Der schlimmste Unfall in der Region liegt schon über ein Jahr zurück: In der Friedberger Straße in Hochzoll wird ein 36-jähriger E-Scooter-Fahrer, der die Gleise überqueren wollte, von einer Straßenbahn erfasst und getötet. In Frankfurt/Main war es erst Ende August eine U-Bahn, die einen offenbar unachtsamen 16-Jährigen auf seinem Roller erfasste und tötete. Ende September wurde bei Hannover eine 13-Jährige mit ihrem E-Scooter von einer Autolenkerin angefahren und so schwer verletzt, dass sie zwei Wochen später starb. Quasi im Wochenrhythmus berichtet auch die Augsburger Polizei über Vorfälle mit den elektrischen Flitzern, die inzwischen fast überall im Stadtgebiet ausgeliehen werden können. Erst vergangenen Samstag, 4. Oktober, kam es in Lechhausen zu einem Verkehrsunfall, bei dem ein 34-jähriger Fahrradfahrer stürzte und sich schwer verletzte. Er wollte einem auf dem Geh- und Radweg abgestellten Scooter ausweichen und landete auf dem Asphalt.

Schwer am Kopf verletzt wurde Anfang August eine 34-jährige Frau mit ihrem E-Scooter. Sie war laut Polizeiangaben mitten in der Nacht auf dem Fuß- und Radweg entlang des Holzwegs unterwegs. Dort geriet sie in den unbefestigten Grünstreifen und stürzte. Vermutlich prallte sie mit dem Kopf auf den Asphalt. Ende Juli war ein 19-jähriger E-Scooter-Fahrer offenbar unter Drogeneinfluss in der Gögginger Straße unterwegs. Die Polizeibeamten stellten bei einer Kontrolle fest, dass der 19-Jährige keine gültige Versicherung für seinen E-Scooter hatte. Außerdem zeigte er drogentypisches Verhalten. Folge: Blutentnahme und Anzeige.

Alkoholisiert und in Schlangenlinien mit einem E-Scooter in der Wertachbrucker-Tor-Straße war im Juli ein 28-Jähriger unterwegs. Eine Autofahrerin verhinderte einen Zusammenstoß durch eine Vollbremsung und verständigte die Polizei. Ergebnis: über 1,7 Promille, Blutentnahme, Fahrverbot, Anzeige. Die Serie ließe sich nahezu beliebig fortsetzen.

2024 starben 27 Fahrer von E-Scootern

Statistisch gesehen nahm die Zahl an Scooter-Unfällen 2024 weiter zu, knapp 12.000 Unfälle (Plus 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr) wurden bundesweit verzeichnet, bei denen über 1500 Personen mehr oder schwer verletzt und 27 gar getötet wurden. Eine Entwicklung, der der Scooter-Verleiher Voi entgegensetzt, dass der Umfang der gefahrenen Kilometer noch mehr zugenommen habe. Wie es in Augsburg und der Region aussieht?

„Jein“, ließ sich die Antwort von Polizeisprecherin Johanna Kruger auf die Frage nach mehr Unfällen überschreiben. „Im aktuell laufenden Jahr 2025 zwischen Januar und Juli ist sowohl im Stadtbereich Augsburg als auch im gesamten Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord eine Zunahme der Verkehrsunfälle mit E-Scootern feststellbar.“ Und: „Aktuell ist im laufenden Jahr 2025 bei Verkehrsunfällen mit E-Scootern im Stadtgebiet Augsburg im Vergleich zum Vergleichszeitraum Januar bis Juli im Vorjahr ein Rückgang erkennbar.“ Nicht erkennbar sind übrigens aus der Polizeistatistik sogenannte Unfallschwerpunkte, wo es gehäuft zu Vorkommnissen mit den Scootern kommt. Zwar tut sich die Polizeisprecherin nicht schwer, Fallbeispiele von betrunkenen oder bekifften E-Scooterfahrern aufzulisten, die Warnung möchte die Polizei aber nicht allein an Selbige richten: „Alkohol und Drogen können die Fahrtüchtigkeit von Verkehrsteilnehmern stark beeinträchtigen, da insbesondere Wahrnehmung und Reaktionsvermögen sowie Koordination erheblich eingeschränkt sein können. Die Polizei Schwaben Nord appelliert daher an alle Verkehrsteilnehmer: kein Alkohol und keine Drogen im Straßenverkehr.“

Selbst wenn das beste Roller-Wetter für dieses Jahr vorüber sein dürfte, stehen die elektrischen Flitzer reihenweise in der Augsburger City parat Archivfoto: O. Schulz

Zu den möglichen Gründen für die Verkehrsverstöße so viel: „Grundsätzlich können unterschiedliche Ursachen zu Verkehrsunfällen mit E-Scootern führen. Es kann jedoch gesagt werden, dass zu einem sehr geringen Anteil technische Mängel ursächlich hierfür sind“, so Kruger. Neben dem Einfluss von Alkohol seien eine falsche Straßenbenutzung sowie das Nichtbeachten des Rechtsfahrgebots mögliche Unfallursachen. Des Weiteren sind nicht angepasste Geschwindigkeit und das Nichtbeachten der Vorfahrt zu benennen. Weil E-Scooter dann und wann auch mit anderen Fahrzeugen in Konflikt geraten, „geht unser Appell an alle Verkehrsteilnehmer, gegenseitig Rücksicht zu nehmen, vorausschauend zu fahren, stets bremsbereit zu sein und damit für sich sowie andere Verkehrsteilnehmer gefährliche Situationen zu vermeiden.“ So Kruger, die aber einen Hinweis an Scooter-Chauffeure nachschiebt: „Speziell an E-Scooter-Fahrer appellieren wir: Auch ein E-Scooter ist ein Fahrzeug und kein Spielzeug – deswegen muss man sich auch auf dem E-Scooter an die Verkehrsregeln halten. Dazu gehört die Vorfahrt genauso wie die Benutzung der Straße – oder die Nichtbenutzung des Gehwegs zum Schutz der Fußgänger – oder die Promillegrenzen und die Beachtung, nicht unter Drogeneinfluss am Straßenverkehr teilzunehmen.“

Simulator wird rege genutzt

Die Polizei habe die E-Scooter-Fahrer durchaus im Blick und führe auch Kontrollen durch. Dies betreffe das allgemeine Verhalten im Straßenverkehr, aber auch spezielle Bereiche wie die Überprüfung von Versicherungsschutz bis hin zu Alkohol- und Drogenkontrollen.
Die Polizei habe zudem Präventionsmaßnahmen angepasst. So wird bei Veranstaltungen seitens der Polizei teils ein E-Scooter-Simulator eingesetzt, der auch rege genutzt wird. Betreut wird der Simulator von Kolleginnen und Kollegen, die dabei gleich auf die Gefahren hingewiesen und hinsichtlich des richtigen Verhaltens beraten haben. „Auch auf unseren Social-Media-Kanälen informieren wir in einem kurzen Video zum Thema E-Scooter (siehe QR-Code).“

Ganz wichtig ist der Polizei der Rat an alle Scooter-Nutzer, einen Helm zu tragen, auch wenn es – ähnlich wie beim Fahrradfahren – nicht vorgeschrieben ist. Stürze oder Unfälle mit anderen Verkehrsteilnehmern können laut Polizei grundsätzlich schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Nach Schilderung von Johanna Kruger würden Kolleginnen und Kollegen auf Streife wahrnehmen, dass eine leichte Besserung pro Helm erkennbar ist. Wenngleich: „Vor allem bei Leih-E-Scootern ist die Verlockung groß, ohne Helm zu fahren. Die E-Scooter sind spontan verfügbar, auch wenn der Fahrer gerade keinen Helm dabeihat. Sollte es dann jedoch zu einem Sturz oder Unfall kommen, kann dies schwere Folgen haben.“

Mit diesem E-Scooter verunglückte bei Hannover eine 13-Jährige, die mit einem Auto zusammengestoßen war Foto: Polizei Stade

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