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Vor 50 Jahren startete in Bremen das erste deutsche Verkehrsflugzeug nach 1945 seinen Jungfernflug. Trotz ausbleibender kommerzieller Erfolge prägte der „Bremer Jet“ eine ganze Generation junger Ingenieure und die Entwicklung der deutschen Luftfahrt.

Bremen – Am 14. Juli 1971 hob in Bremen ein ungewöhnliches Flugzeug zu seinem Jungfernflug ab: die VFW 614, auch „Bremer Jet“ genannt. Als erstes, in der Bundesrepublik entwickeltes Linienflugzeug nach dem Zweiten Weltkrieg sollte sie die veraltete DC-3 ablösen und neue Maßstäbe für die deutsche Luftfahrt setzen.

Der Bremer Airport beteiligt sich Sonnabend am bundesweiten „Tag der Luftfahrt“ und lädt zu einem bunten Programm ein. Unter anderem werden Besichtigungstermine für die alte VFW 614 (Foto) angeboten.Ein Linienflugzeug vom Typ VFW 614, auch „Bremer Jet“ genannt. © Gnuschke

Die VFW 614 war zweistrahlig und bot Platz für 40 bis 44 Passagiere. Eine Besonderheit war die ungewöhnliche Position ihrer Triebwerke oberhalb der Tragflächen. So sollten Schäden durch Sand und Schotter auf unbefestigten Pisten verhindert werden. Trotz dieser technischen Innovationen und ihrer leisen Düsenantriebe blieb der wirtschaftliche Erfolg aus.

Von Bremen in die Lüfte: Die Geschichte der VFW 614

1961 begann die Entwicklung des Fliegers unter Programmchef Rolf Stüssel, der das Flugzeug als robustes, kurzstartfähiges Verkehrsflugzeug konzipierte. Acht Jahre später übernahm das niederländische Unternehmen Fokker das Projekt. Ein erster Rollout fand am 5. April 1971 statt, bevor der Prototyp am 14. Juli einen 32-minütigen Erstflug absolvierte. Während der Erprobung ging 1972 der erste Prototyp verloren, nach Anpassungen erhielt die Maschine 1974 die Zulassung.

Insgesamt wurden nur 13 Serienmaschinen gebaut. Käufer waren unter anderem Touraine Air Transport, Air Alsace, Cimber Air und die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung. Ein möglicher Durchbruch auf dem US-Markt – nach dem Gewinn einer Ausschreibung der US-Coast Guard – scheiterte aufgrund von Lobbyismus und fehlender politischer Unterstützung.

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Weitere Bestellungen – etwa von Federal Express oder Lufthansa – kamen nicht zustande, sodass man die Serienfertigung 1977 einstellte. Eine geplante längere Version (GAC 616) wurde nie realisiert. Noch früher gebaut, aber nie für Linienflüge gesetzt, wurde übrigens das Verkehrsflugzeug vom Typ 152 aus Dresden – aufgrund technischer und wirtschaftlicher Probleme blieb es am Ende ein Prestigeprojekt der DDR.

Und trotz des wirtschaftlichen Misserfolgs hatte auch die VFW 614 eine historische Bedeutung für die deutsche Luftfahrt. Viele Ingenieure, die am Bremer Jet arbeiteten, machten später Karriere bei Airbus und Lufthansa. Einige Maschinen wurden für Forschungs- und Ausbildungszwecke genutzt, darunter die D-ADAM, die man als Testflugzeug beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt einsetzte. Andere Exemplare dienten als Flugsimulatoren oder zur Technologiedemonstration.

Heute sind mehrere VFW 614 in Museen zu sehen: unter anderem im Technikmuseum Speyer, im Deutschen Museum München, im Luftschiff- und Marinefliegermuseum Aeronauticum in Nordholz und auf dem Airbusgelände in Hamburg-Finkenwerder. Die letzte flugfähige Maschine absolvierte 2012 ihren letzten Flug und ist seither Ausstellungsstück im Deutschen Museum in München.

Auch wenn die VFW 614 längst Geschichte ist – die Luftfahrt bleibt in Bremen ein aktuelles Thema. Ab Ende Oktober erwartet Reisefreunde der neue Bremer Winterflugplan, mit so vielen sonnigen Direktzielen wie selten zuvor.

Hinweis: In einer ersten Version dieses Artikels wurde nicht deutlich, dass der „Bremer Jet“ das erste deutsche Linien-Verkehrsflugzeug nach 1945 war, nicht aber das erste deutsche Verkehrsflugzeug nach 1945 überhaupt. Diese Klarstellung haben wir im Text ergänzt.