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Ohne Präsidenten-Signatur keine Zeitumstellungs-Reform: Das Uhrendrehen bleibt in der Ukraine auch 2025 Pflicht trotz Parlamentsbeschluss.
Kiew – Die Ukraine plante als eine der ersten Nationen des Kontinents, dem umstrittenen Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit ein Ende zu setzen. Der Durchbruch schien zum Greifen nah, nachdem die Abgeordneten in Kiew bereits grünes Licht für die Reform gegeben hatten.
Ende Oktober stellen viele Europäer wieder die Zeit um. © Bihlmayerfotografie/IMAGO
Die angestrebte Lösung hätte das Land dauerhaft in der Zeitzone UTC+2 etabliert – eine Stunde später als die deutsche Winterzeit und gleich mit der deutschen Sommerzeit. Die letzte reguläre Zeitumstellung sollte nach Angaben von ukrinform.ua eigentlich im Herbst 2024 erfolgen. Doch daraus wurde nichts.
Selenskyj blockiert Reform mit fehlender Unterschrift: Ukraine dreht weiter an der Uhr
Obwohl das Parlament bereits für das Ende des halbjährlichen Uhrenrituals gestimmt hatte, unterschrieb Staatschef Wolodymyr Selenskyj nicht, wie parlament.ua erklärt. Daher greift weiterhin die seit 1996 geltende Regelung, die der Bevölkerung zweimal pro Jahr das Verstellen der Uhren abverlangt.
Ende Oktober müssen die Ukrainer, wie auch die Deutschen, abermals ihre Zeitmesser justieren. In den frühen Morgenstunden um 4 Uhr erfolgt der Übergang zur Normalzeit. Dabei springen die Uhrzeiger eine Stunde zurück und bescheren eine verlängerte Nachtruhe.
Parlament argumentiere mit wissenschaftlichen Studien und politischer Lage für das Ende der Zeitumstellung
Die Parlamentsmehrheit stellte im vergangenen Jahr zunächst identitätspolitische Überlegungen in den Vordergrund ihres Reformvorhabens. Während der Sommermonate ticken ukrainische und russische Uhren im gleichen Takt, da Moskau bereits 2014 auf eine durchgehende UTC+3-Regelung gewechselt war. Eine eigenständige Kiewer Zeitordnung sollte diese ungewollte Synchronisation beenden und als Symbol staatlicher Unabhängigkeit dienen. Die Abgeordneten erhofften sich von diesem Schritt einen Beitrag „zur Stärkung der Sicherheitslage“ und Unterstützung für „die Befreiung besetzter Gebiete“, wie der Tagesspiegel zitiert.
Parallel dazu stützten sich die Reformbefürworter auf medizinische Argumente gegen das halbjährliche Uhrendrehen. Wissenschaftliche Studien belegen die negativen Auswirkungen auf den menschlichen Biorhythmus: Die erzwungenen Anpassungen führen zu Schlafdefiziten, beeinträchtigen die geistige Leistungsfähigkeit und können Gewichtszunahme fördern. Durch eine dauerhafte Beibehaltung der Winterzeit würden diese gesundheitlichen Belastungen wegfallen und gleichzeitig die Produktivität der Arbeitskräfte steigen, argumentierten die Politiker laut netzwelt.de.
Auch EU-Staaten erzielen seit Jahren keine Einigung – einige Staaten wollen bisherige Regelung beibehalten
Die Ukraine ist nicht das einzige Land mit Überlegungen, die Zeitumstellung wegfallen zu lassen. Auch die EU-Länder kennen diese Diskussion. Eine breit angelegte Bürgerbefragung der EU-Kommission im Jahr 2018 ergab eine überwältigende Ablehnung der Zeitumstellung in den EU-Ländern: Mehr als vier Fünftel der Teilnehmer wünschten sich laut dem Bayerischen Rundfunk ein Ende dieser Praxis. Das Parlament interpretierte dieses Ergebnis als klaren Handlungsauftrag und verabschiedete 2019 eine entsprechende Richtlinie. Der Zeitplan war ehrgeizig: Schon 2021 sollte zum letzten Mal in der EU kollektiv an den Uhren gedreht werden. Doch zwischen parlamentarischem Beschluss und praktischer Umsetzung klafft seither eine unüberbrückbare Lücke.
Das fundamentale Hindernis liegt in der Uneinigkeit über die künftige Zeitregelung. Ein Lager der Mitgliedstaaten plädiert für die Beibehaltung der Sommerzeit als Standard, während Gegenstimmen die Normalzeit als natürlichere Alternative propagieren. Erschwerend kommt hinzu, dass einzelne Nationen wie Griechenland und Zypern jegliche Reform ablehnen und am Status quo festhalten möchten, so die Tagesschau. Die Mehrheit der EU-Länder vermeidet bislang eine klare Festlegung und verharrt in politischer Unentschlossenheit.
Die Europäische Kommission warnt mittlerweile vor einem zeitlichen Patchwork quer durch den Kontinent. Eine solche Zersplitterung würde nicht nur Reisende vor Herausforderungen stellen, sondern auch Handel, Logistik und Millionen von Berufspendlern an den Grenzen belasten. Die Zeitumstellung bleibt somit bestehen. (Quellen: ukrinform.ua /parlament.ua/netzwelt.de/Tagesspiegel/Bayerischer Rundfunk/Tagesschau) (jaka)