Twins in Colour sind zurück aus der Zukunft und liefern mit »We’ve been to the Future« ein Dreampop-Album voller hallender Vocals, sphärischer Melodien und Proberaum-Flair. Wir haben mit Leo, Erik und Tinjo über die Entstehung der Platte gesprochen, ob sie eine Vorhersage ist und warum ihr erstes Album erst nach sechs Jahren Bandbestehen kommt.

Wie ist dieses Album entstanden?

ERIK: Wir haben alles selbst und zu einem großen Teil hier im Proberaum aufgenommen. Früher gab es bei unseren EPs immer mal ästhetische Differenzen zwischen uns und den Leuten, die aufgenommen und gemischt haben. Den Konflikt hatten wir jetzt nicht, sondern konnten das zu dritt entscheiden, ohne dass eine vierte Person dabei ist, die nicht genau weiß, wie wir klingen wollen.


Das Album heißt »We’ve been to the Future«.
Ist es eine Vorhersage?

ERIK: Es ist nicht unbedingt eine Zukunftsvision. In dem gleichnamigen Song ging es eher darum, dass ich in Gedanken oft in der Zukunft oder in der Vergangenheit bin, aber nie hier. Ich hab die Lyrics dann von einer Freundin gegenchecken lassen, die meinte, dass sie es ganz schön traurig findet. Deshalb wollte ich den Titel dann etwas zukunftsgewandter formulieren, für ein positives Framing.


Das Album ist nach sechs Jahren und drei EPs das erste der Band. Fühlt es sich überhaupt wie ein Debüt an?

TINJO: Für mich eigentlich gar nicht. Es fühlt sich schon alles eingelebt, familiär an. Es ist nur noch eine Schippe drauf zu dem, was wir bisher erreicht haben. Klar ist es jetzt ein Album, noch mal etwas Größeres, aber am Ende machen wir die Musik, die uns Spaß macht. Dadurch, dass wir es zum ersten Mal selbst aufgenommen haben, war es ein extrem langer Prozess. Wir hatten alle Zeit der Welt, weil wir keine festen Studiotermine hatten. Es war eine ewige Feedbackschleife. Mit den ersten Aufnahmen haben wir vor zwei Jahren begonnen. Das Schwierigste war dann wirklich, aufzuhören und zu sagen: Okay, wir nehmen jetzt das, was wir haben.


Gab es vorher schon mal den Gedanken, ein Album zu produzieren?

ERIK: Manche Songentwürfe, die wir jetzt aufgenommen haben, gibt es schon länger, seit der EP davor zum Beispiel. Damals wollten wir eine Synthie-EP machen, da haben die Entwürfe nicht gepasst. Jetzt hatten wir den Wunsch, wieder zur Gitarrenmusik zurückzukehren, und da passten plötzlich wieder mehr Songs dazu. Wahrscheinlich war es eine Kombi: Viele Entwürfe, die uns gefallen haben, und kein finanzieller Druck – im Studio muss man eben mehr bezahlen, wenn man mehr aufnimmt.


Viele Songtitel beinhalten Begriffe wie Cemetery, Ghost, Hospital, Retirement. Ist das Thema Tod oder Älterwerden zentral auf dem Album?

ERIK: Es war nicht beabsichtigt und es hat mich ehrlich gesagt auch ein bisschen erschreckt, dass es doch recht düster geworden ist. Älterwerden ist auf jeden Fall etwas, das mich sehr beschäftigt, und deshalb schlägt es sich auch in den Texten nieder. Und was den Tod angeht … Ich würde das eher als Metapher verstehen: dafür, dass etwas endet und etwas anderes beginnt.


Welche Einflüsse haben das Album geprägt?

ERIK: Ich höre total viel Musik und wenn mir etwas gut gefällt, dann fließt das auf jeden Fall mit ein. Man hört natürlich den Einfluss von Mazzy Star. Aber das ist auch eine gute Band, deshalb ist das okay (lacht). Während des Prozesses waren wir auch mal bei einem Konzert von The KVB im UT Connewitz, das hat mich auch sehr beeindruckt. Es sind immer viele verschiedene Versatzstücke anderer Bands, die in meinem Kopf zusammenfließen und aus denen etwas Neues entsteht.

LEO: Besonders bei »We’ve been to the Future« fand ich es schön, nicht alles so »auszuproduzieren«. Erik schickt manchmal einfach die Entwürfe, die er hat, mit Gesang und Gitarre, und das sind immer noch die allerschönsten Versionen der Songs. Deswegen fand ich die Idee cool, dass auf einem Album auch Platz für einen Demo-Track ist, der etwas Ursprüngliches hat und so bleiben darf.

ERIK: Wir waren im Dezember in einer Waldhütte, um am Album zu arbeiten. Da ist der Song entstanden, während Tinjo für uns Nudeln gekocht hat. Wir saßen beide am Tisch und haben den Song aufgenommen, während man im Hintergrund noch das Brettchen klappern hört. Wir arbeiten ja sonst viel mit Hall, alles ist sehr weit weg und das Lied ist dadurch eben extrem nah.


Am 9. Oktober gibt es die Releaseparty im Ilses Erika. Was macht mehr Spaß: live auf der Bühne zu stehen oder im Proberaum an Songs zu feilen?

LEO: Ich spiele am liebsten im Proberaum die fertigen Songs mit euch (lacht).

TINJO: Ich muss sagen, seit wir an diesem Album arbeiten, freue ich mich schon, das mal draußen spielen zu dürfen. Aber ja, am schönsten ist es zu dritt im Proberaum.

> Release-Konzert: 9.10., 21.30 Uhr, Ilses Erika