Flensburg. Marko Grgic kann ganz gut rechnen. Schließlich wurde der 22-jährige Profihandballer in der Wartburg-Sparkasse zum Bankkaufmann ausgebildet. Auch die Arithmetik des Nordderbys zwischen der SG Flensburg-Handewitt und dem THW Kiel – die 113. Auflage wird in der Handball-Bundesliga am Sonnabend (15.40 Uhr, THW-Kiel-Liveticker auf KN-online) ausgetragen – hat der Rückraumspieler der SG sehr gut verinnerlicht. „Ich erwarte eine gute Atmosphäre, einen hitzigen Kampf und ein gutes Handballspiel“, sagt Grgic. Aber er dürfte noch viel mehr erwarten.
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Die Sympathien flogen dem dunklen Wuschelkopf in der Kieler Arena zu, als er zuletzt am letzten Spieltag der Vorsaison mit dem ThSV Eisenach an der Förde gastierte. Sätze wie „In meiner Kindheit war der THW Kiel mein Herzensverein“ oder „Es ist ein Traum, einmal für den THW zu spielen“ hatten dem Torschützenkönig (301 Treffer) und Shootingstar, Olympia-Silbermedaillengewinner und Liebling des deutschen Bundestrainers Alfred Gislason für einen gegnerischen Spieler seltene Ovationen im weiten Kieler Rund beschert. Grgic gibt sich realistisch: „So einen Applaus werde ich sicher nicht noch einmal bekommen. Aber ich bin auch fein damit. Das Kiel-Fan-Dasein hat sich mit meiner Unterschrift in Flensburg erledigt.“
Jeder arbeitet für seinen Platz in der Mannschaft, und es läuft echt gut.
Marko Grgic
SG-Rückraumspieler
Marko Grgic ist jetzt ein Flensburger und wird sich an Deutschlands größte Handball-Rivalität gewöhnen müssen. SG-Geschäftsführer Holger Glandorf und der Sportliche Leiter Ljubomir Vranjes schnappten Grgic der TSV Hannover-Burgdorf regelrecht vor der Nase weg, eisten den Youngster nach dem Weggang von Mads Mensah Larsen schon in diesem Sommer aus Eisenach los. Kolportiert wird eine Ablösesumme, die nicht weit von 500.000 Euro entfernt sein soll. Grgic, dessen Vater ebenfalls für Eisenach in der Bundesliga spielte und 26 Länderspiele für Kroatien absolvierte, wollte diesen Wechsel unbedingt, verzichtete im ersten Vertragsjahr sogar auf 10.000 Euro Gehalt, soll erst ab Sommer 2026 die vereinbarten 25.000 Euro brutto im Monat verdienen.
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In der Vorsaison wurde Marko Grgic mit 301 Treffern Torschützenkönig
Jetzt ist er da. Er, der in Eisenach das Spiel dominierte, 301 Tore in der vergangenen Saison warf, Dreh- und Angelpunkt war, muss sich an eine neue Rolle gewöhnen. „Ich habe nichts erwartet. Niemand hat eine Glaskugel. Aber jeder arbeitet für seinen Platz in der Mannschaft, und es läuft echt gut.“ Zusammen mit dem Dänen Simon Pytlick sorgt Grgic für Druck im Flensburger Rückraum. „Marko ist ein unglaubliches Talent“, sagt THW-Kapitän Domagoj Duvnjak.
Der bei der HG Saarlouis flügge gewordene Rechtshänder mochte es in seiner Geburtsstadt Eisenach, wo er von 2022 bis 2025 für die Thüringer auf Torejagd ging, in die Bundesliga aufstieg und in kürzester Zeit zum Nationalspieler avancierte. „Aber so richtig vermissen tue ich hier nichts. Hier im Norden ist viel Wasser. Die Lebensqualität ist hoch. Am liebsten bin ich zu Hause.“ Die Ambitionen in Flensburg seien allerdings „höher als in Eisenach, das spricht für sich“.
Neustart in Flensburg: Grgics Rolle im Team und seine Ziele
Ihm sei es „völlig egal“, ob er im linken Rückraum oder in der Mitte eingesetzt werde. „Ich kann beides.“ An Selbstbewusstsein mangelt es Marko Grgic nicht. Schon nach zwei Spielen mit wenig Spielzeit soll Nationalspieler Lucva Witzke bei den SG-Verantwortlichen um seine Freigabe gebeten haben. Auch, weil einer wie Grgic sich seinen Platz einfach nimmt und nicht lange wartet.
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Mit den Kieler Kollegen aus der Nationalmannschaft – Rune Dahmke, Andreas Wolff, Lukas Zerbe – hat er jetzt vor dem 113. Nordderby „lieber keinen Kontakt“. Aber vom Kieler Tempospiel zeigt sich der 22-Jährige gewarnt: „Wir brauchen gegen den THW einen guten Rückzug. Spielmacher Elias Ellefsen á Skipagøtu wirft sich mit Tempo in alles rein, da müssen wir kompakt stehen, Lücken schließen, seine gute Form eingrenzen.“ Marko Grgic weiß, dass ihm die Herzen der Kieler Fans nun nicht mehr zufliegen werden.
KN