Ein Bezirksverband der Linkspartei in Berlin hat laut einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) bei einem Treffen diskutiert, wie man dem libertären Onlinemedium Apollo News „auf die Tasten treten“ und den Redakteuren das Leben „ungemütlich“ machen könne. Journalistenverbände und Oppositionspolitiker sprechen von einem inakzeptablen Angriff auf die Pressefreiheit. Die Bundesspitze der Linkspartei schweigt bislang zu den Vorfällen.

In der vergangenen Woche fand im Berliner Bezirk Alt-Treptow eine Veranstaltung des dortigen Linkspartei-Bezirksverbands statt, bei der es laut einem Bericht der NZZ darum ging, gezielte Aktionen gegen Apollo News zu planen. Die Redaktion des Portals hat ihren Sitz ebenfalls in Alt-Treptow.

Der NZZ liegt nach eigenen Angaben ein Audiomitschnitt des Treffens vor. Demnach diskutierten die anwesenden Parteimitglieder offen darüber, wie man den Betrieb der Apollo-News-Redaktion stören und behindern könne. Im Raum standen unter anderem Vorschläge, Journalisten-Seminare des Mediums zu stören oder Personen einzuschüchtern, die Kontakt zu Apollo News aufnehmen. Auch über die Gründung einer „AG Aktiv gegen Apollo News in Alt-Treptow“ wurde gesprochen.

Der Vorsitzende des Linkspartei-Bezirksverbands, Moritz Warnke, warf Apollo News laut NZZ vor, trotz harmlos wirkender Aufmachung eine „Scharnierfunktion zwischen Konservativen, Rechtslibertären und der Neuen Rechten“ einzunehmen. Als Expertin war die Journalistin Kira Ayyadi von Belltower News, einem Projekt der steuerfinanzierten Amadeu-Antonio-Stiftung, zu der Veranstaltung eingeladen. Ayyadi rief die Anwesenden dazu auf, sich gegen Apollo News zur Wehr zu setzen.

Die NZZ hat die Linkspartei um eine Stellungnahme zu dem Treffen gebeten. Die Bundesspitze um die Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan äußerte sich demnach bisher aber nicht und verwies auf den Bezirksverband. Bezirkschef Warnke verteidigte die Zusammenkunft als Aufklärung über die Strategien sogenannter rechtsalternativer Medien. Es gehe nicht um einen Angriff auf die Pressefreiheit, sondern um die Verteidigung der Demokratie gegen Angriffe von rechts, betont Warnke.

Scharfe Kritik von Journalistenverband und FDP

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) verurteilte die im Raum stehenden Pläne des Linkspartei-Bezirksverbands auf Anfrage der NZZ scharf. Der Berliner Landesgeschäftsführer Jörg Reichel sprach von einem „Angriff auf die Pressefreiheit“. Wer diese auch nur für ein einzelnes Medium einschränken wolle, gefährde sie für alle Medien. Kritik an journalistischen Inhalten sei zwar legitim, organisierte Einschüchterungskampagnen gegen Redaktionen aber in keinem Fall, sagt Reichel.

Deutliche Worte fand auch der FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki. Er kritisierte laut NZZ die „Rhetorik der offenen Gewalt“ vonseiten der Linkspartei-Mitglieder und forderte die Parteiführung auf, sich umgehend von den „Hetzern“ zu distanzieren. Der Chefredakteur von Apollo News, Max Mannhart, warf dem Bezirksverband vor, mit „eskalativem Vokabular“ Gewalt provozieren und die Redaktion zum Schweigen bringen zu wollen.

Die Amadeu-Antonio-Stiftung, für die die als Expertin geladene Journalistin Ayyadi arbeitet, teilte der NZZ auf Anfrage mit, dass der Schutz der Pressefreiheit für sie ein „unverhandelbares Grundrecht“ sei. Gewalt dürfe niemals ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Ayyadi habe bei dem Treffen lediglich über Apollo News „aufgeklärt“, so die Stiftung.

Die NZZ sieht in der Argumentation von Linkspartei und Amadeu-Antonio-Stiftung eine „Hermeneutik des Verdachts“ am Werk. Dieser Logik zufolge seien selbst bürgerliche Medien mitverantwortlich für das Erstarken rechter Kräfte, wenn sie auch nur ansatzweise Verständnis für entsprechende Positionen zeigten. Im Kampf gegen einen vermeintlichen „Faschismus“ erschienen dann weitreichende Mittel als legitim. Stichhaltige Belege dafür, dass Apollo News die Pressefreiheit für verwerfliche Zwecke missbrauche, seien bei dem Treffen laut NZZ aber nicht präsentiert worden.

Die Bezirksversammlung von Alt-Treptow zeigt, dass Teile der politischen Linken offenbar bereit sind, die Pressefreiheit einzuschränken, wenn ihnen ein Medium nicht genehm ist. Bisher fehlt ein klärendes Wort der Linkspartei-Spitze, die sich hinter den Bezirksverband stellt. Doch von einer Bundestagspartei muss man erwarten können, dass sie die Pressefreiheit als hohes Gut einer Demokratie anerkennt und verteidigt – auch und gerade, wenn es um Medien geht, deren Positionen man nicht teilt. Alles andere untergräbt die Glaubwürdigkeit der Partei und spielt letztlich nur jenen in die Hände, die sie vorgibt zu bekämpfen.