität sei insbesondere unter Kulturschaffenden wenig übrig geblieben. „‚Free Palastine‘ ist momentan komplett en vogue. Wenn du in der Branche bist, bist du eher ‚Free Palastine‘. Das gibt die schnellen Likes, die schnellen Klicks.“
Es werde wenig getan, um die israelische Seite zu verstehen. Stattdessen werde der Begriff „Genozid“ im Mund geführt. „Das feiern die ja total ab, das liebt man ja.“ Unter jenen Künstlern, die in den sozialen Medien aktiv seien, gebe es eine „sehr stark islamistisch angehauchte Bubble“, erläutert er. „Die sind halt sehr laut – und immer sehr aggressiv.“
Das habe er auch erlebt, als er sich über die Komikerin Enissa Amani lustig gemacht hat, die sich der Gaza-Flotte um Greta Thunberg angeschlossen hatte. „Gerne auch One Way“, hatte Pocher den Aktivismus der Schauspielerin kommentiert. Aus der muslimischen Community sei seine Stellungnahme so bewertet worden, als habe er gefordert, sie möge „gesteinigt, gefoltert, umgebracht werden und nie wieder zurückkommen“. Ihm sei es darum gegangen, dass er die beteiligten Menschen als „sehr, sehr schwierig“ empfinde und die Gaza-Flotte „wirklich abstruse Bilder“ produziert habe. Zudem sei ihm „klar“ gewesen, dass „keines dieser Boote jemals Gaza berühren würde“.
Doch auch an zivilisierterem Protest übte Pocher Kritik. „Lassen Sie Gaza nicht sterben, Herr Merz!“, hatten diesen Sommer 200 Autoren, Moderatoren und Schauspieler in einem offenen Brief an die Bundesregierung gemahnt. Der Comedian bezeichnete den Appell von Daniel Brühl, Carolin Kebekus oder Klaas Heufer-Umlauf als „schwierig“.
Besagte Künstler seien jene, „die ganz schnell sich zusammenschließen und auf der richtigen Seite stehen: Frauenrechte, Ukraine-Konflikt, Iran – ist egal. Sie haben immer eine schnelle Lösung und schreiben einen offenen Brief.“ Dabei müsse stets beachtet werden, dass es sich beim 7. Oktober 2023 um einen „Wendepunkt“ gehandelt habe. „Man darf nicht immer den Teil weglassen und dann dieses ‚ja, aber‘ sagen.“
Auch abseits der Kulturszene herrsche in den Netzwerken eine „einseitige Berichterstattung“ zum Nahost-Konflikt. „Das Social-Media-Game haben die Hamas gewonnen“, konstatiert Pocher. Es wäre unmöglich, die Sympathien für sich zu gewinnen, wenn das Netz voller Aufnahmen von hungernden Kindern seien. Die „Masse an Videos“ werde ohne Überprüfung mit einem „schnellen Klick“ weitergeleitet, um sich Zuspruch abzuholen. „Dieser Aktivismus per Social Media ist halt wahnsinnig anstrengend“, bewertete der Moderator. „Einfach zu sagen, das ist echt schlimm, weitergeleitet – so, was haben wir denn als Nächstes?“