Am Dienstagabend, dem 7. Oktober 2025, hat YUNGBLUD in der ausverkauften Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf ein Spektakel veranstaltet, das in Erinnerung bleiben wird. Die Halle, bis auf den letzten Platz gefüllt, bebte unter dem geballten Energiefluss, den Dominic Harrison alias YUNGBLUD entfachte. Mit seinem Hit-poesischen Mix aus Punk, Rock, Pop und Intimität schuf er eine Bühne, auf der Provokation, Verletzlichkeit und kollektive Euphorie miteinander verschmolzen.
Ein furioser Einstieg: „Hello Heaven, Hello“ und mehr
Das Konzert begann mit „Hello Heaven, Hello“, mit kraftvollen Gitarrenriffs und prägnantem Gesang. Bereits in den ersten Tönen war klar: Dies ist kein gewöhnliches Pop-Konzert, sondern ein intensives Erlebnis. Die Fans schrien jede Zeile mit, als würde jeder Buchstabe die eigenen Gefühle kanalysieren.
Weiter ging es mit „The Funeral“, das mit seiner dramatischen Intensität und dem typischen YUNGBLUD-Wahnsinn sofort die Spannung auf einem hohen Level hielt. Mit „Idols Pt. I“ nahm er sein Publikum mit in die thematische Welt seines aktuellen Albums Idols, das 2025 erschienen ist und in der Tourproduktion eine bedeutende Rolle spielt.
„Lovesick Lullaby“ brachte einen Moment der Weichheit und Intimität – der Kontrast, den YUNGBLUD gern nutzt, um die Aggression in seinen Shows noch spürbarer zu machen. Danach folgte mit „My Only Angel“ ein Highlight: die Kollaboration mit Aerosmith, die er in dieser Show besonders in Szene setzte – eine Erinnerung an die musikalische Ambition, Grenzen zu überschreiten.
Augenblicke der Nähe: Fan auf der Bühne, Cover und Überraschungen
Einen der emotionalsten Momente bot „fleabag“, als YUNGBLUD einem Fan die Gitarre übergab und ihn auf die Bühne holte. Dass ein Fan mitten im Konzert Teil des Sets wurde, erzeugte eine unmittelbare Nähe, die normalerweise nur in sehr kleinen Clubs zu spüren ist.
Mit „Lowlife“ kehrte er zu einem seiner wohl beliebtesten Songs zurück — ein Mitgröl-Moment, bei dem die Menge sich wie eine einzige Stimme anfühlte. Der Übergang zu „Changes“, einer Coverversion von Black Sabbath, war dabei eine mutige Wahl – aber eine, die perfekt passte. Der Song wurde zu einem emotionalen Höhepunkt, einer Hommage an Rockgeschichte und gleichzeitig YUNGBLUDs aktuelle Identität, die immer auch im Dialog mit der Vergangenheit steht. Besonders in Anbetracht seiner kürzlichen Darbietung von „Changes“ bei Ozzy Osbourne (und der damit verbundenen Wohltätigkeitsaktion) war dieser Moment fast déjà vu. Wikipedia+1
„Fire“ brachte die Flammen zurück, sowohl im Sound als auch metaphorisch – man fühlte die Hitze, die Energie, das Brennen. Mit „War“ steigerte er die Intensität weiter, bevor „Tin Pan Boy“ eine kleine Verschnaufpause bot – jedoch nicht ohne Provokation: ein kurzer Tease zu „I Love You, Will You Marry Me“ ließ die Menge kollektiv schlucken und jubeln zugleich.
Der Abschluss des regulären Sets mit „braindead!“ und „Loner“ war das lautmalerische Finale – eine Explosion aus Rhythmus, Emotion und ungebremster Leidenschaft.
Der große Schluss: Zugabe, Gänsehautmomente und Finale
Nach tosendem Applaus kehrte YUNGBLUD zurück für eine Zugabe mit „Ghosts“, ein Lied, das sich mit Erinnerungen, Geistern und innerem Kampf auseinandersetzt. Und als krönender Abschluss: „Zombie“ – das Finale, bei dem die Menge in einem kollektiven Sturm aus Licht, Gesang und Ausgelassenheit aufging.
Ein Rückblick und Kontext
Dieser Abend war kein Ausrutscher, sondern eine konsequente Inszenierung dessen, was YUNGBLUD – insbesondere in seiner Idols-Phase – zu sein versucht: ein Sänger, Dichter, Rebell und Gefühlsverstärker. Sein Live-Renommée gilt als solide – laut Kritiken gelten seine Shows in der Regel als „unterhaltsam, maximalistisch, emotional, herausfordernd“. Der Tourkontext bestätigt dies: Die IDOLS World Tour 2025 war als eine seiner ambitioniertesten Produktionen angekündigt.
In Düsseldorf gelang es ihm, das Konzept greifbar zu machen: Identitätsfragen, Idealisierungen, Schmerz, Liebe und Rebellion – all das floss in seine Performance ein. Idols ist kein sanftes Album, und die Tour ist kein seichter Pop-Zirkus. Vielmehr ist es ein Sturm, eine Konfrontation mit Selbst und Gesellschaft – und in dieser Nacht war die Mitsubishi Electric Halle sein Epizentrum.
Bilder und Text by Jan Heesch
Yungblud