Mit ihren beiden Söhnen war Julia K. im Frühjahr 2022 vor dem Krieg in der Ukraine geflohen. In Augsburg hatten sie Unterschlupf gefunden, wenige Wochen später kam auch ihr Mann nach. Doch auch nach der Flucht aus dem Kriegsgebiet kam die Familie nicht zur Ruhe. Nur einige Tage, nachdem ihr Mann in Deutschland angekommen war, kam es zu körperlichen Übergriffen. Immer wieder sei er auf sie losgegangen, erzählt die Mutter. Über das Hilfetelefon erhielt sie den Rat, Zuflucht in einem Frauenhaus zu suchen. In ihrer Not wandte sich die Mutter an die Einrichtung in Augsburg. Drei Tage habe sie warten müssen, dann packte Julia K. ihre Söhne und ein paar Habseligkeiten und ging ins Frauenhaus. Über drei Jahre sind seitdem vergangen. Heute wohnt die Mutter, die eigentlich anders heißt, mit ihren Kindern in einer eigenen Wohnung, hat die Sprache gelernt, arbeitet als Schulbegleiterin. „Wir sind hier angekommen“, sagt sie und lächelt. Und ein besonderes Projekt, das von einer Augsburger Stiftung unterstützt wird, hat ihr dabei geholfen.
Das Projekt soll das Augsburger Frauenhaus entlasten
Denn nach ihrer Zeit im Frauenhaus fanden sie für mehrere Monate Platz in einem Apartment des Projekts „Second Stage.“ Gemeinsam mit der AWO hat es die Augsburger Stiftung „Herz zeigen“ aufgebaut. Maximal sechs Frauen mit ihren Kindern können in dem Haus auf drei Stockwerken wohnen, wenn sie während ihrer Zeit im Frauenhaus keine Wohnung gefunden haben oder noch engmaschigere Unterstützung brauchen. Etwa bei der Suche nach einem Kitaplatz für die Kinder, einer Arbeitsstelle für die Mutter oder eben einer neuen Bleibe. Die Sozialpädagogin Lisa Schreck hat Julia K. während ihrer Monate im „Second Stage“ genau bei solchen Fragen geholfen. „Wir kümmern uns um den Job, oft auch um Sprachkurse und um eine Wohnung.“ Letzteres erfordere bei Weitem die größten Ressourcen. Denn auf dem angespannten Augsburger Wohnungsmarkt werde es immer schwerer, etwas zu finden. Hätte sie seinen Wunsch frei, sagt Schreck, dann wäre es, dass Vermieterinnen und Vermieter von sich aus auf „Second Stage“ zukommen würden. Denn Alleinerziehende hätten es in Augsburg leider besonders schwer.
Augsburger Stiftung kümmert sich um „Raum und Fürsorge“
Das weiß auch der Augsburger Unternehmer Christian Dierig, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung „Herz zeigen“, die vor zehn Jahren gegründet wurde. Das Projekt „Second Stage“, sagt Dierig, sei mit den Schlagworten „Raum und Fürsorge“ ein typisches Beispiel dafür, wie die Stiftung arbeite. Weil man immer wieder auch das Augsburger Frauenhaus unterstützt habe, weiß Dierig, wie wichtig die Arbeit des Teams ist. Und wie knapp die Plätze dort sind. Auch, wenn die Einrichtung kürzlich auf nun 30 Plätze erweitert wurde. Denn eigentlich soll das Frauenhaus nur in der ersten Akutphase nach dem Auszug eine Zuflucht bieten. Doch wenn die Frauen keine Wohnung finden, blieben sie dort oft über Monate und es können keine neuen Bewohnerinnen aufgenommen werden. Das Projekt „Second Stage“, sagt die Leiterin des Frauenhauses, Birgit Reisinger, habe hier Entlastung geschaffen.
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Der Augsburger Unternehmer Christian Dierig ist Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung „Herz zeigen“.
Foto: Ulrich Wagner
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Der Augsburger Unternehmer Christian Dierig ist Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung „Herz zeigen“.
Foto: Ulrich Wagner
In Biberbach entsteht ein inklusives Wohngebiet
Doch mit diesem Angebot sei es längst nicht getan. In Augsburg und dem Umland unterstützt die Stiftung mehrere weitere Initiativen, etwa die „Villa Hammerschmiede“, ein Wohnprojekt für Menschen mit Handicap, das 2020 eröffnet wurde. Finanziert wurde auch ein spezieller „Snoezelen-Raum“ im Frauenhaus, der traumatisierten Frauen und Kindern helfen soll, ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Daneben, sagt Dierig, entwickle man auf einem 2,8 Hektar großen Areal in Biberbach in den kommenden Jahren ein inklusives Wohngebiet für Menschen mit und ohne Behinderung, wo auch autistische Menschen betreut werden können. Denn wer helfen wolle, sagt Dierig, müsse oft gar nicht in die Ferne schweifen. Auch in und um Augsburg gebe es viele Initiativen, die auf Spenden angewiesen seien.
„Inner Wheel“-Frauen spenden immer wieder
Und die, so der Kuratoriumsvorsitzende, kämen bei „Herz zeigen“ zu 100 Prozent dort an, wo sie gebraucht werden. „Die Verwaltung machen wir umsonst. Dafür bürge ich.“ Zahlreiche Unterstützer gebe es mittlerweile in Augsburg. So etwa die Frauen der Organisation „Inner Wheel“, die erst kürzlich wieder 5000 Euro für „Second Stage“ gespendet hätten. „Das sind so tolle und engagierte Frauen“, schwärmt Christian Dierig. Und hofft, dass sich viele andere an Menschen in und um Augsburg ein Beispiel an ihnen nehmen. „Wir brauchen mehr, dafür betteln und trommeln wir.“ Damit Menschen wie Julia K. und viele andere eine Zukunft haben.
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Katharina Indrich
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