Bremen-Nord bekommt in Marßel sein erstes betreutes Taubenhaus. Noch in diesem Jahr wird die Vogelherberge in einem Raum im Dachgeschoss des Hauses Helsingborger Platz 2 hergerichtet. Voraussichtlich Anfang 2026 kann sie eröffnet werden. Die Initiative für die betreute Taubenunterkunft geht nicht von der Stadt aus. Es ist vielmehr dem Engagement des Wohnungsunternehmens Brebau zu verdanken, dass die Taubenproblematik in Marßel jetzt angegangen wird. Frank Oetjen, Abteilungsleiter in der Brebau-Abteilung „Kaufmännisches Bestandsmanagement“, hat sich gemeinsam mit Burglesums Ortsamtsleiter Florian Boehlke und der ehemaligen Marßeler Quartiersmanagerin Katharina Fischer jahrelang darum bemüht, die Idee von einem Taubenhotel in der obersten Etage des Brebau-Hochhauses umsetzen zu können. Nun steht dem nichts mehr im Wege.

„Das Bauamt hatte in der Vergangenheit Bedenken, hat nun aber grünes Licht gegeben“, sagt Oetjen. Die künftige Vogelherberge entsteht in einem ehemaligen Gemeinschaftsraum des Hochhauses, der bereits seit Jahren stillgelegt ist. „Er darf in seiner ursprünglichen Funktion nicht mehr genutzt werden, weil ein zweiter Fluchtweg fehlt“, erläutert der Brebau-Mitarbeiter. Die Wohnungsgesellschaft finanziert die Einrichtung des Taubenhauses mit Brutplätzen in dem etwa 70 Quadratmeter großen Raum sowie den Umbau der Fenster zu Öffnungen für den Einflug beziehungsweise Ausflug der Vögel, sogenannte Sputniks. „Dafür stellt die Brebau rund 10.000 Euro zur Verfügung.“ Die später laufend anfallenden Kosten für Taubenfutter, Wasser und Personalkosten, mit denen eine Aufwandsentschädigung für Ehrenamtliche finanziert werden soll, teilt sich die Brebau mit dem Wohnungsunternehmen Gewoba, so Oetjen.

Die Brebau stellt für die Einrichtung des Taubenhauses 10.000 Euro zur Verfügung.

Frank Oetjen, Brebau

Begleitet wird das Projekt vom Verein Bremer Taubenhaus. Vorstand und Mitglieder haben die erste Bremer Taubenunterkunft auf der Brill-Garage in der Innenstadt initiiert, sie eingerichtet und auch die Betreuung übernommen. Dadurch haben sie viel Erfahrung. Vorsitzende Perdita Goltz hat Fotos von dem Raum in Marßel gesehen, in dem bald Tauben leben und brüten sollen. Sie ist von dem künftigen Taubenzimmer begeistert. „Es ist ein perfekter Standort“, sagt sie und zählt die Vorzüge auf: „Der Raum ist sehr geräumig und liegt sehr hoch, was sehr gut ist, denn Tauben wählen gerne den höchstmöglichen Platz, von dem aus sie gut und weit gucken können. Draußen hat das Haus eine Brüstung, auf der schon jetzt häufig Tauben sitzen. Ich kann mir vorstellen, dass die ersten Tauben schnell drin sind, wenn man ihn öffnet und Futter und Wasser bereitstellt.“ Eine Garantie, dass die Tauben die Unterkunft tatsächlich auch zum Brüten annehmen, gebe es jedoch nicht, betont Goltz.

Der Taubenschwarm besteht aus etwa 250 Tieren. Die Taubenherberge soll Platz für bis zu 130 Paare bieten.

Der Taubenschwarm besteht aus etwa 250 Tieren. Die Taubenherberge soll Platz für bis zu 130 Paare bieten.

Foto:
Jakob Richter

Die Hoffnung ist, dass die Tauben, die sich aktuell vorwiegend auf dem Helsingborger Platz aufhalten, die nur wenige Hundert Meter entfernte Unterkunft nach und nach als Brut- und Aufenthaltsort akzeptieren. Nach Angaben von Frank Oetjen handelt es sich um einen Schwarm aus insgesamt etwa 250 Tieren. „Wir können in dem Raum bis zu 130 Paare unterbringen.“ Goltz erläutert: „Tauben leben als Paar ein Leben lang zusammen.“ Weil die Tiere sehr standorttreu sind, könne es sein, dass sie trotzdem weiterhin zu ihren alten Brutplätzen fliegen. Diese sollten deshalb nach Möglichkeit verschlossen werden. In jedem Fall, so Goltz, handele es sich bei der geplanten Umsiedlung um einen längeren Prozess.

Wenn die ersten Küken geschlüpft sind und piepen, dann lockt das weitere Taubenpaare an.

Perdita Goltz, Verein Bremer Taubenhaus

Damit die Tauben den Raum annehmen, wird er für sie möglichst attraktiv gestaltet. Um sie hineinzulocken, sollten neben Taubenfutter und Wasser möglichst auch Basilikum- und Petersilienpflanzen bereitstehen, rät Goltz. „Die mögen sie.“ Die Nistzellen müssen eine bestimmte Größe haben. „Sie werden zunächst mit Zeitungspapier ausgelegt. Darauf kommt eine Nistschale mit einer Filzunterlage. Im Raum sollte Heu und Niststreu verteilt werden.“ Ein erster Erfolg sei es, wenn die ersten ein bis zwei Paare im Taubenhaus brüten. Ihre Eier, so Goltz, sollten nicht ausgetauscht werden. „Denn wenn die ersten Küken geschlüpft sind und piepen, dann lockt das weitere Taubenpaare an.“

Auch die Häuser um den Helsingborger Platz werden regelmäßig von den Tauben bevölkert. Durch das Taubenhaus soll sich die Situation langfristig ändern.

Auch die Häuser um den Helsingborger Platz werden regelmäßig von den Tauben bevölkert. Durch das Taubenhaus soll sich die Situation langfristig ändern.

Foto:
Jakob Richter

Um die Population zu reduzieren, werden die Gelege später regelmäßig durch Plastikeier ersetzt. Bei den in Städten lebenden Tauben handelt es sich um Nachfahren domestizierter Haustauben, die als Fleischlieferant gehalten wurden, erläutert die Expertin. „Um möglichst viele Tiere zu produzieren, wurde ihnen ein Brutzwang angezüchtet. Deshalb legen sie sieben- bis achtmal im Jahr zwei Eier, unabhängig vom Nahrungsangebot, denn sie können gar nicht anders.“ Etwa jedes zehnte Gelege, so Goltz, sollten die Tauben ausbrüten können. „Es könnte sonst sein, dass sie das Taubenhaus wieder verlassen, wenn sie keine Bruterfolge haben.“ Parallel sollte die Fütterung auf dem Helsingborger Platz reduziert werden. „Je voller es im Taubenhaus wird, desto weniger füttert man draußen.“

Die Versorgung der Tiere und die Reinigung des Taubenzimmers sollen nach Möglichkeit Mieter des Hauses übernehmen, erläutert Frank Oetjen. „Es gibt dort 85 Mietparteien und es handelt sich überwiegend um alleinstehende Menschen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir zwei bis drei Leute finden, die bereit sind, sich um das Taubenhaus zu kümmern.“ Bei der Vorstellung des Projekts im vergangenen Jahr seien die Hausbewohner befragt worden, ob sie einverstanden sind. „Von den 85 Mietparteien haben wir 60 erwischt und die meisten waren richtig begeistert“, sagt Oetjen. „Es haben sich gleich Menschen gemeldet, die Interesse gezeigt haben, die Tiere zu versorgen.“

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