Mit Literatur aus Karlsruhe lernen Studierende in Winnyzja Deutsch – selbst im Krieg läuft der Unterricht. Bald kommen die Bücher mit besonderen Bussen an.

Zwei Männer stehen vor einer Landkarte, einer hält ein Buch mit dem Titel „Sprechen“, vor ihnen liegen weitere Bücher.

Die Bücher für Winnyzja sind besorgt, dafür setzten sich Hannes Ludwig (links) von der Eberhard-Schöck-Stiftung und KAL-Stadtrat Lüppo Cramer ein.

Foto: Hannah Marnet

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Das Buch „Typisch Deutsch“ liegt bereit, Hefte zum Deutschlernen und Grammatikpauken sind ebenfalls gekauft: Auch in Zeiten des Krieges läuft an der Universität im ukrainischen Winnyzja Fremdsprachenunterricht – mit Unterstützung aus der Karlsruher Partnerstadt.

„Die Lehrenden und die Studentenschaft geben sich alle Mühe, den Alltag möglichst normal zu leben“, sagt Lüppo Cramer. Der Stadtrat der Karlsruher Liste (KAL) war zweimal mit einer Delegation in Winnyzja. Und er erfuhr dort, dass Bedarf besteht an deutschen Lehrbüchern, aber auch an schöner Literatur.

Dritte Bücherlieferung

Für Cramer war klar: Er versucht, diese Bücher zu organisieren. Eine Lieferung bezahlten er und Freunde selbst. Für zwei weitere Pakete holte er die Eberhard-Schöck-Stiftung aus Baden-Baden ins Boot. Die will in Mittel- und Osteuropa die Handwerkerausbildung und den Mittelstand fördern und Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten schaffen.

Ein weiterer Schwerpunkt der Stiftung liegt in der Förderung der deutschen Sprache. „Winnyzja ist ein Projektstandort der Stiftung mit einer Berufsschule für den Bereich Bau- und Holztechnik“, berichtet Cramer. Inzwischen gebe es Kontakte und erste Schritte für eine Kooperation mit der Heinrich-Hübsch-Berufsschule aus Karlsruhe.

Seit zwei Jahren wiederum ist Winnyzja Partnerstadt von Karlsruhe. Immer wieder unterstützt Karlsruhe die Partner im Kriegsgebiet, zum Beispiel mit Wärmeinseln. Im Oktober werden die Verkehrsbetriebe (VBK) zwei Linienbusse in die Ukraine überführen, so Cramer. In denen werden dann auch die Bücherkisten transportiert.

Für rund 1.000 Euro war die Wunschliste der Ukrainer zu haben: Es geht um Lehrbücher für Deutsch, aber auch um aktuelle Literatur wie „22 Bahnen“ von Caroline Wahl oder „Kummer aller Art“ von Mariana Leky.

„Die Bücher, die wir dank Herrn Cramer erhalten haben, sind für uns von großer Bedeutung“, erklärt Olena Borovska. Sie ist Lehrstuhlleiterin der Germanistikabteilung an der Staatlichen Pädagogischen Mykhajlo-Kozjubynskyj-Universität in Winnyzja.

Die Bücher würden sowohl von Lehrenden als auch von Studierenden genutzt – „einerseits als Unterrichtsmaterial, andererseits für das Lesen schöner Literatur, die wir anschließend in unseren Sprach- und Leseklubs an der Fakultät besprechen“, so Borovska.

Die Fachliteratur unterstütze die wissenschaftliche Arbeit der Studierenden bei Seminar- und Jahresarbeiten sowie bei Projekten. „Auch die Dozierenden greifen bei ihrer Forschung auf die Bücher zurück.“

Interesse an Austausch

Borovska bilanziert: „Unsere Fakultätsbibliothek ist durch die Spende erheblich bereichert worden.“ In der Regel müsse man die Bücher nämlich direkt in Deutschland bestellen oder sie dort persönlich kaufen, was mit hohen Kosten verbunden sei.

In Karlsruhe war Borovska noch nicht. „Leider“, wie sie sagt. Die Fakultät für Fremdsprachen sei sehr an einer Zusammenarbeit mit den Hochschulen und anderen Lehranstalten in Karlsruhe interessiert. „Wir würden uns sehr freuen, wenn unsere Studierenden künftig am Austausch teilnehmen können, zum Beispiel im Rahmen von Erasmus-Projekten, durch Studienreisen oder andere gemeinsame Initiativen zum Erfahrungsaustausch.“

Nataliia Lazarenko ist Rektorin der Universität. Sie bedankt sich in einem Brief bei Cramer: Seine Geste zeige sein Engagement für die Förderung der Bildung und des kulturellen Austauschs zwischen Karlsruhe und Winnyzja.

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